IJAB Journal 1/2021: Internationer Austausch und Corona

Im Fokus: Internationaler Austausch unter Coronabedingungen

Der Bund hat seine finanzielle Unterstützung für die Internationale Jugendarbeit spürbar bis 2022 erhöht. Kommt aber nach der Regierungsbildung der Rotstift? IJAB-Direktorin Marie-Luise Dreber unterstreicht in unserem Interview mit Nachdruck: „Wenn wir wollen, dass junge Menschen eine komplexe Welt erfahren, verstehen und mitgestalten können, dann brauchen wir auch nach 2022 mehr Ressourcen – erst recht, wenn das nicht nur für eine Minderheit gelten soll“. Die Förderprogramme müssen weiter ausgebaut werden IJAB-Direktorin Marie-Luise Dreber zu den Aussichten nach der Bundestagswahl und vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie

IJAB journal: In der Coronakrise ist sehr viel Geld ausgegeben worden. Wie hoch ist das Risiko einzuschätzen, dass eine neue Bundesregierung Kassensturz machen wird und dann den Rotstift ansetzt? Der Jugendbereich ist ja oft ein klassisches Opfer von Sparmaßnah- men gewesen. Marie-Luise Dreber: Fangen wir mit der inhaltlichen Seite an. Wenn uns die letzten beiden Jahre etwas gelehrt haben, dann dass wir in globalen Zu- sammenhängen denken müssen. Weder die Coronapandemie, noch die Folgen des Klimawandels, die wir 2021 in so dramatischer Form in Deutschland er- fahren haben und in vielen Ländern der Erde in Form von Überschwemmungen, extremer Dürre und Waldbränden er- leben müssen, lassen sich durch natio- nale Alleingänge lösen. Das ist natürlich keine neue Erkenntnis, aber wir erleben Zuspitzungen, die mehr Solidarität und Zusammenhalt in der internationalen Gemeinschaft erfordern. Lösungen las- sen sich nur durch länderübergreifende Zusammenarbeit finden und dafür ist der internationale Jugendaustausch ein bestens geeigneter Lernraum. Er er- möglicht jungen Menschen Einblicke in komplexe globale Zusammenhänge, stärkt sie gegen diejenigen, die schein- bar einfache Lösungen zur Hand haben, lässt sie den Blick anderer auf die Welt erleben und lässt sie zugleich erfahren, dass sie nicht ohnmächtig sind, sondern

dass sie die Welt mitgestalten und zum Besseren verändern können.

Ich denke, das sind Zusammenhänge, die in der Politik zunehmend verstanden werden. Mit dem Corona-Aufholpro- gramm und der Aufstockung des Kin- der- und Jugendplans des Bundes um 50 Millionen bis Ende 2022 sind wir gut aufgestellt. Was aber passiert danach? Wenn es dann wieder zu einer Kürzung der Mittel käme, sind alle Bemühungen zum Anschub des Arbeitsfeldes nach Co- rona und zur Erreichung von mehr jun- gen Menschen umsonst. IJAB journal: Welche inhaltlichen As- pekte müssen in den Blick genommen werden? Marie-Luise Dreber: Neben den phy- sischen Begegnungen haben die Träger während der Pandemie und des Lock- downs Erfahrungen mit hybriden und digitalen Formaten gemacht. Das war für viele herausfordernd, aber sie haben sich dem gestellt. Will man diesen Er- fahrungsschatz weiter nutzbar machen, dann ist das nicht kostenlos zu haben. Es braucht Hardware, Software sowie Fort- bildung und Begleitung. Deshalb fordern wir einen Digitalpakt für die (interna- tionale) Kinder- und Jugendarbeit. Ein ganz wichtiges Ziel sollten wir ebenfalls nicht aus den Augen verlieren: Wir wol- len, dass alle jungen Menschen von den Chancen des internationalen Austauschs

Marie-Luise Dreber, Direktorin von IJAB

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