Clausewitz

Unter strengster Geheimhaltung

KARTE

Front bei Lauban, März 1945

vom Soll so weit entfernt wie das Deutsche Reich anno 1945 vom Endsieg. Gerade einmal 350 Panzer können die Deutschen aufbieten, von denen wiederum nicht einmal die Hälfte als tatsächlich ein- satzbereit gelten kann. Angesichts der kata- strophalen Nachschub- und Treibstoffsituati- on ist zudem fraglich, wie lange die Panzer wirklich an der Offensive teilnehmen kön- nen, ehe sie von ihren Besatzungen gesprengt und zurückgelassen werden müssen. Mit dieser stark geschwächten Truppe soll General Walther Nehring mitten hinein in die sowjetischen Panzer stoßen, die in Ge- stalt der 4. Garde-Panzerarmee im Raum Lauban liegen. Nehring, ein Panzermann der ersten Stunde und neben Heinz Guderi- an einer der Väter der Panzertruppe, ist ein gewiefter General. Als „Afrikaner“ unter Rommel, später als Oberbefehlshaber des Afrikakorps sowie an der Ostfront hat er sein Können unter Beweis gestellt. Später zeich- nete er sich im „wandernden Kessel“ von Kielce besonders aus, als es ihm gelingt, sei- ne Truppen mit relativ geringen Verlusten nach Westen zu bugsieren. Riskanter Plan Diesem hochdekorierten General fällt nun die Aufgabe zu, Lauban zurückzuerobern. Er entwickelt einen Angriffsplan, der auf den ersten Blick sehr riskant erscheint: Die Mitte, gehalten von der bereits erwähnten 6. Volks- grenadier-Division unter General Otto-Her- mann Brücker, die sich heftige Straßenkämp- fe innerhalb von Lauban liefert, lässt Neh- ring nicht verstärken. An dieser Stelle ist die PANZERWRACK: Deutsche Kradmelder pas- sieren einen ausgeschalteten T-34/85 der Roten Armee. Die sowjetischen Truppen müssen in der Schlacht um Lauban hohe Panzerverluste hinnehmen Foto: Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo

Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich

Panzerdivision, der Führer-Begleitdivision sowie zusätzlichen Infanterieeinheiten. Dem Plan gemäß sollen die Panzer in einer mus- tergültigen Zangenbewegung bis nach Naumburg vorstoßen, sich dort vereinigen und die sowjetischen Truppen möglichst großräumig umfassen. Böse Überraschung Da das Überraschungsmoment von entschei- dender Bedeutung für eine solche Operation ist, finden Verlegung und Aufmarsch der Truppen unter strengster Geheimhaltung statt. Das Ganze ist so geheim, dass General Brücker von der 6. Volksgrenadier-Division erst davon erfährt, als die Spitzen der Füh- rergrenadier-Division quasi an seinem Hauptquartier vorbeimarschieren. Entsprechend überrascht sind auch die Rotarmisten der 4. Garde-Panzerarmee, als in der Nacht vom 1. auf den 2. März 1945 Ge- schützdonner und das Röhren von Panzer- motoren den deutschen Angriff verkünden. Zunächst geht es sowohl auf dem rechten als

Front ausgesprochen schwach. Einem ent- schlossenen Angriff hätten Brückers Männer kaum etwas entgegenzusetzen. Doch Nehring geht ein kalkuliertes Risiko ein. Statt der Mitte verstärkt er die Flügel der

„Was passiert da bei euch?“ Telefonische Nachfrage Stalins bei Marschall Iwan Konew nach den schweren Gefechten nördlich von Lauban, März 1945

Front und lässt dazu links der 6. Volksgrena- dierdivision das XXXIX. Panzerkorps unter General der Panzertruppe Karl Decker mit der 17. Panzerdivision, der Führer-Grena- dierdivision und weiteren Infanterieverbän- den aufmarschieren, rechts davon das LVII. Panzerkorps unter General der Panzertrup- pe Friedrich Kirchner mit der 8. und der ge- rade aus der Auffrischung kommenden 16.

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Clausewitz 4/2022

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