Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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repräsentiert. Für den Phobiker ist die Angst notwendig und strukturgebend und wird deshalb hartnäckig aufrechterhalten. Sie macht das Leben des Phobikers aus, ist sein eigentliches „begleitendes Objekt“. Die Aussage, dass die Objekte austauschbar seien, bedeutet nicht, dass sie sich nicht voneinander unterscheiden. Die Austauschbarkeit betrifft die Ebene ihrer Funktion. Der Verlauf der Phobie ist eine Exhibition von Begrenztheit, Verstümmelung und Kastration. Der eigentliche Begleiter des Phobikers ist die Angst, und sie ist das Objekt. VI. Ak. Uruguay: Weibliche Entwicklung unter objektbeziehungstheoretischem Blickwinkel In Uruguay wurden die Hypochondrie und die weibliche Entwicklung von einer Autorengruppe mit enger Beziehung zur Arbeit der Barangers unter einer objektbeziehungstheoretischen Perspektive erforscht. Unter Berufung auf allgemeine Beobachtungen und die psychoanalytische Erfahrung beschrieben Madeleine und Willy Baranger, Aida Fernández, Mercedes F. de Garbarino, Selika A. de Mendilaharsu und Marta Nieto (1964) die universale Präsenz von Störungen des hypochrondrischen Typs als spezifisches Merkmal der weiblichen Entwicklung. Diese Störungen hingen vor allem mit den Sexualfunktionen zusammen. Im Zentrum dieser Störungen, die einem spezifischen Typ der „Verwirrtheitsangst“ entsprechen, steht offenbar die „Kloakenphantasie“. Die Kloake wird als eine Mixtur undifferenzierter Inhalte empfunden, die sämtlichen Ebenen der Triebentwicklung entsprechen (körperliche Substanzen, Teilobjekte usw.). In bestimmten Fällen reagiert das Ich, indem es die „Kloake“ innerhalb eines Körperschemas isoliert und sie als einen abgetrennten, in einer „Hülle“ verpackten Kern behandelt. Ausdruck dessen ist die Phantasie, eine „Tasche“ oder eine „Zyste“ zu haben. Eine häufige Angstabwehr, die zu einer „hypochondrischen Zyste“ führt, ist die Überzeugung, einen „Gespensterpenis“ zu besitzen – ebenfalls eine Veränderung des Körperschemas, die dazu dient, die hypochondrische Angst zu verleugnen. Die „hypochondrische Zyste“ scheint mit dem „weiblichen Masochismus“, einer stark ausgeprägten Hauterotik, einem „Narzissmus“ der Frauen und mit ihrem Exhibitionismus zusammenzuhängen. Sie wird normalerweise mit der Mutterschaft überwunden, kann aber umgekehrt auch zu Schwierigkeiten mit der Mutterschaft beitragen. Auftreten kann sie im Zusammenhang mit sämtlichen psychischen oder psychosomatischen Pathologien der weiblichen Sexualität. Marta Nieto (1960) schrieb über die Beziehung zwischen zwangsneurotischer und hypochondrischer Abwehr. Ihr hochdifferenziertes System von Annahmen, Thesen und Schlussfolgerungen enthält auch das Konzept der Hypochondrie, das eine Vielfalt von Phänomenen umfasst, denen der körperliche Ausdruck der Beziehung zu inneren, im Körper befindlichen Objekten gemeinsam ist. Ihre Untersuchungen ermöglichen ein umfassenderes Verständnis der Zwangsneurose, das in erster Linie auf einem breiteren analytischen Konzept der – auch phantasmatischen – Ausstoßung-Retention von Objekten vermittels jeder Zone, also nicht nur des Anus („schmutziger Mund“, „schmutziger Blick“ usw.), beruht und in zweiter Linie auf der Anerkennung der

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