IJAB Journal 1/2021: Internationer Austausch und Corona

Im Fokus: Internationaler Austausch unter Coronabedingungen

Folgen des Lockdowns – Ängste, Anforderungen und Strategien

Für Jugendliche, die sich bei Beginn der Pandemie für längere Zeit im Ausland befanden, stellte die Situation eine besondere Herausforderung dar, die teilweise mit vielen Ängsten verbunden war. Die Jugendbildungsstätte Unterfranken in Würzburg betreute zu diesem Zeitpunkt zwölf internationale Freiwillige, weitere zwölf waren im Ausland. Unsere Autorinnen schildern, wie ihre Organisation mit der Situation umgegangen ist und wie eigene Unsicherheiten und Ängste bearbeitet werden.

Anastazja Zydor, Manuela Dillenz

A ls der Lockdown in Deutschland am 13. März 2020 begann, stan- den zwei Fragen im Raum: Wie können die 12 Freiwilligen hier vor Ort betreut werden und was brauchen sie in dieser unabsehbaren und unüberschaubaren Situation, und wie kann diese Betreu- ung geleistet werden? Können die 12 entsendeten Freiwilligen im Ausland bleiben, wer hat welche Wünsche und Bedürfnisse und gibt es Ressourcen bei den Partner*innen, um die Freiwilligen in der Situation zu unterstützen? Verunsicherung durch den Lockdown Alle waren zunächst geschockt. Was würde es praktisch bedeuten? Wie gefährlich ist diese Pandemie? Was passiert mit meinen Angehörigen zu Hause? Wann werde ich wieder nach Hause fahren können? Was werde ich die nächsten Tage, Wochen, vielleicht Monate hier tun, wenn mein Projekt ge- schlossen ist? Die Freiwilligen entschieden sich, ihre Projekte weiter zu machen. Deutlich wurde, dass die Motive dafür unter- schiedlich waren. Es gab Freiwillige, die sich in der kleinen unterfränkischen Ge- meinde in Deutschland sicherer fühlten als in ihrer Heimatstadt, wo sich täglich viele Menschen infizierten und starben; andere Freiwillige konnten sich nicht vorstellen, wieder im Heimatland bei ihren Eltern einzuziehen – und dies auf unabsehbare Zeit. Die Freiwilligen re- agierten, wie die Menschen überall, sehr unterschiedlich auf diese nie dagewe- sene Situation. Es gab zum einen die Be- reitschaft, direkt mit den Kindern in der

Notbetreuung zu arbeiten, zum anderen aber auch Ängste, das Haus zu verlassen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, bis hin zur absoluten Vermeidung von Kontakten. Unterstützung der Freiwilligen hier … Die Freiwilligen wurden auf unter- schiedliche Weise unterstützt: Ein- zelgespräche und Telefonate, anfangs tägliche Online-Meetings für die ganze Gruppe, Sprachkurs online, Spiele- abende online, tägliche Nachrichten in der Whatsapp-Gruppe und mehr. Es war uns sehr wichtig, dass die Freiwilligen beschäftigt blieben, weswegen einzeln mit jeder Person ein Aufnahmeprojekt ausgehandelt wurde, wie sie sich (ab- hängig von ihren Ängsten) weiter en- gagieren könnten. Durch vielfältige Re- flexionsmethoden wurde die Stimmung der Gruppe sowie jedes Einzelnen immer wieder beobachtet, um etwaige Verän- derungen hin zu extremen psychischen Belastungen wahrnehmen zu können. Als koordinierende Organisation haben wir schon vor der Pandemie viel Zeit darauf verwendet, um das Netzwerk der Freiwilligen aufzubauen. Das kam nun allen zugute, dass bereits vertrau- ensvolle Beziehungen bestanden, die es möglich machten, sich mit allen indivi- duellen Gefühlen, Sorgen, und Ängsten zu öffnen. … und im Ausland Im intensiven Austausch mit den ESK- Entsendeten, mit deren Familien in Deutschland und mit den Aufnahmepro- jekten in Europa wurde geklärt, wie und ob die Freiwilligen nach Deutschland

zurückkommen sollen. Eine ganze Reihe Krisengespräche mit der verantwortli- chen Koordinatorin waren notwendig, da Gefährdungen nicht gleichermaßen eingeschätzt wurden. Es waren Freiwil- lige in sogenannten Corona-Hotspots, die zurück nach Deutschland wollten, andere aber wollten bleiben und wei- terarbeiten. Von den zwölf entsendeten Freiwilligen haben sechs ihre Projekte im Frühjahr beendet, drei haben eine Pause eingelegt und sind für ein bis drei Mo- nate nach Deutschland gekommen. Drei sind im Ausland geblieben und haben zum Teil andere Aufgaben im Rahmen ihrer Projekte wahrgenommen. Aus unserer Perspektive war es insge- samt entscheidend für die Bewältigung der Lockdowns durch die Freiwilligen, dass schon längere und stabile Bezie- hungen da waren, dass Vertrauen ge- schaffen wurde und Netzwerke unter den Freiwilligen entstanden waren.

Kontakt: Anastazja Zydor, Manuela Dillenz Bildungsreferentinnen bei der Jugendbildungsstätte Unterfranken info@jubi-unterfranken.de

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