FASZINATION SCHIFF
Entstanden war ein schlankes Schiff, das fast einer großen Yacht ähnelte. Mit einem Deplacement von 8.115 BRT, 141,17 Metern Länge und 17,60 Metern Breite bot es 369 Pas- sagieren und 183 Besatzungsangehörigen Platz. Die mittschiffs befindliche Maschine sollte 10.600 PS. abgeben. Dies hätte ausge- reicht, um eine Geschwindigkeit von 19 Kno- ten einzuhalten. %UDQGQHXHU$QWULHE An Bord des Kreuzfahrtschiffes mit seinen acht Decks befanden sich 112 Zweibett-, 33 Dreibett- und 14 Vierbettkabinen, zwei Schwimmbäder sowie einige Restaurants und kulturelle Einrichtungen. Der besonde- re Clou aber sollte eine neuartige Maschinen- anlage sein. Diese war bei vollem Betrieb mit 10.600 PS konzipiert und sollte – als Welt- neuheit – aus einer Kombination von zwei Dieselmotoren und einer Gasturbine beste- hen. Während die Dieselmotoren des DMR Rostock zuverlässig ihren Dienst taten, konn- te die Gasturbinenanlage allerdings die hoch- geschraubten Erwartungen nicht erfüllen. Eigentlich war die Idee der Konstrukteure bestechend: Man nehme zwei Großdiesel 8 NZD 72 (Lizenz MAN) von je 2.300 PS, die das Rostocker Dieselmotorenwerk liefern konnte. Zusätzlich installiere man eine Gas- turbinenanlage, die dann zugeschaltet wer- den sollte, wenn es galt, Fahrverzögerungen auf See durch eine höhere Fahrgeschwindig- keit wieder auszugleichen und somit die Hafenankünfte korrekt einzuhalten. Die Lösung hatte es in sich, der Nachteil war aber, dass kein Betrieb der DDR eine solche Anlage ad hoc liefern konnte. Mithil- fe der Forschungs- und Versuchsanstalt für 7(&+1,6&+('$7(1 Kreuzfahrtschiff Fritz Heckert Reederei
produzieren ließ. So griff ausgerechnet die Bundesrepublik für entsprechende Devisen dem DDR-Prestigeobjekt unter die Arme. Eine Pescara-DEMAG-Freikolbenanlage kam schließlich aus Darmstadt – wenn auch nicht termingerecht. Mit dem darin ver- dichteten 460 Grad heißen Abgas des Diesel- motors trieben etwa vier Atmosphären Druck die Schaufelräder der Turbine an. (QGOLFKHLQ7¸UQ So lief das Urlauberschiff im Sommer 1961 zu seiner ersten Seereise nach Leningrad, Hel- sinki und Riga aus. Schon bald aber stellte sich der Westimport, der Freiflugkolbenver- dichter, als größter Schwachpunkt des Schif- fes heraus. Zum einen verursachte der Betrieb einen Höllenlärm, der sogar dazu führte, dass einige Kajüten nicht belegt werden konnten, und der sogar auf dem Sonnendeck als stö- rend wahrgenommen wurde. Daran änderte auch die Unterbringung in einem gesonder- ten Maschinenraum nichts. Zudem kam es durch die hohen thermi- schen und mechanischen Belastungen immer wieder zu Ausfällen der Anlage und durch Ölaustritte sogar zu kleineren Bränden. Wie der damals eingesetzte Technische Offizier Karsten Wiek aus Rostock dem Autor mit- teilte, verzichtete die Schiffsleitung auf die Zuschaltung der Gasturbine und tuckerte stattdessen mit einer Marschgeschwindigkeit von zwölf bis 14 Knoten über das Meer. Nur wenn der Fahrplan, vor allem bei Charterfahrten mit Westgästen, in Gefahr geriet, schalteten die Ingenieure die Ma- schine wieder zu, um wenigsten zeitweilig 18 Knoten zu erreichen. Das Kommando der Volksmarine untersagte eine geplante Umrüs-
Strömungsmaschinen Dresden wurde dann auf die Schnelle eine kaum geprüfte Gastur- bine konstruiert, die 1960 im VEB Turbinen- fabrik Dresden unter ungeheurem Plandruck in Bau ging. 'HU.ODVVHQIHLQGKLOIW Dort gab es zwar Erfahrungen im Bau von kleineren 5 MW-Dampfturbinen, nicht aber von Gasturbinen. Ebenso konnten die Pir- naer Triebwerksbauer des Strahltrieb- werks Pirna 14, gedacht für das erste auf deut- schem Boden gebaute Düsenverkehrsflug- zeug „Baade 152“, nicht weiterhelfen. Den- noch stellte man mit aller Kraft die Turbine mit einer Dauerleistung von 2.400 PS in Dresden her. Allerdings fehlte der dazugehö- rige Gaserzeuger, der sich in der DDR nicht 80675,77(1 Der Chefkonstrukteur der Mathias-Thesen-Werft Alfred Dudzus auf einer Konferenz der Betriebspartei- Organisation der SED Foto: Archiv MTW
Deutsche Seerederei Rostock VEB Mathias-Thesen-Werft Wismar
Bauwerft
IM-Nummer
5121835
Stapellauf
25.6.1960
Länge Breite
141,17 m 17,60 m
Tiefgang
5,57 m
Vermessung
8.115 BRT
Antrieb
2 x Zweitakt-Achtzylinder-Diesel, 6 x Freikolbengeneratoren, 2 x Getriebe-Gasturbinen
Leistung
10.600 PS
Geschwindigkeit
17 kn
*(%85766777( Auf dieser Helling unter der Kabelkrananlage entstanden in Wismar Frachter, Fischereischiffe und Passagierschiffe verschiedenster Typen – auch die Fritz Heckert Foto: Sammlung D. Flohr 
Passagiere Besatzung
369 183
Verbleib
1999 in Mumbai abgewrackt
52
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