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III Bc. Zweige und Konzeptualisierungen
III Bca. Ich-Psychologie der Entwicklung Im Rahmen der Strukturtheorie wurden die Theorie der psychosexuellen Entwicklung, der Entwicklung der Persönlichkeitsorganisation und der Objektbeziehungen nicht als separate Theorien betrachtet. Auf die „Anlage“ der Objektbeziehungstheorie in der späteren Strukturtheorie von 1923 deuteten schon Freud Abhandlung „Zur Einführung des Narzissmus“ von 1914, insbesondere aber die Schrift „Trauer und Melancholie“ (1916-17g) voraus, in der er Introjektions- und Internalisierungsvorgänge erläuterte. 1926 stellte Sigmund Freud die These auf, dass das Ich aus Identifizierungen hervorgehe. Heinz Hartmann (1950) lokalisierte differenzierte Selbst- und Objektrepräsentanzen im System Ich. In Ergänzung von Anna Freuds Formulierung der „Entwicklungslinien“, die die psychosexuelle Entwicklung mit spezifischen Ängsten, Abwehrprozessen und Objektbeziehungen verbinden, und Hartmanns These einer undifferenzierte Ich-Es-Matrix, die sich aus ihrem eigenen angeborenen Potenzial in Interaktion mit einer „durchschnittlich erwartbaren Umwelt“ entwickelt, schrieb Erik H. Erikson ein Narrativ der psychosexuellen Entwicklung, das den Einfluss betont, den Beziehungen und Kultur auf die Entwicklung des Ichs ausüben. In Anlehnung an Freuds und Hartmanns Formulierungen beschrieb Edith Jacobson (1964) einen engen Zusammenhang zwischen den Mikrostrukturen der mit Affekten besetzten Welt innerer Repräsentanzen und den Makrostrukturen Ich und Über-Ich. Margaret Mahlers Beitrag (Mahler, Pine und Bergman 1975) warf Licht auf die progressive Individuation-Separation „auf dem Weg zur Objektkonstanz“, also zu stabilen Objektrepräsentationen. Beide Theorien haben einander wechselseitig beeinflusst. Peter Blos Sr ., einer der Pioniere der psychoanalytischen Adoleszenzforschung jener Zeit, arbeitete im selben konzeptuellen Bezugsrahmen wie Hartmann, Kris und Loewenstein, formulierte aber ergänzend eine originäre entwicklungspsychologische Perspektive, die speziell auf die herausragende Rolle der Regression in der Adoleszenz abhob. Anna Freud (1963) hatte die Regression bereits als einen notwendigen und häufig positiven Teil der Entwicklung erkannt. Hartmann (1939/ 1960) und Ernst Kris (1952) hatten ihr zudem eine wichtige Rolle im adaptiven Funktionieren des Erwachsenen zugeschrieben. Blos behauptete jedoch, dass „die adoleszente progressive Entwicklung von der Regression, ihrer Toleranz und ihrer Nutzbarmachung für die psychische Restrukturierung abhängig ist und sogar durch sie bestimmt wird“ (Blos 1971, S. 27). Später schrieb er (Blum 1978), dass Mahlers Wiederannäherungsphase (Mahler, Pine und Bergman 1975) vielleicht die einzige andere Phase in der gesamten Entwicklung sei, in der die Regression als Voraussetzung einer progressiven Entwicklung dient. Blos betonte, dass die Regression zwar zu verschiedenen Zeiten Teil der Entwicklung sein könne, in der Adoleszenz aber absolut notwendig sei, damit
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