Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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III. Bg. (Andere) Verwendungen des Begriffs in weiteren Konzeptualisierungen innerhalb der nordamerikanischen Psychoanalyse III. Bga. Entwicklungstransformation Im Allgemeinen spiegelt das Konzept der „Entwicklungstransformation“ [developmental transformation] als eines der Hautpkonzepte epigenetisch konzeptualisierter zeitgenössischer psychoanalytischer Entwicklungstheorie die innere Fähigkeit wider, lebenslang Erfahrung zu organisieren und zu reorganisieren und neue psychische Strukturen und Bildungen zu konsolidieren und zu rekonsolidieren. Im Unterschied zu anderen Veränderungsmodi, die aus allmählicher Progression und quantitativen Modifizierungen resultieren, wird die Entwicklungstransformation als eine neue Weise der Organisation vorgängiger Komponenten definiert (Olesker 2011). Ein so allgemein definiertes Konzept der Entwicklungstransformation ist für eine große Bandbreite nordamerikanischer Analytiker – von den zeitgenössischen Freudianern bis zu den Selbstpsychologen – von Interesse. „Entwicklungstransformation“ Das Konzept ist Erbe der Studien über die komplexe Natur der psychosexuellen (Freud 1905) und psychosozialen (Erikson) Entwicklung einschließlich Freuds Transformation des Lust-Ichs ins Realitäts-Ich (1911), der Umschrift von Erinnerung und der Transformation von Bedeutung in der Nachträglichkeit (1895, 1918), der Transformation traumatischer Affekte in Signalaffekte (1926), Eriksons altersspezifischer Krisen (1950, 1956, 1984) als Erweiterung des embryologischen Konzepts der Epigenese (sukzessive Bildung vollkommen neuer Strukturen) auf die Beziehungen des Selbst zu Anderen während der gesamten Lebensspanne sowie Anna Freuds (1963) Entwicklungslinien u.a.m. Ein Beispiel für die zweite Generation der Erforschung der Entwicklungstransformationen der Triebe und des Affektlebens ist der Bereich der Transformation traumatischer Angst in Signalangst. Nach dieser Sichtweise, zuerst von Schur (1955) und schließlich von mehreren Autoren (Engel 1962; Schmaele 1964; Krystal 1974, 1985) vertreten, werden die Affektvorläufer epigenetischen Entwicklungstransformationen unterzugen, u.a. der Desomatisierung, Differenzierung und Verbalisierung. Auf diese Weise werden Affekte als Signale nutzbar. III. Bgaa. Zeitgenössische freudianische Formulierung der Jack Novick (1999) und Kerry K. Novick (1991, 1992, 1994, 2001) haben die facettenreiche Beziehung zwischen Trauma, Erinnerung, Nachträglichkeit mit Blick auf postödipale Entwicklungen der Latenz und Adoleszenz untersucht und das Konzept der Nachträglichkeit daraufhin neuformuliert. Demgemäß bedeutet Nachträglichkeit, dass die „Vergangenheit die Gegenwart transformiert und von ihr transformiert wird“, wobei mit jeder Entwicklungsphase etwas Einzigartiges auftaucht, das frühere

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