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vielleicht in seinen eigenen projektiven Gegenidentifizierungen zu erkennen vermag“ (Grotstein 1989, S. 270). Ingesamt gesehen, hört der Analytiker „auf den Text der Assoziationen, die dem Unbewussten des Patienten entstammen und für die dessen bewusste Rede (freie Assoziationen) lediglich der Kanal ist“ (Grotstein 1995, S. 398). Ein weiterer nordamerikanischer post-bionianischer Autor, Lawrence Brown (2012), hat Bions Konzept der „Transformationen“ in Bezug auf die freie Assoziation im klinischen Prozess weiterentwickelt: „Indem der Analytiker einzig und allein den freien Assoziationen des Patienten zuhört und ihre unbewusste Bedeutung ergründet, unterstützt er den Analysanden dabei, eine Transformation in K vorzunehmen, die ihm zu Erkenntnissen über sich selbst verhilft“ (S. 1209). In der nächsten Phase der Herbeiführung struktureller Veränderungen im Unbewussten des Patienten identifiziert der Analytiker sich mit jenen Aspekten des Analysanden (wird zu ihnen), die er in den freien Assoziationen wahrgenommen hat und die der Patient verleugnet. Wenn der Analytiker diese „präpsychischen“ Inhalte zu containen vermag, kann er dem Patienten helfen, das intellektuelle Wissen in intime emotionale Erfahrung zu transformieren, und auf diese Weise dessen Internalisierung der Alpha-Funktion des Analytikers unterstützen, die diese Transformation überhaupt erst ermöglicht hat. III. Cd. Weitere entwicklungspsychologische und dynamische Ansätze, die mit einem Bedeutungsverlust der freien Assoziation einhergehen Das von Fonagy und Target (2003) beschriebene “Mentalisieren” wird mitunter als die Kehrseite des freien Assoziierens betrachtet. In der mentalisierungsbasierten Therapie (MBT) werden die Patienten dazu angeregt, bewusst über ihre Gedanken nachzudenken. Auf diese Weise soll ihre Selbstbeobachtungsfähigkeit („beobachtendes Ich“) mobilisiert werden. Das Verfahren ist sowohl für Patienten geeignet, die der Durchbruch eines Zuviels an Primärvorgang ins Bewusstsein überwältigt, als auch für starr und konkretistisch denkende zwanghafte Patienten, die kaum einen oder gar keinen Zugang zum Primärvorgang haben. Robert Langs’ (2005) Methode der “angeleiteten Assoziationen” beruht auf Prozessen, die Freuds früher Technik ähneln, Patienten zu bitten, zu Elementen ihrer Träume, Erinnerungen und anderer Erfahrungen zu assoziieren (vgl. auch die von Jung und der Zürcher Schule vorgenommene Modifizierung des Wundt’schen Assoziationstests). In verschiedenen dynamischen Psychotherapien, die z.T. um spezifische fokale Probleme und Konflikte herum strukturiert sind, kann ein vollständiger Verzicht auf die Grundregel (Knight 1953) neben der auf einen bestimmten „fokalen“ Problembereich begrenzten Verwendung freier Assoziationen einhergehen. Zu unterscheiden ist dies von der übertragungsfokussierten Therapie für Borderline-Patienten (Caligor, Kernberg et al. 2018).
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