Flugzeug Classic

… schließlich hat er die Rollfreigabe erhalten und gibt das Kommando, die Bremsklötze zu entfernen

Ziel zu fliegen, das war der Auftrag. Diese Übungen flogen wir mit Einsitzern, dann begleitete uns ein Lehrer mit einem zweiten Starfighter«, erinnert sich Jochen Streit an den letzten Abschnitt des ersten Ausbil- dungsteils – und dann präsentiert er mir noch eine Geschichte, die diesem ersten Teil seiner Ausbildung das Sahnehäubchen aufsetzt. Im Starfighter auf UFO-Jagd Es ist der 6. August 1965 und Jochen Streit befand sich in der Abschlussphase des ersten Teils der fliegerischen Ausbildung sowie in der F-104-Starfighter-Waffenausbildung auf der Luke Air Force Base in Arizona, als kurz nach Mittag ein ungewöhnlicher Einsatzbe- fehl kam: »Wir standen in einer Viererfor- mation auf der Runway, bereit zu einem Radar-Ausbildungsflug, als wir vom Cont- roller die Weisung zum Halten der Position erhielten, gefolgt von Anweisungen zu einer speziellen Mission. Mehrere Beobachter, darunter auch einige Polizeistreifen, hatten die Landung eines unbekannten Flugobjek- tes auf dem etwa 150 Meilen (240 Kilometer) im Nor-den gelegenen Humphrey Peak, dem mit 3862 Metern höchsten Berg Arizonas, ge-meldet. Der Gouverneur von Arizona hatte daraufhin den Flugplatz Luke um Amtshilfe gebeten, da die Polizeiflugzeuge nicht in diese Höhe steigen konnten. Unter 8000 Fuß (rund 2438 Metern) sollte die Civil Air Patrol die vermutete Landeposition des UFOs an-fliegen, wir mit unseren Starfigh- tern darüber. Take-off war um 14:10 Uhr Lokalzeit. Captain Thomas A. Baker, USAF, war Forma-tionsführer mit dem Rufzeichen ›Sabre 1‹, ich war ›Sabre 2‹, Hauptmann Hans Jochen Streit und sein Wart und zeigen sich gegenseitig die Sicherungsstifte für Fahrwerk und Schleudersitz; …

Bei der TF-104G fährt das Bugrad – anders als beim Einsitzer – nach hinten ein. Die Räder des Hauptfahrwerks drehen sich und legen sich flach in den Rumpf

Michael Kuhnt ›Sabre 3‹ und der Marine- flieger Leutnant zur See Eike Rohn ›Sabre 4‹. Knapp eineinhalb Stunden später setzte unsere Viererformation um 15:30 Uhr Lokal- zeit wieder in Luke auf – von den Besuchern aus den Weiten des Weltalls fanden wir keine Spur. Und hätten wir das UFO gefunden, wir hätten keinerlei Anweisung gehabt, wie wir uns in einer solchen Situation zu verhalten

standen auf dem Lehrplan und die Erinne- rung an einen seiner Lehrer, führt zur nächs- ten Anekdote: »Captain Edland war ein kleiner, untersetzter Mann – und ein feiner Kerl. Natürlich waren auch die Lehrer ehr- geizig, hatten ihren eigenen Wettbewerb. Wenn wir also über dem Trainingsgebiet angekommen waren, hat er regelmäßig die Anschnallgurte gelockert und sich im hinte-

Das erste Mal in seiner fliegerischen Laufbahn musste Jochen Streit eine Luftnotlage erklären

ren Cockpit umgedreht, damit er den Luft- raum hinter uns besser beobachten und mir die Manöver unserer Verfolger präzise beschreiben konnte. Beim Luftkampftrai- ning waren wir das perfekte Team.« Schreckmomente gab es allerdings auch, was bei der hohen Anzahl an Flugbewegun- gen sicher nicht verwunderlich war. Zum ersten Mal in seiner fliegerischen Laufbahn musste Jochen Streit eine Luftnotlage erklä- ren. Dabei bestand sie ironischerweise gera-

gehabt hätten, ganz abgesehen davon, dass wir unbewaffnet waren ...«, schließt Jochen Streit dieses spannende Abenteuer aus seiner Zeit in Arizona. Mitte Oktober 1965, zwei Monate nach dem erfolgreichen Abschluss des ersten Aus- bildungsteils und erholt von einer Erkun- dung der USA im VW Käfer zurückgekehrt, saß Jochen Streit wieder abwechselnd im Schulungsraum und im Cockpit einer TF- 104G. Luftkampf und konventionelle Waffen

69

FLUGZEUG CLASSIC 9| 2025

Made with FlippingBook flipbook maker