Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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„Zwei-Personen-Prozess“, der aber einem „ Eine-Neurose “-Modell der Behandlung entspricht (ebd., S. 1038). Zu den für die Intersubjektivität relevanten Interessensgebieten heutiger freudianischer Psychoanalytiker zählen das unbewusste Teilen von „Bewusstseinszuständen“ (Libbey 2011), bi-direktionale unbewusste Einflüsse und der inter-psychische Bereich (McLaughlin 2005), des Weiteren Untersuchungen des von Patient und Analytiker erzeugten Feldes, die sich auf Ogden (1994) sowie Baranger und Baranger (2008) stützen, das Enactment (Ellman & Moskowitz 1998, 2008), das „Enaction“-Konzept (Reis 2009) und anderes mehr. III. Acb. Intersubjektivität in der nordamerikanischen post-kleinianischen und post- bionianischen Theorie James Grotstein (1985, 1999, 2005) entwickelte Bions Denken weiter, interpretierte es neu, nahm Gedanken lateinamerikanischer und italienischer Autoren auf und erarbeitete eine integrationistische Version der Intersubjektivität. Sie beruht auf der unbewussten Kommunikation und auf einer zweigleisigen Entwicklung, die sich im psychoanalytischen Diskurs manifestieren. Seine intrasubjektiven, intersubjektiven und transsubjektiven Konzeptualisierungen wurzeln metapsychologisch in der Alterität „des anderen“ Subjekts sowie des Unbewussten und des Primärprozesses und werden phänomenologisch klinisch beobachtet und erfahren. Ein Beispiel ist sein Konzept der „projektiven Transidentifizierung“. Ausgehend von Freuds Beobachtung: „Es ist sehr bemerkenswert, daß das Ubw eines Menschen mit Umgehung des Bw auf das Ubw eines anderen reagieren kann” (Freud 1915, S. 293), und einer Neuinterpretation von Bions und Kleins Konzeptualisierungen, vertritt er die These: „Bei der intersubjektiven projektiven Identifizierung geht es nicht nur wie in Kleins Theorie der projektiven Identifizierung um eine unbewußte, omnipotente, intrapsychische Phantasie (die sich lediglich im Unbewußten des projizierenden Subjekts abspielt), sondern noch um zwei weitere Vorgänge: (1) bewußte und/oder vorbewußte Modi der sensomotorischen Induktion und/oder Evozierung oder Techniken seitens des projizierenden Subjekts, um beim anderen etwas auszulösen (mental, körperlich, verbal, durch Posieren oder Anstoßen, »ihn zu etwas bringen«), worauf (2) beim aufnehmenden Objekt, das bereits inhärent für eine empathische Reaktion ausgestattet (programmiert) ist, eine spontane empathische Simulation des Erlebens des Subjekts erfolgt“ (Grotstein 2006 [2005], S. 162). Hatte Bion Kleins pathologische projektive Identifizierung in den Bereich der kommunikativen projektiven Identifizierung hinein erweitert, so erweiterte Grotstein Bions Konzepte, die kommunikative projektive Identifizierung inbegriffen, in den intersubjektiven Bereich hinein. Ein anderer Theoretiker, der sich mit der intersubjektiven Dimension unbewusster Kommunikation beschäftigt, ist Lawrence Brown (2011). Er integriert

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