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Die Gründe für die jeweilige Art und Weise der Einführung der Grundregel variierten erheblich: von einer expliziten oder impliziten Betonung der Herstellung des grundsätzlichen Rahmens mit einer gewissen Freiheit innerhalb der durch Grenzen/Regeln gewährleisteten Sicherheit über die Möglichkeit, das unmittelbare Erleben des Patienten anhand seiner direkten Assoziationen zur Anleitung zu beurteilen, über die Unterstützung der verbalen Kommunikation bis hin zur Einstimmung des Patienten auf die Schwierigkeiten, die Grundregel zu befolgen (Fokussierung auf Widerstände von Anfang an und während des gesamten Prozesses). Insgesamt gesehen, verweist die Unterschiedlichkeit der Art und Weise, wie heutige Analytiker die Grundregel einführen, laut Lichtenberg und Galler (1987) auf eine Spannung zwischen dem Wunsch, die analytische Tradition zu wahren, und dem Wunsch, mit neuen Ansätzen zu experimentieren und dem Erleben der spezifischen analytischen Dyade Aufmerksamkeit zu widmen. Die Modifizierungen betrafen vorwiegend die größere Ausführlichkeit der Anleitung zum freien Assoziieren mit dem Ziel, die Analysanden zu ermutigen, auch Körpersensationen, Bildvorstellungen, Träume, Erinnerungen und Bezüge auf den Analytiker in Worte zu fassen. Dies knüpft an einen langjährigen Trend zur „Erweiterung des Bereichs“ des assoziierten Materials auf Körperaktivität und nonverbale Äußerungen an (Balint 1959; Scott 1958; Glover 1955). Eine Übereinstimmung findet sich hier auch mit der Arbeit von George Caruso (2019), der empfiehlt, neuen Patienten auf ihre Frage: „Worüber soll ich sprechen?“, Folgendes zu antworten: „Über alle Gedanken und Gefühle, die Sie selbst [ihre wichtigsten Beschwerden] betreffen, wichtige Beziehungen in Ihrem Leben – Gegenwart und Vergangenheit, Träume, Tagträume, den Behandlungsprozess, was ich sage, und natürlich auch über mich –, vor allem negative Gedanken und das Gefühl, auf der Hut sein zu müssen“ (S. 216). Diese Ideen, die für Patienten empfohlen werden, die mit der freien Assoziation nicht vertraut sind oder sich ihr zunächst nicht überlassen können, ergänzen die klassische moderne Beschreibung der auf der Konflikttheorie beruhenden psychoanalytischen Technik (Compton 1975, 2000). Lichtenberg und Galler (1987) heben hervor, dass die traditionelle aufmerksame Regulierung der Regressionsebene im Zusammenhang mit der freien Assoziation (Laforgue 1936; Glover 1955) anders als die soeben erläuterte Erweiterung des assoziativen Materials von keinem der befragten Analytiker auch nur erwähnt wurde. Eine mögliche Erklärung sehen sie darin, dass in einer früheren Phase der Geschichte der Psychoanalyse manche Analytiker einen schläfrigen Patienten eher dazu angehalten hätten, weiterzusprechen, während die meisten heutigen Analytiker stattdessen versuchen würden, die Schläfrigkeit oder den Verlust des Kontakts unter diesem oder jenem Blickwinkel – einschließlich der Schläfrigkeit als regressives Abwehrmanöver und als Übertragungsagieren – zu untersuchen. Bedenkt man, wie häufig Freud sowohl in seiner klinischen Arbeit als auch in seinen Schriften Metaphern verwendete – z.B. die Eisenbahnmetapher in seiner
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