IHK-Global Business Ausgabe 05/2023

EUROPA/ZENTRALASIEN

Was rollt alles Richtung Gren- ze? Gelangt Sanktionsware auf dem Umweg über Kasachstan nach Russland? Das Land will Güterwege genauer verfolgen.

KASACHSTAN Verschärfte Kontrollen bei Sanktionsumgehungen Kasachstan hat am 1. April 2023 ein obligatorisches elektronisches System zur Rückverfolgung von Waren in Betrieb genommen. Damit wollen die Behörden Re-Ex- porte westlicher Produkte, deren Lieferung nach Russland in den zehn Sanktionspaketen der Europäischen Union (EU) verboten ist, besser überwachen. Das neue Onlinesys- tem ermöglicht es, Bewegungen der Waren über die gesam- te Lieferkette auf dem Territorium der Mitgliedsstaaten der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) nachzuverfol- gen. Dazu werden an importierten Waren elektronische Siegel angebracht, deren genaue Position per Satellit verfolgt werden können. Zolldokumente für Strohmänner auszustellen und fiktive Absender oder Empfänger anzugeben, soll so verhindert werden. Das zentralasiatische Land nähert sich damit dem Kurs der EU an, die Umgehung der Russlandsanktionen unter Strafe zu stellen. Der Kreml steht im Verdacht, Halbleiter aus westlicher Technik auszubauen und in der Rüstungsindus- trie zu verwenden. Brüssel droht Drittländern, Unterneh- men und Einzelpersonen, denen nachgewiesen wird, dass sie Russland dabei helfen, sanktionierte Güter aus der EU zu beziehen, mit Sekundärsanktionen. Diesem Szenario will Astana proaktiv entgegenwirken. Anlass für den Verdacht der Sanktionsumgehung liefert der starke Anstieg kasachischer Ausfuhren nach Russland

im Vorjahr. Als Mitglied der EAWU, in deren Rahmen eine Zollunion besteht, kann Kasachstan unkompliziert Waren nach Russland liefern. Dabei gibt es auch andere Gründe, die den Anstieg der Ausfuhren nach Russland zumindest teilweise erklären. Einerseits gehen zahlreiche Lieferungen aus Europa nach Kasachstan über russisches Territorium. Dort werden sie teilweise nicht weitergeleitet, gelten aber auf dem Papier als kasachischer Import. Daneben kann es sich bei den Re-Exporteuren von sanktionierter Ware nach Russland um neu registrierte Händler mit russischem Hintergrund handeln, die vor der Mobilmachung nach Kasachstan ge- flohen sind. Außerdem spielt die geographische Lage des Landes eine entscheidende Rolle, denn die rund 7.650 km lange Grenze zu Russland ist die längste Landgrenze der Welt. Eine lückenlose Überwachung kann der kasachische Grenzschutz unmöglich leisten. GTAI/IHK

USBEKISTAN Schneller, günstiger, vernetzter: Der Traum vom Logistikhub in Zentralasien

Er führt vom südusbekischen Termiz bis zum nordpakis- tanischen Peschawar und soll das Land mit den pakista- nischen Häfen Karatschi, Gwadar und Quasim verbinden. Nach der Realisierung des Projekts würde sich die Dauer des Frachttransports von Usbekistan nach Pakistan von etwa 35 auf drei bis fünf Tage verkürzen. Die Kosten für den Bahntransport eines Standardcontainers von Tasch- kent nach Karatschi werden auf 1.400 bis 1.600 US-Dollar veranschlagt. Aktuell liegt die Frachtrate auf der Trasse Taschkent – iranischer Hafen Bender-Abbas mit 2.600 bis 3.000 US-Dollar deutlich höher. GTAI/IHK

Usbekistan ist dabei, grenzüberschreitende Koopera- tionen und eingefrorene Transportprojekte wiederzu- beleben. Das ist ein Kurswechsel in der Zusammenarbeit mit seinen Nachbarn. Das Interesse an alternativen Transportkorridoren kommt nicht von ungefähr: Das Land will sich als Logistikhub zwischen Süd- und Südostasien, Westeuropa, China und Russland etablieren sowie die Kooperation mit allen Ländern der Region intensivieren. Eines der Kernelemente der neuen Konnektivitätsini- tiative Usbekistans ist der mit Partnern aus Afghanistan und Pakistan geplante Transafghanische Bahnkorridor.

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