IHK-Global Business Ausgabe 05/2022

FRANKREICH

Windmühle eingeweiht. Im Bereich der Offshore-Wind- energie gibt es in den kom- menden Jahren ein enormes Potenzial. Dadurch werden sich gerade in diesem Indus- triebereich für Unternehmen aus Baden-Württemberg interessante Wachstumschan- cen ergeben. Gute Chancen bestehen auch in anderen Sektoren: Medizintechnik und Pharma, Baugewerbe und Gebäudetechnik, Luft- und Raumfahrt, Chemie, Automa- tisierung und Elektronik. Für all diese Bereiche sehen wir eine rege Investitionstätigkeit und eine dynamische wirt- schaftliche Entwicklung. Frankreichs Corona-Aufbau- programm „France Relance“ umfasst 100 Milliarden Euro: 30 Milliarden Euro für Nach- haltigkeit und ökologische Transformation, 34 Milliarden Euro zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und 36 Milliarden Euro zur Stär- kung des Zusammenhalts. Welchen Beitrag können deutsche Unternehmen leisten und wie können Sie sich an Förderprogrammen beteiligen? Brandmaier: Deutsche Unternehmen sind bereits an allen drei Säulen beteiligt. Bei den neuen Technologien gibt es bereits Marktchancen, die von deutschen Unternehmen genutzt werden. Außerdem bestehen schon Industrie- und Technologieinitiativen zwischen Deutschland und Frankreich wie etwa bei der Entwicklung der Batteriezelle für Elektroautos, im Bereich der künstlichen Intelligenz oder beim Wasserstoff. Hier entwickeln sich Koopera- tionen in unterschiedlichen Technologiebereichen, von denen deutsche Unterneh- men sicherlich profitieren können.

genommen wurden. Es besteht seitens der Regierung der Wille, die neu gewonnene Attraktivi- tät Frankreichs, die auch im Programm „Choose France“ zum Ausdruck kommt, weiter zu steigern. Ein prominenter Hebel dazu ist die auch im Wahlkampf vielfach diskutier- te Rentenreform. Derzeit gibt es in Frankreich viele unter- schiedliche Rentensysteme, je nach Berufsgruppen und Sektoren. Macron denkt an ein Rentenmindesteintrittsalter von 65 Jahren und möchte die verschiedenen Rentenver- sicherungssysteme vereinheit- lichen. Das würde in Summe die Lohnnebenkosten und die Investitionskosten für Unter- nehmen positiv gestalten und weiter zur Attraktivität Frankreichs beitragen. Bezüglich der 35-Stunden- woche hat Macron im Wahl- kampf nichts gesagt. Wir gehen davon aus, dass die 35-Stunden-Woche weiterhin gesetzt bleibt und dass man Ressourcenschonende Lösungen für Frankreichs Gesundheitssektor IHK-Geschäftsanbahnungs- reise vom 5. bis 7. Oktober 2022 nach Paris: Tragen Sie mit Ihren nachhaltigen Lösungen zur Modernisierung von Frankreichs Gesundheitsein- richtungen und zur Beschleu- nigung der französischen Energiewende bei. Frankreichs Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime bieten Anbietern von ressourcenschonenden Lösungen großes Absatz- potenzial. Erfahren Sie mehr zur IHK- Geschäftsanbahnungsreise unter ihk-exportakademie. de/fr-gesundheit

Und die Wettbewerbsfähigkeit?

Brandmaier: Bestandteil dieses 30 Milliarden-Pakets ist unter anderem die Senkung der Produktionssteuern. Dies erhöht die Attraktivität Frank- reichs als Investitionsstandort. Deutschland war 2021 mit den meisten Investitionsprojek- ten größter Direktinvestor in Frankreich. Die Maßnahmen, die die Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs als Industrie- standort Frankreichs ver- bessern, werden auch künftig Chancen für deutsche Unter- nehmen und Investoren in Frankreich bieten. Zu den Maßnahmen zur Stärkung des Zusammen- halts zählt die Förderung der beruflichen Ausbildung. Bei- spielsweise können für duale Ausbildungsgänge staatliche Zuschüsse in Anspruch ge- nommen werden. Diese Töpfe stehen auch deutschen Unter- nehmen, die in Frankreich angesiedelt sind, offen. Unternehmen beklagen hohe Abgaben und die Rahmen- bedingungen. Wird die neue Regierung die Spielregeln für Investoren attraktiver gestal- ten, beispielsweise mit Blick auf Unternehmensbesteue- rung, Sozialabgaben oder die 35-Stunden- Woche? Brandmaier: Frankreich hat die Rahmenbedingungen bereits angepasst. Neben der bereits erwähnten Senkung der Körperschaftssteuer und der Produktionssteuern gab es zudem eine Senkung der Lohn- nebenkosten. Die Arbeitslosig- keit ist seit 2017 von mehr als zehn auf jetzt sieben Prozent gesunken, das ist fast schon ein Allzeittief. Diese positiven Entwick- lungen lassen sich zu einem Gutteil auf die Reformen zurückführen, die unter der Präsidentschaft Macrons vor-

Deutsche Unternehmen in Frankreich 2021: 48 PROZENT mehr Investitionen als 2020, d.h. 297 Neuansiedlungen oder Standort- erweiterungen 4500 Tochter- unternehmen 320.000 Arbeitsplätze

Was hat er vor? Frankreich ist drittwichtigster Absatz- markt für baden-württembergische Unter- nehmen. Französische Kunden kauften 2021 Waren im Wert von 17,2 Milliarden Euro - und damit so viel wie nie zuvor. Welche Wirtschafts- politik wird der wiedergewählte Präsident fahren - und was heißt das für deutsche Unternehmen? Dazu sprachen wir mit AHK-Geschäftsführer Patrick Brandmaier.

schen Unternehmen ablesen kann, die in Frankreich tätig sind und auch weiterhin inves- tieren und sich vergrößern. Welche Branchen profitieren von der Fortsetzung der Poli- tik durch Emmanuel Macron? Brandmaier: Das sind alle Branchen rund um klassische Anlagegüter. Im Zusammen- hang mit der Energiewende werden auch Unternehmen profitieren, die Lösungen in den Bereichen Energietechnik und regenerativen Energien anbieten. Hier will Frankreich in der neuen Legislaturperio- de einen großen Schritt nach vorne machen. Erst letzte Wo- che wurde die erste Offshore-

Dazu haben zwei konkrete Maßnahmen beigetragen: Die Körperschaftssteuer wurde im Vergleich zu 2017 von 33 auf 25 Prozent gesenkt. Auch die Produktionssteuern wurden merklich reduziert. Diese positive Dynamik hat dazu beigetragen, dass Deutschland sich im vergangenen Jahr mit rund 300 Projekten und 8.000 geschaffenen Arbeitsplätzen zum größten Direktinvestor entwickelt hat. Jeder vierte hier von Direktinvestoren ge- schaffene Arbeitsplatz stammt von einem deutschen Unter- nehmen. Dies zeigt, dass sich die von Macron angestrebte Reindustrialisierung einstellt, wie man an der Zahl der deut-

Emmanuel Macron wurde für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt. Auf was sollten sich deutsche Unternehmen bei ihrem Frankreich-Geschäft einstellen? Patrick Brandmaier: Auf Kontinuität mit einer posi- tiven Dynamik. Die letzten fünf Jahre waren für deutsche Unternehmen in Frankreich gute Jahre. 2021 hatten wir mit 164 Milliarden Euro ein sehr hohes Handelsvolumen zwischen beiden Ländern, ein kräftiges Plus von 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen, die in Frankreich investieren, haben sich deutlich verbessert.

Deutsche Unter- nehmen profitieren vomWirtschafts- kurs Emmanuel Macrons. Sie inves- tieren u.a. in Pro- duktion, Forschung und Services in Sektoren wie Mo- bilität, Gesundheit und ökologischen Wandel.

4

5

IHKGlobal Business 05/2022

IHKGlobal Business 05/2022

ihk.de/rhein-neckar

ihk.de/rhein-neckar

Made with FlippingBook Learn more on our blog