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III. A. FREIE ASSOZIATION ALS ZENTRAL FÜR DIE PSYCHOANALYTISCHE ARBEIT III. Aa. Widerstandsanalyse und Wiederherstellung der psychischen Kontinuität Paul Gray und Anton Kris Das Verständnis der Analyse der Widerstände gegen freie Assoziationen blieb viele Jahre lang ungeklärt, was Roy Schafer (1983) zu folgender Vermutung veranlasste: „Bestimmte Dinge über den Widerstand, die wohlbekannt sein sollten und von denen es heißt, sie seien bekannt und würden hinreichend gewichtet und angewendet, sind in Wirklichkeit keineswegs hinreichend bekannt und werden in der Praxis nicht konsequent beachtet“ (S. 66). Tatsächlich wurde die Analyse der Widerstände wurde häufig mit einer Umgehung der Widerstände in eins gesetzt (Busch 1992). In diesem Klima haben Paul Grays und Anton Kris‘ Beiträge aus dem Jahr 1982 einen tiefgreifenden Einfluss darauf ausgeübt, wie Analytiker über die freie Assoziation als zentrale Komponente des kurativen psychoanalytischen Prozesses nachdenken, sie benutzen und konzeptualisieren können (Gray 1982; Kris 1982). Während Gray sich auf die Verwendung der Assoziationsmethode zur Klärung von Abwehr- und Widerstandsaktivitäten des unbewussten Ichs konzentrierte, erforschte Kris die multiplen Funktionen freier Assoziationsprozesse im Zusammenhang mit der Wiederherstellung psychischer Kontinuität. Paul Gray (1973, 1982, 1986, 1987, 1990, 1994) untersucht psychoanalytisch- systematische Möglichkeiten der Identifizierung und Analyse von Widerständen auf der Grundlage des freien Assoziierens. Hier interessiert den Analytiker in erster Linie das psychische Geschehen, das sich durch die Methode der freien Assoziation zu erkennen gibt. In seinen früheren Publikationen formulierte Gray (1973) diesen Punkt unmissverständlich klar, indem er erklärte, dass „das vorrangige Ziel des Analytikers stets die Analyse der Psyche des Patienten und nicht seines Lebens“ (S. 477) sei. Gray wollte den Fokus konsequent auf die psychische Realität „innerhalb“ der Analyse richten. Alles andere betrachtete er als eine potenzielle „defensive Flucht in die Realität“. Aufgabe des Analytikers ist es, auf den Assoziationsfluss zu fokussieren, um die Entwicklung der Übertragungsneurose nicht zu beeinträchtigen. Laut Gray hat der analytische Fokus ausschließlich auf den minuziösen Schicksalen der freien Assoziationen des Analysanden zu liegen („engmaschige Prozessbeobachtung“). Manch andere Autoren (z.B. Phillips 2006) hielten diesen Fokus für allzu eng. In seinem klassischen Beitrag über eine „Entwicklungsverzögerung“ der psychoanalytischen Technik erörterte Gray (1982), dass es der modernen Psychoanalyse nicht gelungen sei, das theoretische Wissen über das unbewusste Ich zu assimilieren und auf das intrapsychische Leben anzuwenden. Er beschrieb das Problem wie folgt: „Vor einiger Zeit bin ich zu dem – berechtigten oder unberechtigten - Schluss gelangt, dass die Art und Weise, wie ein beträchtlicher Teil der Analytiker die Daten hört und wahrnimmt, sich in mehrfacher signifikanter Hinsicht nicht so entwickelt hat,
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