Clausewitz

LETTOW-VORBECK

IN DER HEIMAT UM- JUBELT: Von Lettow- Vorbeck, hier wäh- rend des „Einzugs“ am 2. März 1919 in Berlin, harrt mit sei- nen Truppen über das Kriegsende in Europa hinaus in Ostafrika aus und legt erst Ende November 1918 die Waffen nieder Foto: picture-alliance/Mary Evans Picture Library IM FEUERGEFECHT: Die Askaris der deut- schen Schutztruppe tragen während des Ersten Weltkriegs die Hauptlast der Kämpfe mit britischen Tuppen Foto: picture-alliance/ akg-images

des erhofften Karriereschubs droht nun der Knick, ist ihm doch ein Zurück in den Gene- ralstab vorerst verbaut. Doch schon drei Jah- re nach seiner Rückkehr nach Deutschland eröffnet sich ihm die nächste Chance. In Deutsch-Südwestafrika (heute: Namibia) er- heben sich die Herero gegen die deutsche Kolonialherrschaft. Lettow-Vorbeck meldet sich erneut. Wie zuvor in China fungiert er als Adjutant von Lothar von Trotha, der im Frühjahr 1904 den Befehl erhält, den Auf- stand niederzuschlagen. Den Völkermord an den Herero erlebt der Offizier daher im deutschen Entschei- dungszentrum vor Ort mit und billigt auch später noch das Vorgehen Trothas. Ange- sichts der unerbittlichen deutschen Krieg- führung erheben sich wenig später auch die Nama gegen ihre Kolonialherren. Nach Trothas Abberufung avanciert Lettow-Vor- beck zum Kompanieführer und wird im Ja-

ter Kai-Uwe von Hassel bezeichnet den Ver- storbenen als „eine der großen Gestalten, die das Recht beanspruchen dürfen, Leitbild ge- nannt zu werden.“ Erst später setzt eine kri- tischere Betrachtung Lettow-Vorbecks und seines soldatischen Wirkens ein. Heute se- hen viele Kolonialforscher in dem einstigen Kolonialhelden einen erzkonservativen, an- tidemokratischen und rassistischen Offizier. Allein diese widersprüchlichen Bewertun- gen lassen deutlich erkennen: Es lohnt sich, sein ereignisreiches Leben zu beleuchten. Reiz des Risikos Paul von Lettow-Vorbeck wird am 20. März 1870 in Saarlouis als Spross einer preußi- schen Adelsfamilie geboren. Der Soldaten- beruf ist ihm in die Wiege gelegt: Auch sein Vater ist preußischer Offizier und bringt es bis zum General. Lettow-Vorbeck wird da- her seit 1881 auf Kadettenanstalten großge- zogen. Einem Dienst als Leibpage am Hof der Hohenzollern folgt 1888 der Eintritt in das angesehene 4. Garderegiment zu Fuß in Berlin. Mit der Aufnahme an der Kriegsaka- demie und der anschließenden Kommandie- rung auf Probe in den Generalstab scheint der Aufstieg des hoffnungsvollen jungen Of- fiziers absehbar. Doch Lettow-Vorbeck reizt

das Risiko: Er bricht sein Kommando ab und meldet sich im Sommer 1900 freiwillig für das Ostasiatische Expeditionskorps, das da- zu beitragen soll, den „Boxerkrieg“ in China zu gewinnen. Knick statt Karriereschub? Seine Teilnahme am Feldzug endet in einer Enttäuschung. Schließlich trifft das Expedi- tionskorps zu spät ein, um noch entschei- dende Kämpfe mitmachen zu können. Statt

Paul von Lettow-Vorbeck BIOGRAFISCHE DATEN 20. März 1870 Geboren in Saarlouis 1888 Eintritt in die preußischeArmee 1900/01 Teilnahme am „Boxerkrieg“ in China 1904–1906 Teilnahme am Herero-Nama-Krieg 1909–1914 Kommandeur des II.Seebataillons, Wilhelmshaven 1914 Kommandeur der Schutztruppe von Deutsch-Ostafrika 1919 Rückkehr nach Deutschland 1920 Teilnahme am Kapp-Lüttwitz-Putsch, Ruhestand 9. März 1964 gestorben in Hamburg-Othmarschen

HOCHDEKORIERT: Von Lettow-Vorbeck erhält zahlreiche Auszeichnungen und Orden, darunter den Pour le Mérite mit Eichenlaub Foto: picture-alliance/ akg-images

82

Made with FlippingBook flipbook maker