Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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Aufdecken von etwas dar, das in der Psyche schon vorhanden ist, sondern ist ein Prozess, eine Aktivität. Hier wird die interpersonale, relationale oder intersubjektive Dimension der Erfahrung erreichbar: Die Erfahrung, die in der analytischen Dyade formuliert werden kann, ist eine Funktion der Beschaffenheit der Beziehung zwischen den beiden Beteiligten. Welche Möglichkeiten den sich verändernden Inhalten des Bewusstseins offenstehen, hängt von der gleichermaßen wechselhaften Natur des interpersonalen Feldes ab. Das Feld ist hier eine gemeinsam geschaffene Konfiguration der Bezogenheit , ein soziales Medium, das aus der bewussten und unbewussten Involviertheit und Überschneidung zweier Subjektivitäten – einschließlich der Interaktionen dessen, was in anderen Traditionen als innere Objekte bezeichnet wird – hervorgegangen ist. Die Teilnehmer des Feldes müssen sich der Einflüsse, die es auf sie ausübt, nicht unbedingt bewusst sein; dies hängt zumindest partiell von den Konsequenzen ab, die das Bewusstsein nach sich zöge. Ähnlich wie das analytische oder intersubjektive Dritte (Ogden 1994; Benjamin 2004) oder Samuel Gersons (2004) relationales Unbewusstes ist das Feld eine Konfiguration von Einflüssen, die dem klinischen Prozess pausenlos seine spezifische, sich laufend wandelnde Form und Beschaffenheit verleihen. Das Feld verbindet zwei Subjektivitäten, ist aber beileibe keine bloße additive Kombination von Einflüssen, sondern eine unverwechselbare Kreation, eine neue, sich pausenlos verändernde Gestalt , welche die sich wandelnden augenblicklichen Zustände der Bezogenheit von Patient und Analytiker ausdrückt und repräsentiert. Breiter als Übertragung-Gegenübertragung , beinhaltet das Feld die Einflüsse, die der gesamte, aus der wechselseitigen Involviertheit der beiden Beteiligten hervorgehende Nexus der Affekte, Motive und Intentionen, Gedanken, Protogedanken, sinnhaltigen Verhaltensweisen, Metaphern und Phantasien auf sie beide ausübt. Durch die Art und Weise, wie das Feld in jedem einzelnen Moment zusammengesetzt ist, werden manche ungebetenen Erfahrungsäußerungen ermuntert und andere unterbunden. Die Komposition des Feldes entsteht durch die Interaktion der Selbstzustände der Beteiligten und ist daher in ständigem Fluss. Wenn sich die Selbstzustände in responsiver Reziprozität mit den Selbstzuständen des jeweils Anderen verändern, verändert sich das gesamte Feld (Bromberg 1998, 2006). „Das interpersonale Feld bleibt ein Konzept, es ist keine Erfahrung “ (Stern 2013c, S. 233). Erfahrungsnäher formuliert, sind Veränderungen des Feldes Veränderungen der Möglichkeit für Bezogenheit – d.h. Veränderungen der Art und Weise, wie Bezogenheit unterstützt und behindert wird. Wir „kennen“ das Feld nur selten. Meistens weckt es unsere Aufmerksamkeit erst durch das, was wir an Einflüssen von ihm spüren oder fühlen . Ausdrücklich über das Feld nachzudenken setzt bewusstes Bemühen voraus, ein Bemühen, das aufzubringen außer Psychotherapeuten und Psychoanalytikern nur wenige Menschen einen Grund haben; und es gibt zahlreiche Umstände oder Aspekte des Feldes, die noch nicht einmal die Möglichkeit eines solchen Nachdenkens zulassen. Auf der phänomenologischen Ebene fallen Patient und

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