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dann folgen, wenn die freien Assoziationen des Patienten seine zugrundeliegende unbewusste Phantasie der verzerrten Objektbeziehung zum Analytiker in ein Bewusstsein für die vorgängige archaische Objektbeziehung umgewandelt haben (Kernberg 1988 [1983]; Blum 1980). Vor rund 10 Jahren verfasste Kernberg (2015a) mit speziellem Blick auf die Übertragung eine Übersicht der verschiedenartigen, auffälligen Beeinträchtigungen des Prozesses der freien Assoziation bei Patienten mit schwerer narzisstischer Pathologie. Hier entwickelt er seine frühere Spezifizierung der dominanten Abwehroperationen, die der narzisstische Patient, dessen grandioses Selbst aktiviert wird, einsetzt, um sich vor jeder authentischen Abhängigkeit vom Analytiker zu schützen, weiter. In der psychoanalytischen Arbeit muss der Analytiker anerkennen, dass die Fähigkeit des narzisstischen Patienten, frei zu assoziieren, durch seine Pathologie beeinträchtigt ist. In solchen Fällen ist gilt es, die Beschaffenheit der Übertragung zu klären und systematisch durchzuarbeiten, bevor das freie Assoziieren überhaupt emotional signifikantes Material zutage fördern kann: „Ein solch extremer Narzissmus illustriert, weshalb es wichtiger ist, die Herstellung der analytischen Beziehung zu analysieren als vermeintlich verdrängte Inhalte. Sobald sich in der Übertragung eine normalere Objektbeziehung entwickelt, darf das Auftauchen solcher Inhalte nicht aus dem Blick geraten“ (S. 638f.). III. Bb. Variabilität der Art und Weise sowie des Timings der Anleitung zur freien Assoziation Joseph Lichtenbergs und Floyd Gallers Umfrage unter 49 prominenten nordamerikanischen Analytikern machte deutlich, dass es in der Art und Weise, wie zeitgenössische Analytiker ihren Patienten die „Grundregel“ der freien Assoziation erläutern, erhebliche Unterschiede gibt. Nach ihrer Übersicht der bis dato vorliegenden einschlägigen Literatur konstatierten Lichtenberg und Galler in zwei Bereichen graduelle Modifizierungen: 1. Im Umgang mit Regression und Expressivität (Laforgue 1936; Fenichel 1941; Arlow & Brenner 1966; Scott 1958; Gedo 1981; Balint 1959) und 2. Modifizierungen der autoritativen Formulierung der Grundregel sowie Modifizierungen des Timings (Kanzer 1972; Blum 1981; Epstein 1976; Altman 1976; Greenson/Panel 1971; Schafer 1976; Kris 1982; Lichtenberg 1985). Die Umfrage ergab zwei wesentliche Trends, die die unterschiedlichen Konzeptualisierungen des analytischen Prozesses repräsentieren: Die Befragten betonten entweder den funktionellen Rahmen oder den Geist der Zusammenarbeit. Innerhalb beider Gruppen gab es Unterschiede bezüglich des Grades, in dem die Befragten ihre Patienten entweder konsequent zum freien Assoziieren aufforderten oder aber ein flexibleres, den individuellen Bedürfnissen der Patienten angepasstes Vorgehen wählten. Diesem Ergebnis lagen die Antworten auf Fragen in drei großen
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