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des Konzepts können es im Sinne einer Sättigung anzureichern, so dass es keine weiteren Veränderungen mehr zulässt, ohne dadurch denaturalisiert, verwässert, zu werden. In derart verwässerter und entdifferenzierter Form wäre es ab einem bestimmten Punkt dann nicht mehr wiederzuerkennen. Von diesem Moment an daher die Erarbeitung eines neuen Konzepts in Erwägung zu ziehen. Emilio Rodrigué und Genevieve T. de Rodrigué (1966) haben sich nicht unmittelbar mit der freien Assoziation beschäftigt, aber das Konzept der Assoziation untersucht und in zwei Kategorien unterteilt: die „Scharade“ (Rätsel, Orakel, Hieroglyphe), eine Assoziation durch Ähnlichkeit, die eine Doppelbedeutung in sich birgt; und andererseits die „symbolische Assoziation“, in der zwei Ebenen des psychischen Geschehens miteinander verbunden werden: Ebene A, Ubw, bewegt sich zu Ebene B, Bw. Die freie Assoziation beinhaltet zwei Assoziationsebenen. Diese Unterscheidung entspricht Lacans Verständnis der Metapher (Ähnlichkeit) und der Metonymie (Kontinuität) im Rahmen seines Postulats, dass das Unbewusste wie eine Sprache strukturiert sei. Heinrich Racker (1966) erläutert in seinem Buch über die psychoanalytische Technik, dass die behandlungstechnischen Grundprinzipien, u.a. die freie Assoziation, in ihrer Formulierung und in ihrer Anwendungsweise variieren können. Gleiches gilt für die Reaktionen des Patienten. Racker betont aber, dass die freie Assoziation, die Freud konzipierte, um Unbewusstes bewusst zu machen, trotz Variationen und Unterschieden weiterhin dasselbe Ziel verfolgt. In „Psycho-analysis of the psycho-analytic frame“ postuliert José Bleger (1967) zwei Settings (enquadre , ins Englische zuerst mit „frame“ übersetzt, später [Bleger 2013, S. xlif.] mit Setting ) , nämlich eines, das vom Analytiker vorgegeben und aufrechterhalten und vom Patienten bewusst akzeptiert wird, und ein weiteres Setting des Patienten, der seine „Phantomwelt“, d.h. seine unbewussten Phantasien, darauf projiziert, was ihn schließlich veranlasst, das Setting des Analytikers entweder zu durchbrechen oder suchtartig zu befolgen. Bleger charakterisiert das Setting auch als einen „perfekten Wiederholungszwang“ (S. 242), seine strenge Befolgung des Settings als eine „Sucht“, die es zu deuten gilt (S. 245), als „Ergebnis einer äußeren Anpassung an die Institution“ sowie als den regressivsten und psychotischsten Teil aller Patienten jeden Typs (S. 246). (Siehe auch den Eintrag SETTING) Horacio Etchegoyen (1986) hat dem psychoanalytischen Vertrag in seinem Buch “The Foundations of Psychoanalytic Technique” ein Kapitel gewidmet, in dem er die Bedeutsamkeit der Grundregel betont. Die freie Assoziation muss eine großzügige Einladung, frei zu sprechen, und eine Aufforderung sein, Widerstände zu überwinden. Sämtliche Aspekte des Vertrags müssen, so Etchegoyen, von Anfang an klar und fair sein und mit zunehmender Strenge beachtet werden. Anpassungen an den individuellen Patienten dürfen nicht gegen die Regel verstoßen. Er unterscheidet zwischen verschiedenen Bedeutungen der Grundregel der freien Assoziation: Ein Psychopath versteht sie womöglich dahingehend, dass „es ihm frei steht, zu sagen, was
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