IJAB Journal 1/2021: Internationer Austausch und Corona

Im Fokus: Internationaler Austausch unter Coronabedingungen

RAY-Forschungsergebnisse zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Jugendarbeit

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Jugendarbeit sind ein Schock für das Arbeitsfeld. Jugendarbeit (Youth Work 1 ) ist nicht nur in eine substanzielle Krise gestürzt, auch die systemischen Schwächen und die Anfälligkeit von Youth Work-Strukturen in ganz Europa wurden erneut offenbart. Aber wie schlimm ist es – und wie geht es weiter? Zu den einschlägigen Forschungsergebnissen des europäischen Netzwerkes baten wir RAY-Forschungskoordinator Andreas Karsten um eine Ein- schätzung.

Andreas Karsten

M it unserem Forschungsprojekt RAY-COR versuchen wir, die Aus- wirkungen der Pandemie auf Jugend- arbeit in Europa zu erforschen und den Umgang mit der Pandemie und ihren Folgen wissenschaftlich zu begleiten. „Wir“ sind in diesem Fall das RAY-Netz- werk, Abkürzung für „Research-based analysis of the European youth pro- grammes“, ein seit 2008 bestehender Zusammenschluss der Nationalen Agen- turen für die EU-Jugendprogramme und ihrer Forschungspartner*innen. Kern der Forschungsarbeit des Netzwerks ist die Programmbegleitforschung der beiden EU-Jugendprogramme Erasmus+ Jugend und des Europäischen Solidaritätskorps durch regelmäßige Befragungen von Projektteilnehmenden und Projektteams, ergänzt durch thematische Forschungs- projekte, um in Kombination mit der Qualitätssicherung und -entwicklung zur Umsetzung der europäischen Ju- gendprogramme beizutragen und Dis- kurse in und mit Jugendpolitik und Ju- gendarbeit zu bereichern. Mit unserem Forschungsprojekt zu den Auswirkungen der Corona- Pandemie und -Krise auf die Jugendarbeit in Europa (RAY-COR) 2 ver- suchen wir auch die Arbeit der Jugend- Partnerschaft zwischen dem Europarat

und der Europäischen Kommission zu ergänzen, die sich mit der Rolle der Ju- gendpolitik in der Pandemie widmet. Wir unterstützen damit auch das Europäi- sche Jugendforum und die OECD, die vor allem die Rolle von Jugendorganisatio- nen in den Blick nehmen. Einschätzungen der Auswirkungen Unsere Einblicke in die Auswirkungen der Pandemie auf Jugendarbeit machen die Dramatik für den im europäischen Gesamtbild strukturell massiv unterfi- nanzierten Jugendsektor deutlich: Youth Work ist von der Corona-Pandemie in seinen Grundfesten erschüttert worden. Die Folgen für die Fachkräfte und Frei- willigen, vor allem aber auch für die Finanzierung und Struktursicherung, schränken die Projekt- und Programmar- beit stark ein und treffen die europäische und internationale Jugendarbeit massiv.

Wir haben im Frühjahr und ein zweites Mal im Spätherbst 2020 europaweit mehrsprachige Befragungen von Fach- kräften durchgeführt. Die Einschätzung der mehr als 3.000 Jugendarbeiter*innen ist deutlich, denn zu beiden Zeitpunkten nennen übereinstimmend etwa 70 % „starke Auswirkungen“, etwa ein Viertel „moderate“ und nur 5 bis 6 % „leichte Auswirkungen“ auf ihre Jugendarbeit.

Auswirkungen auf Budget und Stellenausstattung

Die Fragilität der Strukturen von Youth Work wird dann spätestens beim Blick auf die budgetären Auswirkungen deut- lich (Tabelle 1). Und diese Budgetveränderungen hatten innerhalb kürzester Zeit auch Auswir- kungen auf die Situation von hauptamt- lichen Mitarbeiter*innen und ehrenamt-

Tabelle 1: „Wie sehr hat sich Ihr Budget für Youth Work ungefähr vermindert?“

Juni 2020 Nov. 2020

Verminderung unseres Budgets um 100 %

3,3 % 6,0 %

... um mindestens zwei Drittel

17,9 % 17,9 %

1 Der in der europäischen Jugendpolitik geläufige Begriff Youth Work wird hier unabhängig von den Diskussionen und Unterschieden synonym mit dem deutschen Begriff Jugendarbeit gesehen. 2 https://www.researchyouth.net/projects/cor/

... um ein bis zwei Drittel

30,9 % 47,8 %

... um bis zu einem Drittel

48,0 % 28,4 %

8 IJAB journal 2/21

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