Toolbox Religion

Miteinander in multireligiösen Gruppen

Hinweise für Trainer/-innen

fasst, wenn Zuhörer/-innen glauben, sie würden beschuldigt oder bestraft, sofern sie nicht zustimmen. Daher ist es wichtig zu kommunizieren, dass die Zustimmung nur gewünscht ist, wenn sie aus freiem Willen gegeben wird. Gerade in religiösen Fragen und Diffe- renzen sind die richtige Wortwahl und der Ausdruck der eigenen Bedürfnisse von enormer Bedeutung. Das Ver- ständnis für die Sichtweise und die Emotionen des anderen wird ermög- licht, und durch die Formulierung von konkreten Bitten wird es dem/der Gesprächspartner/-in erleichtert, sein/ ihr Verhalten zu ändern. Ziel der gewaltfreien Kommunikation ist es nicht, den eigenen Willen durch- zusetzen und Menschen oder ihr Ver- halten zu ändern.

2 Gefühle Im zweiten Schritt geht es darum, die ei- genen Gefühle in der Konfliktsituation auszudrücken, um dem/der Gesprächs­ partner/-in zu vermitteln, welche Ge- fühle und eventuellen Verletzungen sei- ne/ihre Handlung oder Äußerung auslöst. 3 Bedürfnisse Der dritte Schritt besteht aus dem Er- kennen, Akzeptieren und Formulieren der Bedürfnisse, die hinter den Gefüh- len liegen. Was der andere sagt oder tut, kann ein Auslöser für Gefühle sein, nie jedoch deren Ursache. Als Reaktion auf Kritik gibt es meist vier Reaktionsmöglichkeiten: 1 sich selbst die Schuld geben, 2 anderen die Schuld geben, 3 die eigenen Bedürfnisse und Gefüh- le wahrnehmen, 4 die Gefühle und Bedürfnisse wahr- nehmen, die in der Negativaussage des anderen stecken. Anstatt in die Verteidigungshaltung zu gehen, ist es oft hilfreich, die Gefühle mit den Bedürfnissen in Verbindung zu bringen. 4 Bitten Im vierten Schritt geht es um die For- mulierung einer Bitte, die die Situation der Beteiligten verbessern könnte. Auch hierbei ist eine präzise Wort- wahl sehr entscheidend. Bitten wer- den allerdings als Forderungen aufge-

Goldwaage gelegt. Sobald sich ein/-e Gesprächspartner/-in verbal angegrif- fen fühlt, neigt er/sie dazu sich zu ver- teidigen. Das so entstehende Wortge- fecht bringt meistens keine Seite ihrem Ziel näher, sondern belastet oder zer- stört sogar die Beziehung der Gesprächspartner/-innen, die plötz- lich zu Gesprächs-gegner(inne)n ge- worden sind. Der Ansatz der gewalt- freien Kommunikation ist daher, die Konzentration auf die eigenen Bedürf- nisse und Gefühle zu lenken, die hin- ter den oft unbedachten Äußerungen liegen. Gewaltfreie Kommunikation basiert grundlegend auf vier Aspekten: 1 Beobachtungen 2 Gefühle 3 Bedürfnisse 4 Bitten 1 Beobachtungen Im ersten Schritt geht es um die Tren- nung von Beobachtung und Bewer- tung. Sobald eine verbalisierte Beob- achtung mit einer Bewertung vermischt wird, neigt der Zuhörende dazu, das Gesagte als Kritik zu nehmen und geht in eine Verteidigungshaltung. Beob- achtungen sollten daher konkret auf die Zeit und den Handlungszusam- menhang bezogen sein und sich auf eine reine Beschreibung der Situation konzentrieren.

viduell unterschiedlich sein. Eine kriti- sche und konfliktfreudige Diskussi - onskultur steht mitunter einem eher indirekten, Harmonie wahrenden Kommunikationsstil gegenüber. Auf- gabe des Betreuers oder der Betreue- rin ist es daher, Methoden auszuwäh- len, die allen Beteiligten einen angemessenen Raum zur Entfaltung und Teilnahme ermöglichen. Kommunikation und Konfliktlösung sind geprägt von Erfahrungen und vor allem der eigenen Haltung. Es gibt in Theorie und Praxis zahlrei- che gute Ansätze. Beispielhaft werden hier zwei Ansätze vorgestellt, welche für die Zusammenarbeit in interreligi- ösen Gruppen und die Haltung in Kommunikations- und Konfliktsituati - onen herangezogen werden können: 1) Marshall B. Rosenbergs „Gewalt- freie Kommunikation“ und 2) der Ansatz von „Betzavta“. Beide können – vor allem bei religiö- sen Themen, bei denen es kein „rich- tig“ oder „falsch“ gibt, sondern ein Abwägen und Verstehen von Bedürf- nissen im Mittelpunkt stehen – hilfrei- che gedankliche Anker und Instru- mente sein. Gewaltfreie Kommunikation 14 Gerade in sehr persönlichen Gesprä- chen oder Streitfragen zu Religion und Werten werden Aussagen oft auf die

Vielmehr geht es um den Aufbau von Kommunikationssituationen und Be- ziehungen, in denen die Bedürfnisse jedes und jeder Einzelnen geäußert und bestenfalls berücksichtigt werden.

14 Rosenberg, Marshall B. (2005): Gewaltfreie Kommunikation. Paderborn.

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