Clausewitz

DUBNO 1941

MOBILE STREITMACHT: Teile der zur Panzergruppe Kleist gehörigen 11. Panzerdivision VDPPHOQVLFKLQRIIHQHP7HUUDLQ%HL'XEQRHQWƃDPPWHLQHJHZDOWLJHe%OLW]NULHJq3DQ]HU - schlacht Foto: Sammlung Anderson

Befehl über die Angriffsgruppe erhält der Politkommissar Nikolai Kirillowitsch Pop- jel. Der Erfolgsdruck für den sowjetischen Offizier ist gewaltig, verabschiedet ihn sein Vorgesetzter Korpskommissar doch mit den Worten: „Wenn Sie bis heute Abend Dubno eingenommen haben, erhalten Sie eine Aus- zeichnung. Andernfalls werden Sie aus der Partei ausgeschlossen und erschossen.“ Popjel stehen für diese Aufgabe immer- hin noch 200 Panzer zur Verfügung. Dieses Mal gelingt es der Roten Armee zudem, die deutschen Kräfte vor Ort zu überraschen. Bis zum 28. Juni hat sich die Kampfgruppe des 8. mechanisierten Korps bis auf wenige Kilo- meter an die Stadt herangearbeitet, wobei sich zwischen den einzelnen Verbänden große Lücken auftun. Eine dieser Lücken nutzt Hubes 16. Panzerdivision, um den Vormarsch der rückwärtigen Verbände des 8. mechanisierten Korps zu blockieren. Pop- jels Kampfgruppe ist nun kurz davor, einge- schlossen zu werden. Die Drohungen seines Vorgesetzten noch im Ohr, entscheidet sich Popjel trotz der gefährlichen Lage, den Angriff am 29. Juni fortzusetzen. Doch am Abend ist der Panzerbestand der Kampfgruppe bereits auf 72 Kampfwagen zusammengeschmolzen. Zwar gelingt der Roten Armee im Raum um Werba noch einmal ein erfolgreicher Gegen- schlag gegen die vorrückende 16. Panzer- division, doch vermag dieser nichts mehr KURZE VERSCHNAUFPAUSE: Die Kämpfe im Raum Dubno–Luzk–Riwne zehren bei sommerlicher Hitze massiv an den Kräften der Infanteristen, die hohe Marschleistungen erbringen und immer mit gegnerischen Atta- cken rechnen müssen Foto: picture-alliance/SZ Photo|Scherl

auch horrende Menschenverluste verkraften. Zwei Regimentskommandeure und der Kom- mandierende General des 22. mechanisierten Korps, Semjon Michailowitsch Kondrussew, sind ebenfalls unter den Gefallenen. Die mit großem Elan begonnenen sowjetischen Gegenangriffe entwickeln sich mehr und mehr zu einem Desaster. Dramatische Szenen Während die deutsche 11. Panzerdivision weiter nach Ostrog vordringt, plant das 8. mechanisierte Korps unter der Führung von Dmitri Iwanowitsch Rjabyschew bei Leschniw (Leszniow) einen neuerlichen Angriff in die verwundbare deutsche Flanke. Die Haupt- last soll dabei die 12. Panzerdivision tragen, obwohl auch sie unter technischen Ausfällen der eigenen Panzer zu leiden hat. Als die Divi- sion am 26. Juni 1941 zum Angriff antritt, kann sie von ihren 300 Panzern lediglich 75 aufbie- ten. Zudem werden diese verzettelt und nicht nach dem Prinzip der Schwerpunktbildung eingesetzt, sodass es der deutschen 57. Infan- teriedivision (Kommandeur: Oskar Blümm) in Zusammenarbeit mit Teilen der 16. Pan- zerdivision gelingt, den sowjetischen Angriff abzuweisen. Erneut verliert die Rote Armee 33 Panzer, darunter 18 vom Typ T-34. „Der Russe, der an einer sehr verwund- baren Stelle der Korpsflanke seinen Angriff ansetzte, hat es nicht verstanden, den sich durch den geglückten Einbruch bei Leszniow anbahnenden Erfolg auszunutzen“, vermerkt das Kriegstagebuch des deutschen XXXXVIII. Armeekorps (mot.) am Abend. „In der Tiefe der Einbruchsstelle ist keine planmäßige Angriffs- führung mehr zu erkennen. (…) Dieser Kräf- tezersplitterung ist es zu verdanken, dass die

zahlenmäßig starken feindlichen Panzerkräfte durch die an dieser Stelle verhältnismäßig geringen Panzerabwehrwaffen des Korps ver- nichtet bzw. zurückgeworfen werden.“ Ebenfalls am 26. Juni attackiert das 15. mechanisierte Korps unter Ignati Iwano- witsch Karpeso den deutschen Angriffskeil bei Radechow – und damit beinahe am Aus- gangspunkt des deutschen Vormarsches. Hier hofft der Kommandierende General, nur noch auf schwache infanteristische Kräfte zu tref- fen und so die deutschen Panzer von ihren Ausgangsstellungen abschneiden zu können. Doch die deutschen Verteidiger, allen voran die 297. Infanteriedivision unter ihrem Kom- mandeur Max Pfeffer, sind auf die feindliche Attacke vorbereitet. Die deutsche Luftwaffe hatte bereits am Tag zuvor den sowjetischen Aufmarsch entdeckt. Pfeffers Soldaten haben in der Zwischenzeit einen Pak-Riegel errichtet und können sich dabei auch auf die Hilfe von divisionsunabhängigen Artillerie- und Flakre- gimentern verlassen. Gerade die gefürchtete 8,8-cm-Flak lehrt Stalins Panzerbesatzungen das Fürchten. Erneut fallen 33 sowjetische Kampfwagen den deutschen Abwehrwaffen zum Opfer. Doch auch die deutsche Infanterie muss einen hohen Blutzoll entrichten. „Unsere 3,7 cm-Pak schießt wütend und trifft herrlich, aber jeder Schuss prallt von den 52-Tonnen- Kolossen ab – im Soldatenjargon nennen wir diese 3,7-cm-Pak deshalb ‚Heeresanklopf- Gerät‘“, vermerkt ein deutscher Panzerjäger nach dem Krieg in seinen Erinnerungen. Massiv unter Druck Am 27. Juni 1941 wirft Kirponos noch einmal die Reste des 8. mechanisierten Korps nach vorne, um Dubno zurückzuerobern. Den

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