Clausewitz

KRIEGE, KRISEN & KONFLIKTE | MILITÄR-JUNTA IN ARGENTINIEN 1976–1983

Südamerikas schmutziger Krieg Die Militär-Junta in Argentinien 1976–1983

A m 1. Juli 1974 stirbt der argentinische Diktator Juan Perón während seiner dritten Amtszeit als Präsident des Lan- des. Peróns Politik steht für den komplexen, eigenständi- gen Kurs, den nicht wenige lateinamerikanische Regime wählen, indem sie einerseits sozialistische Projekte zur Bekämpfung von Armut lancierten, andererseits aber zur Machterhaltung einen starken Militär- und Polizeistaat unterhalten, der die Opposition klein hält und liberale Verfassungsrechte beschneidet. Seine Frau Isabel Martínez de Perón tritt seine Nachfolge als erste südame- rikanische Staatspräsidentin an, wird aber ihrerseits 1976 durch einen Militärputsch beseitigt. Massenweise Todesurteile Argentinien befindet sich zu diesem Zeitpunkt, wie etliche sei- ner Nachbarn auch, in einer Wirtschaftskrise, welche zu einem Erstarken linker oppositioneller Gruppierungen führt. Diese umfassen ein weites Spektrum, das von Terrorzellen bis zu linksgerichteten Kräften innerhalb von Peróns eigener Partei, der Partido Justicialista (im Volksmund auch Peronistische Partei genannt), reicht. Gegen diese Bewegungen agiert bereits seit 1973 die paramilitärische Alianza Anticomunista Argentinia (AAA). Über solche Gruppen hat die Präsidentin jedoch ebenso wenig Kontrolle wie über ihr eigenes Militär, dessen Oberbefehlshaber Jorge Videla den Putsch anführt. Die Armee etabliert eine Jun- taregierung unter Videlas Führung und kündigt umgehend die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung an. Tatsächlich geht die neue Regierung in den folgenden Wochen radikal gegen alle Formen öffentlichen Widerstandes vor. Im ganzen Land entstehen geheime Haftanstalten und regelrechte Anfang des 19. Jahrhunderts Seit der Loslösung vom spanischen Mutterland werden lateinamerikanische Staaten immer wieder von inneren Krisen und Konflikten zerrüttet, die eine stabile Staatsbildung erschweren. Die Einflussversuche ausländischer Mächte gießen zusätzlich Öl ins Feuer Von Alexander Querengässer

STICHWORT

Unter einem „schmutzigen“ oder „dreckigen“ Krieg versteht man, grob gesagt, die Bekämpfung innenpolitischer Gegner/eigener Bürger durch den Staat. Dabei werden willkürliche Verhaftungen, ille- gale Inhaftierungen, Folter und Mord eingesetzt – die „Drecksarbeit“ erledigen oft paramilitärische Organisationen und/oder sogenannte „Todesschwa- drone“. Besonders bekannt ist in dieser Hinsicht Lateinamerika, doch auch in Nordirland, Algerien, der Türkei und vielen weiteren Ländern werden „schmutzige Kriege“ geführt. Die Abgrenzung zu asymmetrischen Konflikten wie dem „Guerillakrieg“ ist oft ungenau beziehungsweise fließend. „Schmutziger Krieg“

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