Clausewitz

Der Danebrog weht über Meldorf

Hauptleute sind beritten. Aufgrund der Tatsa- che, dass die „Schwarze Garde“ bislang höchst erfolgreich Heere bekämpft hat, deren Kern bäuerliche Aufgebote gewesen sind, betrachtet man sie als ideal, mit den Dithmarschern, die gerade einmal 6.000 kampffähige Männer ins Feld stellen können, fertig zu werden. Und kampffähig sind sie, die Dithmar- scher. Es sind freie Bauern, die ihren Besitz mit der Waffe zu verteidigen wissen. Mit ihren friesischen Nachbarn im Norden führen sie um 1415 eine heftige Fehde, sie legen sich sogar wegen Strandgut mit der Hansestadt Hamburg an. Einige haben Kriegserfahrung als Söldner in hansischen Diensten. Sich mit guten Waffen und Harnischen zu versor- gen, dazu reichen ihre Erträge allemal. Jeder Dithmarscher ist vom 15. Lebensjahr bis zum Greisenalter wehrpflichtig und für seine Aus- rüstung selbst verantwortlich, was bei Heeres- versammlungen streng kontrolliert wird. Die militärischen Führer entstammen den ange- sehensten Familien des Landes, ein Oberbe- fehlshaber wird gewählt. Die Dithmarscher verfügen über 40 bis 50 Feldgeschütze. Die ganze Streitmacht ist zum Einsatz im schwer gangbaren Marschgelände gut vorbereitet, die Bewaffnung angepasst. Ihre Spieße sind nicht so lang wie die der Landsknechte, denn sie sind auch ein Mittel zum Überschreiten der Gräben („Springstöcke“) und haben an den unteren Enden Scheiben, die ein Einsinken im Boden verhindern. Teure Söldner Die Topografie der Marsch ist anders als der Rest Holsteins oder Dänemarks. Der schwere Boden, der gute Erträge garantiert, muss mit Hilfe von Gräben entwässert werden, sonst verwandelt er sich in Morast. Die Gräben sind bei Schnee, Nebel oder Dunkelheit schwer zu erkennen, Landesunkundige sind schnell verloren. Für Wagen, Geschütze, Reiter und schwer bewaffnete Infanterieformationen bietet das Gelände kaum Möglichkeiten zur Entfaltung. Auf dem Marschland ist das Heer an die festen Straßen gebunden. Die kann man bei schlechtem Wetter schnell und effektiv abriegeln, weil die Sperren nur schwer zu umgehen sind. Ein weiteres Problem ist die Garde selbst: Während feudale Lehnsaufge- bote zwar nur räumlich und zeitlich begrenzt einsetzbar sind, aber nicht besoldet werden müssen, kostet der Unterhalt der Garde den dänischen König ein Vermögen. So beeilt er sich, eine Kriegsentscheidung zu suchen. Kampf im Marschgebiet Trotz eines ursprünglich geplanten Aufschubs bis Mai überschreitet das Heer Johanns die Grenze nach Dithmarschen bereits am 11. Februar 1500. Wider Erwarten versuchen

.$57( Die Schlacht von Hemmingstedt 1500

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die Dithmarscher nicht, die einzig begehbare Straße zu sperren und sich direkt an ihrer Grenze zu verteidigen. Johanns Heer findet die höhergelegene Geest verlassen vor. Die Bauern haben sich in die Marschgebiete geflüchtet und halten lediglich strategisch wichtige Punkte im Land. Am 12. Februar

nimmt das dänische Heer Windbergen und am folgenden Tag, ohne auf großen Wider- stand zu stoßen, Meldorf ein. Johanns Trup- pen hissen die dänische Fahne, den Danebrog, am Kirchturm und plündern den Ort und das Gotteshaus. Hierbei zeichnen sie sich – soweit man den Quellen der Gegenseite glauben

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Clausewitz 5/2025

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