Zurück zum Inhaltsverzeichnis
überhaupt eine Weiterentwicklung hin zur psychischen Trennung von den Eltern und zur Formierung des erwachsenen Charakters erfolgen könne. Blos (1967, 1979) beschrieb die Regression der Adoleszenz mit ihren spezifischen Eigenschaften als eine Regression im Dienste der Entwicklung und griff damit Kris’ Formulierung der Regression im Dienste des Ichs auf. Blos (1967) erklärte: „Die eigentümlichste und einzigartige Qualität der Adoleszenz ist ihre Fähigkeit, mit einer Leichtigkeit zwischen regressivem und progressivem Bewusstsein zu oszillieren, die in keiner anderen Phase des menschlichen Lebens ihresgleichen findet. Dies könnte die bemerkenswerten kreativen Leistungen dieser bestimmten Lebensphase erklären“ (S. 178). Blos (1967) erklärt, dass Jugendliche durch Trieb- und Ich-Regression frühere Konflikte und Traumata erneut erleben, ihnen aber nun mit erheblich erweiterten Ich- Fähigkeiten, aber ohne die Unterstützung durch das elterliche Ich, entgegentreten. In den meisten Fällen lassen die Ich-Fähigkeiten die tiefe Regression zu und schützen gleichzeitig vor einer fatalen Regression auf die undifferenzierte Stufe der Psychose. Die notwendige Regression reaktiviert frühe Traumata und ein Agieren früher, unbewältigt gebliebener präödipaler und ödipaler Konflikte sowie die damit verbundenen narzisstischen Verwicklungen (Blos 1972). Ein wachsendes Verständnis der frühen Objektbeziehungen , das zuerst in den Schriften von Hartmann (1939/1960) und René Spitz (1945, 1946) auffällt, und vor allem ein Verständnis der Bedeutung, die der Mutter für die Ich-Entwicklung zukommt (Mahler, Pine und Bergman 1975; Jacobson 1964), ging ebenfalls aus der Beschäftigung der psychoanalytischen Ich-Psychologie mit Fragen der Anpassung hervor. In den Vereinigten Staaten untersuchte, beschrieb und konzipierte man Details des adaptiven Ich-Funktionierens. Darüber hinaus bahnten diese Studien den Weg zum Verständnis von Beeinträchtigungen der Ich-Entwicklung, deren Kenntnis das Verständnis der Pathologie und Behandlung schwerer Charakterstörungen tiefgreifend beeinflusste. In diesem erweiterten Anwendungsbereich ist das integrative Denken Hans Loewalds (1960, 1962, 1974) und, auf andere Weise, Otto F. Kernbergs besonders relevant. Einen zeitgenössischen Anschluss an Eriksons Brückenschlag zwischen den individuellen und den kulturell-sozialen Aspekten der Entwicklung und der Rolle der Kultur für die Ich-Entwicklung bilden feminstische und Gendertheorien sowie die Auseinandersetzung mit Rassenfragen (Chodorow 2004, 1992; Leary 2000; Fogel 2006; Kulish und Holtzman 2003; Balsam 2013).
Man kann die moderne freudianische Weiterentwicklung des Konzepts der Entwicklungstransformation auch als eine spezifische Konzeptualisierung innerhalb
136
Made with FlippingBook - Online magazine maker