BIWE_2024_Flipbook

Um Mia, Hans und Leonie besser begleiten zu können, wäre es gut, ihr Verhalten nicht abzuwerten, sondern zu verstehen. Wenn wir eine innere Unruhe oder Unaus- geglichenheit verspüren, neigen wir dazu, diese nicht einfach abklingen zu lassen, sondern eine Schutzmaß- nahme dagegen zu ergreifen. Bei Kindern lässt sich das gut beobachten. Mia schützt sich vor vermeintlicher Abwertung, indem sie andere abwertet. Wenn Hans oft auf seinen Bruder Rücksicht nehmen muss, dann do- miniert er eben stattdessen seine Eltern. Leonie flüchtet vor ihrem Gefühl der Einsamkeit und spielt ihren Eltern eine Komödie vor. All das wird erst zum Problem, wenn es wieder und wieder geschieht und so zum Teil der Persönlichkeit zu werden droht.

Präsent bleiben! Auch wenn uns kindliches Problem- verhalten eher an „Timeout“ denken lässt, brauchen diese Kinder mehr Kontakt und Nähe. Nichts persönlich nehmen! Die seelische Abwehr des Kindes ist oft dadurch effektiv, dass sie persönlich an- griffig wirkt. Dabei ist sie ein Ausdruck der Not. Das Kind braucht Beruhigung und nicht Belehrung. Nicht allein bleiben! Im Austausch mit wohlwollenden Anderen erkennt man Eigenanteile und auch, wie ver- breitet bestimmte kindliche Eigenarten sind. Das Netz- werk kann auch Stärke durch Transparenz schaffen. Manchmal ist „wir wollen das nicht“ besser als „ich“. Widerstehen! Gewaltloser Widerstand richtet sich ge- gen jene Abwärtsspiral der Angst oder Abwertung, die die Beziehung zum Kind destabilisiert und schädigt. Ich bleibe, kämpfe nicht gegen deine Gefühle und verkörpere geduldig eine Erwartung des Gelingens. Wieder gut machen! Neue Autorität ersetzt Strafen erfolgreich mit dem lang wirkenden Reparieren von Beziehungen. Mir ist wichtig, dass andere in dir deine Tugenden sehen und nicht deine Fehler. In gar nicht seltenen Fällen werden Kinder auch schwer und gefährlich gekränkt. Diese Kränkungen passieren oft in kooperativen Momenten, in denen das Kind Un- terstützung erwartet und stattdessen Abwertung oder Übergriff erfährt. Diese Kinder entwickeln eine natürli- che Skepsis gegenüber den Anordnungen von Erwach- senen. Je früher es uns gelingt, diese Kinder wieder in eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu bringen, desto besser. Die Erfahrungen des Gelingens, die durch die Interventionen der Neuen Autorität ermöglicht werden, sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Neuverhand- lung mit dem Leben.

Wieder gut machen! Neue Autorität ersetzt Strafen erfolgreich mit dem lang wirkenden Reparieren von Beziehungen.

Das Gegenmittel heißt Begegnung in Verletzlichkeit mit Menschen, die wohlwollend führen. Genau für diese Begegnung bietet Neue Autorität ein gutes Fundament. Neue Autorität wirkt indirekt. Sie stärkt die Kinder, indem sie zuerst die emotionale Zuverlässigkeit der Erwachse- nen verbessert. Dabei gilt es, einiges zu beachten.

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