03-2017 D

Eine «Freundin mit viel Erfahrung»

Nachbarn vorgestellt. Sie hat stets offene Ohren für mich, fordert mich aber auch im- mer wieder heraus, Neues auszuprobieren.

Im Januar habe ich meine Klasse an meine Stellvertreterin überge- ben, meinen Untermieterinnen den Schlüssel in die Hand gedrückt, mei- ne Tasche gepackt und mich bereit- gemacht für mein neues Abenteuer: ein Einsatz inMacenta, Guinea! Als ich abreiste, war ich von Schnee und Mi- nusgraden umgeben – doch ein paar Flugstunden und eine durchgeschüt- telte Autofahrt später befand ich mich plötzlich im angenehm warmen Macenta. Hier unterrichte ich jetzt jeden Morgen die drei ältesten Kinder des Teams. Da- neben helfe ich einmal pro Woche bei einer Sportstunde mit bis zu 40 Kindern mit, unterstütze zwei einheimische Frau- en dabei, lesen zu lernen, spiele mit den Kindern aus dem Quartier, helfe bei der Versorgung der vielen Gäste auf der Sta- tion, betreue einen Bibellese-Klub mit Kindern aus der Nachbarschaft, suche auf dem Markt frische Kokosnüsse, Kar- toffeln und Auberginen, widme mich dem Haushalt, der hier ohne diverse Ge- räte doch etwas mehr Zeit benötigt … und geniesse je nach Saison die Ananas, Papayas, Mangos und Bananen, die di- rekt neben meinem Haus wachsen! Unser Team besteht aus Familie Leuen- berger, Familie Büchli, Martha Gafafer und mir. Wir leben alle gemeinsam auf einer Station. Jeder hat seine eigenen Zuständigkeitsbereiche und Projekte – das grosse Spital Centre Médical, die Jungschararbeit, die Sonntagsschule und so weiter, aber wir tauschen regel- mässig über unsere Arbeit aus. Da das Team relativ klein ist, fühlte ich mich von Anfang an dazugehörig und wohl. Zu einer besonders wichtigen Person für mich ist Martha geworden. Sie ist rund 31 Jahre älter als ich und seit 27 Jahren in Guinea. Sie hat mir von Anfang an viele praktische Tipps, Tricks und Hin- tergrundinfos weitergegeben, mich in das Leben hier eingeführt und mich den 27 Jahre Guinea-Erfahrung

als Single-Frau in Westafrika

Es ist enorm interessant, Martha zuzuhö- ren, wenn sie von ihren Erlebnissen hier berichtet. Oft beginnen ihre Augen zu strahlen und man spürt, wie sehr sie die Arbeit und die Guineer liebt. Für mich als Single-Frau ist es auch spannend, mitzu- erleben, wie sie ihr Leben als ledige Frau hier meistert. Durch unser Single-Dasein haben wir automatisch ein paar Gemein- samkeiten – wir wohnen beide alleine, ha- ben mehr Kapazität, um uns um Gäste zu kümmern, und auch immer wieder spon- tan Zeit, etwas miteinander zu unterneh- men, beispielsweise eine Shoppingtour auf dem Markt, gemeinsame Mahlzeiten, Abendspaziergänge, Besichtigungen im Spital, Gottesdienstbesuche … Für die Kinder im Team ist Martha wie eine Grossmutter. Fürs Team ist sie eine Berate- rin und eine Freundin mit viel Erfahrung, erzählt mir Sarah Büchli. Martha ist schon am längsten da, kennt die Leute, die Um- stände und die Kultur ambesten und weiss auch, wie sich die Dinge entwickelt haben, gerade im Spital. Diese Erfahrung, aber auch ihr praktisches Denken, ihr Flair für Gästebetreuung und ihre Art werden im Team von allen sehr geschätzt. Und für mich? Die Afrikaner haben mich schon gefragt, ob Martha meine Mutter sei. Doch viel eher als ein «Mutterersatz» ist sie eine gute Freundin geworden. Ich den- ke, das Alter ist dafür gar nicht so relevant. Grosi, Beraterin, Freundin …

Maria SCHMIDT, von Januar bis Juli 2017 Kurzzeiterin im ProESPOIR in Guinea

An dieser Stelle geben Kurzzeiter und Kinder von Mitarbeitenden etwas aus ihrem Leben weiter.

Martha GAFAFER

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