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nicht der Sprache an sich, sondern den Grenzen, an denen Sprache versagt. Das Unbewusste verrät sich durch die Spuren, die es hinterlässt, wenn es in Wörter eingeht, die uns begreifbar sind. Zudem entspricht seine Struktur rethorischen Figuren wie Metonymie und Metapher. Indem der Analytiker auf die Pausen, Lücken, Punkte und Parallelismen hört, hört er auf die Momente des „vollen Sprechens“ im „leeren Sprechen“ (im normalen sozialen Diskurs). Die freie Assoziation bringt die imaginären Identitäten hervor und ermöglich ihre Assimilation ins Symbolische. „Diese Setzung der Autonomie des Symbolischen lässt als einzige die Befreiung der Theorie und Praxis der freien Assoziation in der Psychoanalyse von ihren Zweideutigkeiten zu“ (Lacan 1986 [1966], S. 51). (Siehe auch den Eintrag DAS UNBEWUSSTE.) In Joseph Sandlers und Anna Freuds The Analysis of Defense: The Ego and the Mechanisms of Defense Revisited (1985), einer aktualisierenden Fortführung von A. Freuds Das Ich und die Abwehrmechanismen (A. Freud 1987 [1936]), erläutern die Verfasser die Entwicklung von der Betonung der freien Assoziation zur Betonung der Übertragung. Seinem Verständnis der Geschichte der Konzeptentwicklung entsprechend, schreibt Sandler (1992), dass die freien Assoziationen insbesondere vor der Formulierung der Strukturtheorie (Freud 1923b) verrieten, wie unbewusste Wünsche und Triebregungen „sich ihren Weg aus der Tiefe an die Oberfläche bahnen“ (S. 174). Ralph Greensons (1967) Beschreibung mannigfaltiger Widerstände gegen den freien Assoziationsprozess, z.B. freie Assoziation im Dienst des Widerstandes, wenn der Patient den Strom solipsistischer Assoziationen aufgrund des Zusammenbruchs bestimmter Ich-Funktionen Assoziationen nicht mehr stoppen kann. In solchen Situationen muss der Analytiker intervenieren, um solche Widerstände zu analysieren oder den Assoziationsstrom wieder in Gang zu bringen. Donald Winnicott s (1968) Auffassung, dass Kommunikation nicht mit dem Spracherwerb beginnt, sondern schon in der vorsprachlichen Interaktion (Wechselseitigkeit), weil die kindliche Fähigkeit, zu spielen und zu symbolisieren, der Verwendung von Sprache vorausgeht. André Greens (2001, 2002 [2000], 2005, 2006) analytischer Rahmen, konstituiert durch Neutralität, Abstinenz und freie Assoziation, und seine Unterscheidung zwischen einer „variablen Fraktion“ und einer „konstanten Fraktion“. Die konstante Fraktion entspricht der dialogischen „aktiven Matrix“, konstituiert durch die freie Assoziation des Patienten und die gleichschwebende Aufmerksamkeit / das Zuhören sowie die wohlwollende Neutralität des Analytikers. Die dialogische Matrix bildet den Kern der vom analytischen Paar vermittelten analytischen Aktivität. Die variable Fraktion dient als eine „schützende Schale“ der aktiven Matrix und entspricht dem Material, sekundären Dispositionen und Arrangements wie der Frequenz, der Position des Patienten und den verschiedenen Aspekten des analytischen Vertrags. Green (2005) schreibt: „Die aktive Matrix ist das in der Schale geborgene Juwel. Eines der bemerkenswertesten Phänomene des analytischen Sprechens ist die des Patienten
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