Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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verstehen. Möglicherweise zeigt sich, dass das Über-Ich unintegriert ist (Ticho 1972); auch eine Abwehr, die Schuldgefühle durch rebellisches Verhalten auszulöschen versucht, nämlich das Ungeschehenmachen, kann vorherrschen. Bei manchen Patienten kann eine Technik, die Licht auf die gegen strenges Über-Ich-Funktionieren gerichteten Abwehroperationen wirft, z.B. eine „Konfrontation“ (Compton, Reporter 1975), zur Erklärung des Ungeschehenmachens (eines Verstoßes gegen die eigenen Werte), der Hemmung der Urteilskraft und/oder des Provozierens einer Bestrafung führen (Freud 1916-17f). Patienten mit Über-Ich-Defiziten („antisoziale Persönlichkeiten“) und einer nur minimalen Fähigkeit, Schuldgefühle zu empfinden, können hingegen unbehandelbar (Blackman & Dring 2016) oder nur eingeschränkt und mit besonderen Vorkehrungen behandelbar sein (Kernberg 1992, 2007). Die heutige Ich-Psychologie widmet sich Konflikten und/oder spezifischen Entwicklungsdefiziten der Ich- und Über-Ich-Funktionen und ermöglicht auf diese Weise eine Individualisierung der Diagnose und der Behandlung. Mannigfaltige Feedback-Schleifen werden dabei ins klinische Setting integriert.

III Bf. Auftauchende Entwicklungen

III Bfa. Psychoanalytisches Denken entwickeln In seinem 2013 erschienenen Buch „Creating a Psychoanalytic Mind“ beschreibt Fred Busch (2013) eine Veränderung in der Beziehung des Patienten zu seinem eigenen Denken und Fühlen als den eigentlichen Heilungsprozess. Mit der Entwicklung des psychoanalytischen Denkens - einer psychoanalytischen Sensibilität oder Geneigtheit - erwirbt der Patient die Fähigkeit, aus der Unvermeidlichkeit des Handelns eine Möglichkeit der Reflexion zu machen. Es ist eine enorme psychische Leistung, das eigene Fühlen und Denken als Tummelplatz für Motivationen zu betrachten, statt lediglich als eine Repräsentation der Realität. Vor allem aber kann dies von der Sklaverei des Wiederholungszwangs befreien. Dieser Auffassung zufolge weist psychoanalytisches Denken den Weg zu einem tieferen Verständnis des Selbst durch das eigene Fühlen und Denken – die Essenz dessen, was die Psychoanalyse anbietet. Busch beschreibt eine spezifische Methode, die zu klären hilft, wie dies geschieht, und die Methoden, dies zu erreichen . Grob zusammengefasst, konzentriert sich der basale Paradigmenwechsel der psychoanalytischen Methode auf das von Ogden so genannte „ Nachdenken über das Denken “. Er hat es uns ermöglicht, die einzigartige Weise, wie Patienten kommunizieren oder versuchen, nicht zu kommunizieren, besser zu verstehen. Die wesentlichen Veränderungen der klassischen Methode lassen sich wie folgt charakterisieren: 1. Arbeit mit erfahrungsnahem Material ; 2. Dem Patienten helfen zu lernen, wie er seine eigenen inneren Vorgänge kennenlernen kann, ist genauso wichtig

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