IJAB Journal 1/2021: Internationer Austausch und Corona

Im Fokus: Internationaler Austausch unter Coronabedingungen

„…und dann kam Corona!“ Die digitale Transformation der Internationalen Jugendarbeit

Eine der Nebenwirkungen der Pandemie war die plötzliche Beschleunigung der digitalen Transforma­ tion im Bildungsbereich. Nicht nur die „Pioniere” der Digitalisierung, sondern alle Akteur*innen – gleich welchen Alters und Vorwissens – fanden sich auf einmal im kalten Wasser der virtuellen Tools und Online-Veranstaltungen wieder. Das Projekt „Internationale Jugendarbeit.digital“ (kurz: IJA.digital) begleitet den Transformationsprozess, indem Qualifizierungsprozesse und internationale Diskurse angestoßen, die digitalen Entwicklungen wissenschaftlich analysiert sowie Schlüsse für die Weiter­ entwicklung der Internationalen Jugendarbeit gezogen werden.

Julia Hallebach, Natali Petala-Weber und Ulrike Werner

B licken wir zurück in die jüngere Vergangenheit: Lockdowns, Grenz- schließungen, sich widersprechende und schnell ändernde gesetzliche Vorgaben, lückenhafte Informationen sowie eine unklare finanzielle Rückendeckung präg- ten auch die Praxis der Internationalen Jugendarbeit. Die aktiven Träger sahen sich daher in den letzten beiden Jahren oft dazu gezwungen, digitale Alternati- ven für ihre Programme zu entwickeln, damit Begegnungen überhaupt möglich wurden. Dass digitale Begegnungen reale Treffen nicht komplett ersetzen können, vermuteten viele von Anfang an und dies wurde im Laufe der Zeit bestätigt. Den- noch zeigten die Träger große Kreativität und Experimentierfreude und ermöglich- ten Erstaunliches auch über die Distanz. Was sich dabei u. a. zeigte, sind folgende Aspekte: > >Vieles fand informell statt, ohne dass eine Maßnahme beantragt wurde. > >Die nationalen Grenzen verschwim- men im virtuellen Raum. Deutsche Fachkräfte nehmen auch aus Süd- afrika oder Argentinien an Online- Qualifizierungen teil, französische Jugendliche aus ihrem Freiwilligen- dienst in Tschechien an einer deutsch- französischen Begegnung. > >Es sind Jugendliche aus ganz ande- ren, neuen Ländern beteiligt, die zu- vor aufgrund von Visabeschränkungen oder finanziellen Hürden nicht an Prä- senzprojekten teilnehmen konnten.

> >Unsicherheiten sind bei den Fach- kräften immer noch vorhanden und ein hoher Qualifizierungsbedarf ist spürbar. Formate müssen neu gedacht werden. > >Einige Erkenntnisse wurden gesam- melt, vieles liegt aber noch im Dun- keln oder wurde weder dokumentiert noch systematisch analysiert. Um die zahlreichen Aspekte, die mit der Digitalisierung der Internationalen Ju- gendarbeit einhergehen, ausgewogen im Blick zu behalten, ist die Entwicklung einer umfassenden Digitalstrategie not- wendig. Dafür müssen bisherige Erfah- rungen systematisch erfasst und evalu- iert werden. Aus diesem Grund startete IJAB im Jahr 2021 in Kooperation mit JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis und gemeinsam mit den Fach- und Förderstellen der Internationalen Jugendarbeit das For- schungsprojekt IJA.digital 1 (https://ijab. de/internationale-jugendarbeitdigital) . Das Forschungsdesign sieht die syste- matische Analyse von Projektberichten, die teilnehmende Beobachtung von digitalen Jugendbegegnungen sowie Interviews mit Fachkräften und teilneh- menden Jugendlichen vor. Neben der Publikation der Forschungsergebnisse sollen auf deren Grundlage auch Qua-

litätskriterien für eine digitale Interna- tionale Jugendarbeit entwickelt werden.

Methodisch umdenken Für die Fachkräfte sind Medienkompe- tenzen sowie eine gute Kenntnis digitaler Tools unumgänglich. Auch Beispielszena- rien digitaler Jugendbegegnungen oder Fachkräfteaustausche – wie sie zum Bei- spiel das Deutsch-Polnische Jugendwerk veröffentlichte – sind hilfreich. Hybride, blended und Online-Veranstaltungen durchzuführen bedeutet jedoch weitaus mehr als Präsenzveranstaltungen in den digitalen Raum zu übertragen. Sie müs- sen neu gedacht und konzeptioniert wer- den. Das Arbeitsfeld benötigt vor allem, eine methodisch-pädagogische Basis, um den Qualitätsanspruch der Internationa- len Jugendarbeit auch in digitalen Pro- jekten zu gewährleisten. Die Projekter- kenntnisse sollen daher auch in eine Methodik-Publikation münden.

Den internationalen Dialog intensivieren

Für die Weiterentwicklung der Interna- tionalen Jugendarbeit ist die internati- onale Perspektive wesentlich. Sie kann außerdem aus den Erkenntnissen der Prozesse zur digitalen Jugendarbeit und Smart Youth Work schöpfen, die bereits in zahlreichen Ländern im Gange sind. Um der Gefahr entgegenzuwirken, die jeweilige Situation in verschiedenen Ländern zu übergeneralisieren, ist ein

1 Das Projekt wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

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