Melancholisches Meisterwerk
KRÄFTEMESSEN: :HUKDWGHQVWÁUNHUHQ:LOOHQGHUVWHOOYHUWUHWHQGH/DJHUOHLWHU6HUJHDQW0DMRU%HUW:LOVRQ +DUU\$QGUHZV RGHUGHU3DQ]HU 8QWHURIƂ]LHU6HUJHDQW0DMRU-RH5REHUWV 6HDQ&RQQHU\ "
zum Film zu passen. Werke von Johann Sebas- tian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart und Friedrich II. von Preußen (der auch Kompo- nist war) sind zu hören. Manche der historischen Stücke wer- den von dem Filmkomponisten Leonard
Die Musik spielt, wie meist bei Kubrick, ebenfalls eine zentrale Rolle, um Emotionen zu erzeugen und die „Stimmung“ eines Ortes oder eine Person akustisch zu unterstreichen. Ein Großteil der verwendeten Musik in Barry Lyndon stammt aus dem 18. Jahrhundert, um
Rosenman, der auch die eigentliche Filmmu- sik beisteuert, variiert. Das durch die Musik erzeugte vorherrschende Gefühl des Filmes ist das der Melancholie. Aufgelockert werden die klassischen Stücke durch Folkmusik der irischen Gruppe The Chieftains .
+,17(5*581'
Die Buchvorlage für Kubricks Film
Romanfiguren in Einzelpersonen, lässt einige Episoden aus oder modifiziert sie leicht, sodass sie im Film mit seiner eigenen Erzählweise besser funktionieren. Hin und wieder ändert er auch ganze Charaktere: Lord Bullingdon, Lady Lyndons Sohn aus erster Ehe, ist im Roman
die lange und gewundene Geschichte der Prü- fungen, Leiden und des Unglücks des Iren Barry Redmond. Der Held (oder besser: Antiheld) kon- frontiert den Leser mit der Torheit, Schwäche und Bosheit des Menschen, mit gesellschaft- licher Ungerechtigkeit und dem Wankelmut des Schicksals.
Der Brite William Makepeace Thackeray (1811– 1863) gehört allein wegen seines weltberühm- ten Romans Jahrmarkt der Eitelkeiten ( Vanity Fair , 1847) zu den bedeutendsten Schriftstel- lern des Viktorianischen Zeitalters. Thackeray verlässt das renommierte Trinity College in Cambridge 1830 ohne Abschluss und unternimmt stattdessen lieber eine Reise nach Frankreich, Italien und Deutschland, wo er Goethe kennenlernt. Nach dem Verlust sei- nes geerbten Vermögens geht er nach Paris, um sich dem Studium der Kunst zu widmen. Dort heiratet er 1836 die Irin Isabella Shawe, die später in einer Nervenheilanstalt endet. Die Memoiren des Junkers Barry Lyndon ( Barry Lyndon, Esq. ) erscheint 1844 als Fortsetzungs- roman in einer Zeitung und 1852 in gebundener Form in zwei Bänden. Darin erzählt Thackeray
ein sehr viel mutigerer Mann, der im Amerikanischen Unabhängigkeits- krieg gegen die „Rebellen“ kämpft. Diese Reduktionen, Auslassun- gen und Änderungen sind typisch für Romanverfilmungen im Kino, die sich zeitlich beschränken müssen. Außerdem kostet jede Filmminute viel Geld. Die inhaltliche Essenz und den groben chronologischen Ablauf der Vorlage hat Kubrick aber hervor- ragend auf Zelluloid gebracht. e A k g fü si A vi de de ra
Im Roman wird die Geschichte von Barry selbst erzählt, und zwar in einer Rückschau, wäh- rend er 1814 im Gefängnis sitzt. Kubrick wählt stattdessen einen teilweise sehr ironischen und zynischen Erzähler aus dem Off und er strafft die Handlung, die sich im Buch über einen viel längeren Zeitraum erstreckt. Außerdem verdichtet er mehrere e d - s n n m
75
Clausewitz 5/2025
Made with FlippingBook flipbook maker