Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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ist der Analytiker, der durch eine spezifische Weise des Zuhörens und Beobachtens entdeckt, ob unter dem manifesten Material des Patienten Verbindungen oder Assoziationen/Assoziierungen existieren. Darüber hinaus ist die Aufforderung, alles zu sagen, was einem in den Sinn kommt, allgemein genug definiert, um selbst Momente des Schweigens miteinzuschließen. Sie muss nicht unbedingt im Sinne von: „Du musst sprechen“, verstanden werden, auch wenn Patienten sie im Allgemeinen in ebendiesem Sinn auffassen. Rcroft argumentiert weiter, dass die freie Assoziation, wie Freud schon erläuterte, keine Assoziation im eigentlichen Sinn ist, sondern vielmehr ein spontanes Hereinbrechen einer Idee; und sie ist auch nicht gänzlich frei, sondern von mehreren Faktoren abhängig. Mithin ist die Grundregel, die zu befolgen Analysepatienten aufgefordert werden, eine unmögliche Aufgabe, mehr ein Idealziel, das es im Laufe des analytischen Prozesses in einem gewissen Umfang nach und nach zu erreichen gilt. Somit betont die britische Objektbeziehungstheorie, dass Freud unter der Grundregel die freie Assoziation des Patienten in Verbindung mit der gleichschwebenden Aufmerksamkeit des Analytikers verstand. In seinem Werk hat er vor allem die freie Assoziation ausgearbeitet, denn sie machte das revolutionäre Element der psychoanalytischen Methode aus. Bion hingegen nahm die Freud’schen Überlegungen zur freien Assoziation für selbstverständlich und entwickelte den anderen Teil der Grundregel, also den Anteil des Analytikers, weiter. Dennoch können einige seiner Überlegungen zu den psychischen Zuständen des Analytikers auch auf den Patienten bezogen werden, was ihre Aufnahme in diesen Eintrag, im folgenden Sinn verstanden, rechtfertigt. Wilfrid Bion argumentiert, dass emotionale Erfahrung flüchtig sei, nicht abgespeichert und deshalb auch unmöglich erinnert werden könne. Emotionales Erleben ist augenblicklich und gegenwärtig. Lediglich sensorische Erfahrung, also was wir durch unsere fünf Sinne wahrnehmen und fühlen, ist erinnerbar. Man kann sich an Lieder oder Filme oder Städte oder Parfums erinnern, so dass Momente, Personen oder Situationen wiederaufleben. Und diese Erinnerung weckt eine emotionale Erfahrung, aber sie wird nicht erinnert, sondern aktiviert (Bion 1992). Wenn der Patient die Fähigkeit zur Alpha-Traumarbeit besitzt, paart sich das emotionale Erleben darüber hinaus mit visuellen Bildern (Piktogrammen) und transformiert sie in Alpha-Elemente, die gespeichert und in Form eines Ideogramms erinnert werden können, das eine Emotion mit einem Piktogram oder einer Abstraktion in einem sensorischen Register kombiniert. Diese Verbindung von sensorischer und emotionaler Erfahrung wird auf verschiedene Weise kombiniert, als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft evozierende Erfahrungen , die „das Auge der Psyche“ bilden, das für Imagination und Einsicht erforderlich ist: eine kognitive emotionale Grammatik, die sich in der primären Bindung entwickelt. Wenn diese Grammatik als intuitive

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