03-2019 D

...ganz persönlich:

EDITORIAL

Einsatz im ausland – WIESO?

«Freiwillig,

ja, aber…»

2000 Zeichen habe ich zur Verfügung, hat es geheis- sen. Auf der zweiten Seite. Pole-Position sozusagen. Eine Ehre eigentlich.Wenn da nur nichts schief geht … Die Frage: Warum bin ich hier, in Westafrika? Aus Aben- teuerlust? Bin ich davongelaufen? Ich erinnere mich noch deutlich an den Abend, an dem ich mich in einem intensiven Gebet dafür entschied, meine Zeit bewusst für Gott zu investieren. Ich hatte zuvor nie wirklich den Mut gehabt, das so festzumachen. Und an diesem Abend war es, als wenn Gott zu mir sagen würde: «Ich habe dich mit allem ausgerüstet, was du brauchst. Du bist bereit.» Und ich fühlte mich tatsächlich auch bereit – also nichts wie los! Kurzerhand meldete ich mich bei SAM global für einen Einsatz. Nur um Afrika machte ich gedanklich einen grossen Bogen; ich würde es gar nicht erst thematisieren und sass ja wohl am längeren Hebel, wenn es ummeinen Einsatzort ging. Ich sah mich in der «freiwillig, ja, aber ...»-Kategorie und hatte hinsichtlich des Angebot-Nachfrage-Verhältnisses von Kurzzeitern auch kein schlechtes Gewissen dabei. Da war sie, die gefürchtete Bitte… Geh dahin, wo du gebraucht wirst, flüsterte eine innere Stimme. Sei still, dachte ich, doch nicht mitten im Vorstel- lungsgespräch! In Asien gibt es bestimmt viele ... «Schön, dass du dich für Kambodscha interessierst, aber ... wir suchen dringend einen Lernhelfer in Guinea.» Ich schluckte. Da war sie, die Bitte, vor der ichmich gefürch- tet hatte. War ich nicht schon genug auf Gott zugegan- gen? Wäre nicht wenigstens ein Kompromiss möglich? Aber die Antwort war klar: Es ging hier nicht um mei- ne Wunschvorstellungen. Es ging um Gott und darum, mich von ihm brauchen zu lassen. Keine Sekunde bereut Seither ist viel passiert – und nicht eine Sekunde habe ich die Entscheidung bereut, nach Afrika zu reisen. Al- len Widrigkeiten zum Trotz hat Afrika auch seine schö- nen Seiten. Ich mag es, auf der Ladefläche des Pickups stehend über die rostbraunen und sandigen Holperpis- ten zu brausen. Ich mag die frischen Orangen, Bananen und Mangos. Ich mag inzwischen sogar Klara, unsere Ziege, und ich mag ... oha, die 2000 Zeichen sind schon fast aufgebraucht. Halb so schlimm. Wie wohl Ihre Liste aussehen würde?

Einsatz im Ausland – (k)ein Thema? In meiner Gemeinde war Mission bzw. interkul- turelle Arbeit nie wirklich ein Thema. Ich habe zwar durch Bücher und Berichte ab und zu mit- bekommen, dass da irgendwer irgendwo im Ausland irgendetwas tut, aber was genau und wieso überhaupt, das wusste ich nicht. Und noch viel weniger kam mir in den Sinn, dass mich das etwas angehen könnte. Diese inter- kulturellen Mitarbeitenden sind ja sowieso alles Übermenschen und speziell dafür Berufene und haben mit meiner Lebenswirklichkeit bestimmt wenig bis gar nichts zu tun. Schritt für Schritt ein verändertes Bild Bei SAM global gelandet bin ich eher per Zufall – es war eben gerade eine Stelle ausgeschrieben, die zu meinem Profil passte. Es dauerte dann auch eineWeile, bis ich wirklich verstand, was in- terkulturelle Arbeit bedeutet. Schritt für Schritt lernte ich die Projekte und unsere Mitarbeiten- den kennen. Und je länger ich hier arbeitete, desto mehr merkte ich: das sind ganz normale Menschen, die in unseren spannenden Einsatz- ländern etwas sehr Sinnvolles machen! Die dort insgesamt ziemlich normal leben und auf na- türliche Art und Weise das weitergeben, was sie wissen, können und glauben. Wieso denn nicht? Interkulturelle Arbeit ist für mich inzwischen nicht mehr etwas Ominöses irgendwo weit weg, sondern etwas Greifbares und sehr Natürliches. So stellt sich mir mehr und mehr die Frage: Wie- so sind wir eigentlich noch hier und nicht im Einsatz? Wie kann man sich angesichts der welt- weiten Situation nicht mit diesem Thema aus- einandersetzen und nicht zumindest darüber nachdenken, selber zu gehen? In diesem Focus erzählen verschiedene Mitar- beitende, weshalb sie im Einsatz sind. Manch- mal wurden sie klar und auf aussergewöhnliche Weise berufen – und manchmal war es ein ganz normaler und natürlicher Schritt.

Robert STEINER war ein Jahr lang als Kurzzeiter in Guinea und macht derzeit einen Einsatz in Kambodscha

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!

3/2019

Sarah BRÜHWILER, Kommunikation

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