Clausewitz

Die Julikrise 1914 zeichnet sich ab

KARTE

Der Zweite Balkankrieg

Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich

der Nacht auf den 30. Juni den Zweiten Bal- kankrieg. Drei Tage später wird die 2. Bul- garische Armee bei Kilkis-Lachanas von überlegenen griechischen Kräften angegrif- fen. Trotz schwerem Abwehrfeuer gelingt es der griechischen Infanterie, in die gegneri- schen Stellungen einzubrechen und die Bul- garen zurückzudrängen. Die serbische Front bleibt relativ stabil. Die Griechen gehen nach ihrem Sieg in die Offensive über, leiden aber bald unter logistischen Problemen. Bulgarien hätte den Krieg womöglich ge- wonnen, wenn Rumänien und das Osmani- sche Reich in dieser Situation nicht interve- niert hätten. Rumänische Truppen besetzen die Dobrudscha, während die Türken Adria- nopel einnehmen. Die Ruhe vor dem Sturm In einer Reihe separater Friedensschlüsse tritt Bulgarien Makedonien an Griechenland und Serbien, seine thrakischen Eroberungen

einschließlich Adrianopel an das Osmani- sche Reich und die Dobrudscha an Rumä- nienab. Die beiden Balkankriege verändern die geopolitische Lage in Südosteuropa funda- mental. Das Osmanische Reich wird fast vollständig aus Europa verdrängt. Serbien löst Bulgarien als stärksten Staat südlich der Donau ab und wird nun zum wichtigsten Verbündeten Russlands. Der starke bulgari- sche Wunsch nach Revanche bedeutet, dass die Region auch weiterhin instabil bleibt. Serbien hält zudem weiterhin Teile Nordal- baniens besetzt. Österreich-Ungarn fordert Serbien per Ultimatum dazu auf, seine Trup- pen abzuziehen. Deutschland stellt sich er- neut hinter seinen Zweibundpartner und Serbien lenkt ein, womit es einen weiteren Dr. Alexander Querengässer ist Historiker und publiziert zu verschiedenen Themen der deutschen und internationalen Militärgeschichte.

Kompensation auf Kosten Bulgariens for- dern und die griechisch-bulgarischen Diffe- renzen über den Besitz von Saloniki ohnehin nicht beigelegt sind. Auch Rumänen, das sich als die eigentliche regionale Großmacht betrachtet, fordert plötzlich Entschädigung für den relativen Bedeutungsgewinn Bulga- riens. Konkret geht es um die von beiden Ländern beanspruchte Dobrudscha. Auch das Osmanische Reich sieht in dem Ausei- nanderbrechen des alten Bündnissystems die Gelegenheit, einen Teil seiner verloren gegangenen Gebiete zurückzuerobern. Der Zweite Balkankrieg Paradoxerweise sieht Bulgarien sich ge- zwungen, seinerseits in die Offensive zu ge- hen, da Griechenland und Serbien bereits während des Ersten Balkankrieges große Teile Makedoniens, darunter auch die Bul- garien zugesagten Gebiete, besetzt haben. Ohne Kriegserklärung eröffnet Bulgarien in

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Clausewitz 4/2022

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