Berichte aus dem Deutsch-Japanischen Studienprogramm 2024 in Japan
Das mediale Umfeld junger Menschen: Herausforderungen und Lösungsansätze Berichte aus dem Deutsch-Japanischen Studienprogramm 2024 in Japan
Dokumentation
Inhaltsverzeichnis
Einleitung Torben Fischer-Gese
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Japan und der Versuch einer Balance zwischen Tradition und Moderne Martin Oberwetter
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Analog vs. Digital in der Kinder- und Jugendarbeit Eik Schmiljun
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Von GanztagsSCHULE zu kindgerechter und ganzheitlicher GanztagsBILDUNG Jennifer Vaupel
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Medienpädagogische Peer-to-Peer Projekte und der Safe Space Anne Rinn
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Best Practice in der Offenen Jugendarbeit? Analoge Zweitverwertung digitaler Spiele am Beispiel des RPG- Wörterspiels Kotodaman von Mixi Inc. 34 Robert Niemeier
Anime und Mangas – Jugendmedienschutz im Reich der Spiele
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Nicole Müller
„Lass mich nicht auf ungelesen!“ – Mobbing und andere Grenzverletzungen in sozialen Medien
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Matthias Felling
Selbstmord, Achtsamkeit und das Fediverse
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Torben Fischer-Gese
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Einleitung Torben Fischer-Gese
Völkerverständigung und -freundschaft durch internationale Begegnungen zu ermöglichen ist angesichts der aktuel- len Situation – den vielen kleinen und großen Konflikten weltweit – entscheidend, um die Basis für notwendige Kooperationen zu schaffen. Wir Menschen haben Techniken, Traditionen und Strukturen geschaffen, die zu einer Be- drohung für die Menschheit geworden sind. Im Bereich des Umweltschutzes z.B. müssen wir alle Lösungen finden und umsetzen, um die negativen Folgen der menschengemachten Erderwärmung abzumildern. Das Klima kennt keine Ländergrenzen. Ähnlich wie das Klima ist auch das Internet zu einem weltumspannenden Phänomen geworden, das das Potential hat, den Alltag von immer mehr Menschen negativ wie positiv zu beeinflussen. Genauso global wie die Anbieter von bestimmten Applikationen agieren und ihr Geschäftsmodell ausweiten, müssen wir in der Lage sein, die Folgen dieser Expansion auf globaler Ebene zu erfassen und zu steuern. Sowohl in Japan als auch in Deutschland spielen das Internet und die damit verbundenen Chancen und Herausforde- rungen in allen Gesellschaftsbereichen eine wichtige Rolle. Der Fachkräfteaustausch 2024 zum Thema: „Das mediale Umfeld junger Menschen“ legt den Fokus auf die Veränderungen und Methoden im Bereich der (non-formalen) Bil- dung im Kinder- und Jugendalter. Die vorliegende Dokumentation gibt Einblicke in den Fachkräfteaustausch zwischen Deutschland und Japan im Kon- text der Medienpädagogik. In einer zunehmend digitalisierten Welt, in der mediale Inhalte immer mehr an Bedeutung gewinnen, stehen beide Länder vor ähnlichen, aber auch unterschiedlichen Herausforderungen. Wichtige Themenfel- der wie Cybermobbing und Medienbildung prägen den pädagogischen Diskurs und erfordern länderübergreifende Ansätze, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Besonders der Umgang mit Cybermobbing, das in beiden Ländern zunehmend besorgniserregende Ausmaße annimmt, ist ein zentrales Thema. Hierbei geht es nicht nur um den Schutz von Jugendlichen, sondern auch um die Frage, welche pädagogischen Maßnahmen ergriffen werden können, um die- ses Phänomen frühzeitig zu verhindern. Ein weiterer Schwerpunkt der Dokumentation liegt auf der Medienbildung. Sowohl in Deutschland als auch in Japan zeigt sich, dass digitale Kompetenzen für junge Menschen unverzichtbar sind, um sich in einer komplexen, vernetzten Welt zu orientieren. Es werden die strukturellen Bedingungen beider Länder beleuchtet, die sich sowohl in der schu- lischen als auch in der außerschulischen Medienbildung teilweise stark ähneln, aber auch deutliche Unterschiede aufweisen. Diese Unterschiede bieten die Chance, voneinander zu lernen und Ansätze auszutauschen, um die jeweili- gen Bildungssysteme weiterzuentwickeln. Ein zentrales Thema, das die Diskussion prägt, ist die Rolle global agierender Internetunternehmen. Diese Unterneh- men beeinflussen nicht nur die Medienlandschaft, sondern auch die Art und Weise, wie mediale Inhalte produziert, konsumiert und vermittelt werden. Sowohl Deutschland als auch Japan stehen vor der Herausforderung, einen ange- messenen Umgang mit diesen globalen Akteuren zu finden, die nationale Rahmenbedingungen oft überschreiten. Der Sammelband beleuchtet, welche pädagogischen und politischen Maßnahmen notwendig sind, um Kinder und Jugend- liche in einer zunehmend globalisierten Medienwelt zu schützen und zu befähigen. Durch den interkulturellen Austausch bietet dieser Fachkräfteaustausch wertvolle Einblicke in die Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Länder und trägt somit zur Stärkung der Völkerverständigung zwischen Deutschland und Japan bei.
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Japan und der Versuch einer Balance zwischen Tradition und Moderne Martin Oberwetter Japan gilt weltweit als ein Land, das es geschafft hat, hochentwickelte Technologien zu entwickeln und diese gesell- schaftlich zu integrieren, während es gleichzeitig seine tief verwurzelten kulturellen und sozialen Traditionen bewahrt hat. Japan ist ein globaler Vorreiter in vielen technologischen Bereichen, von der Elektronik und Robotik bis hin zur Auto- mobilindustrie und künstlichen Intelligenz. Unternehmen wie Sony, LINE, Panasonic und Toyota, sind Symbole für Japans technologische Leistungsfähigkeit und Innovationskraft. Die rasche Integration von neuer Technik in den Alltag der japanischen Bevölkerung ist ein Beweis für die hohe Akzeptanz und das Vertrauen in technologische Fortschritte. Beispiele wie die weitverbreitete Nutzung von Robotern in der Pflege oder das extensive Hochgeschwindigkeitseisen- bahnnetz (Shinkansen) zeigen, wie tief diese in das tägliche Leben der Japaner integriert ist. Gleichzeitig ist Japan bekannt für seine tief verwurzelten kulturellen Werte und Traditionen. Diese trotz des technolo- gischen Fortschritts weitgehend zu erhalten ist in Japan von großer Bedeutung. Werte wie Respekt gegenüber Älteren, Disziplin, Gemeinschaftssinn und das Konzept von Harmonie (im japanischen „wa“) spielen nach wie vor eine zentrale Rolle im gesellschaftlichen Leben. Traditionelle Künste wie die Teezeremonie, Ikebana (Blumenstecken) und das Kalligraphieren werden weiterhin praktiziert, geschätzt und sind, wie wir selbst er- fahren durften, zum Teil auch in der Schulbildung integriert. Tokio, die Hauptstadt Japans, ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Balance zwischen Tradition und Moderne. Die Stadt verkörpert den technologischen Fortschritt und die dynamische Urbanisierung, während sie gleichzeitig versucht tiefe kulturelle und religiöse Traditionen zu bewahren. Ein Beispiel hierfür ist der Meiji-Schrein, der im Herzen Tokios liegt und dem Geist von Kaiser Meiji und seiner Frau gewidmet ist. Aus allen Himmelsrichtungen umgeben von gläsernen Wolkenkratzern strahlt der Schrein mit seiner ihn umgebenden Parkanlage eine Atmosphäre der Ruhe und Tradition aus.
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Trotz dieser, auf den ersten Blick erfolgreichen Balance gibt es auch Herausforderungen und Widersprüche. Die schnelle Adaption von Technologie kann auch Spannungen erzeugen, insbesondere wenn sie mit traditionellen sozi- alen Normen kollidiert. Speziell die jüngere Generation wächst in einer Welt auf, in der digitale Medien, das Internet und soziale Netzwerke allgegenwärtig sind. Diese Technologien bringen das Potenzial mit sich, traditionelle Werte und Normen zu hinterfra- gen und teilweise auch zu entkräften. Gleichzeitig schaffen sie neue Möglichkeiten für kulturelle Ausdrucksformen und soziale Interaktionen. Medienbildung in Japan bewegt sich in diesem Spannungsfeld. Bei unseren Einrichtungsbesuchen konnten wir feststellen, dass die Vermittlung von Medienkompetenz auch immer das Ziel hat, gesellschaftliche Wert- und Normvorstellungen zu bewahren und diese in das jeweilige Bildungsangebot zu integrieren. Eine Orientierung an traditionellen Werten im (Medien-) Bildungsprozess scheint dabei zu einer brei- teren gesellschaftlichen Akzeptanz zu führen, was offenbar ein wichtiger Faktor ist, um Bildungsangebote in Japan neu denken und anbieten zu können. Spielen in Japan Japan hat eine reiche Tradition des Spielens, die sowohl analoge als auch digitale Formen umfasst. Von traditionellen Brettspielen wie Shogi und Go bis hin zu modernen Videospielen und Mobile Games hat das Spielen in der japanischen Kultur eine tiefe Bedeutung. Diese Spiele erfüllen nicht nur Unterhaltungszwecke, sondern tragen auch zur Bildung und zur Aufrechterhaltung kultureller Werte bei. Dies bestätigt auch Herr Dai Nagase beim Besuch des Informations- bildungszentrums und der e-Sport - Abteilung der Universität Shikoku. Er erklärte, im Vordergrund stehe die Spielfreude und das gemeinsame Zusammenkommen. Die e-Sport AG gründete sich 2018 als Pilotprojekt und ist eins von sehr wenigen e-Sport Angeboten in Japan. Sie ordnet sich selbst dem Feld der sogenannten Meta Education zu. Alles, was mit Erziehung und Bildung zu tun hat ist Meta Education, erklärte Nagase. Gesellschaftlich gesehen fördern traditionelle analoge Spiele die Interaktion zwischen den Generationen. Ältere Fami- lienmitglieder bringen oft jüngeren Generationen Spiele wie Go bei, was zu einem Austausch innerhalb der Generationen führt und gleichzeitig die familiären Bindungen stärkt. In einer Gesellschaft, die stark von Respekt ge- genüber Älteren geprägt ist, erfüllt das gemeinsame spielen eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung dieser Werte. Ein wichtiges Element beim Spielen (analog und digital) ist der Respekt vor dem Gegner. Herr Nagase erklärte, dass dieses Konzept auch in der e-Sport AG von Bedeutung ist. Beim Zocken übers Internet würden Ländergrenzen überschritten und keine Rolle mehr spielen. Das Spiel ist der gemeinsame Nenner, in ihm sind alle gleich. Das würde neue Chancen mit sich bringen da die Nationalität irrelevant werde, aber: Die reine Gewinnab- sicht im Spiel sei seiner Ansicht nach keine gute Spieletaktik. In vielen traditionellen und auch modernen Spielen in Japan ist es wichtig, das Spiel mit einem gewissen Anstand zu spielen und das Ergebnis, sei es ein Sieg oder eine Niederlage, mit Würde zu akzeptieren. Obwohl das Gewinnen sicherlich ein Ziel ist, das viele Spieler anstreben, ist es in der e-Sport AG nicht der einzige oder wichtigste Aspekt. Vielmehr steht der Lernprozess, die Disziplin, die sozialen Interaktionen und der Respekt im Vordergrund. Dieses Bei- spiel zeigt konkret, wie ein innovatives Angebot unter Einbindung von traditionellen Wertvorstellungen funktionieren kann. Obwohl Japan seit Jahrzehnten in der Entwicklung von digitalen Spielen mit führend ist, haben diese laut Nagase in der japanischen Gesellschaft einen schlechten Ruf. Es wird vielmehr ihr Ablenkungs- und Suchtpotenzial gesehen und ihr Nutzen für Bildungszwecke gering eingeschätzt. Die Gründung einer e-Sport AG im Universitätskontext ist ein Schritt diese Sichtweise ein Stück weit zu entkräften.
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Bildungswesen Auch im Bildungswesen zeigt sich der Anspruch eine Balance zwischen Tradition und Moderne herzustellen. Obwohl weiterhin großer Wert auf traditionelle Lehrinhalte und Disziplin gelegt wird, erhalten zunehmend auch digitale Tech- nologien und moderne Lehrmethoden Einzug in den Unterricht. Zu nennen ist an dieser Stelle die Integration von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in das japanische Bildungssystem. IKT ist nicht als eigenständiges Schulfach im traditionellen Sinne etabliert, sondern wird in verschiedene bestehende Fächer integriert. Der Schwer- punkt liegt darauf, digitale Kompetenzen in den Unterricht und das tägliche Lernen der Schüler*innen zu integrieren, anstatt IKT als isoliertes Fach zu unterrichten. Die Einführung von IKT in das Bildungssystem zielt darauf ab, Schüler*innen nicht nur technologische Fähigkeiten, sondern auch die Fähigkeit zur Problemlösung, zum kritischen Denken und zur globalen Zusammenarbeit zu vermit- teln. Die japanische Regierung hat Initiativen wie den „GIGA School Program“ ins Leben gerufen, um die Digitalisierung in Schulen voranzutreiben und sicherzustellen, dass alle Schüler*innen Zugang zu modernen Lernmitteln haben (vgl.MEXT) Das „Global Innovation Gateway for All“ (GIGA) School Program ist eine der wichtigsten Initiativen der japanischen Regierung zur Förderung der IKT-Integration in Schulen. Dieses Programm zielt darauf ab, jede(r)m Schüler*in ein Endgerät wie ein Tablet oder einen Laptop zur Verfügung zu stellen und Schulen mit einer Internetinfrastruktur aus- zustatten. Ziel ist es, den Unterricht zu modernisieren, indem digitale Werkzeuge in den Lehrplan integriert werden, um individuelles Lernen und den Zugang zu einer breiten Palette von Bildungsressourcen zu ermöglichen. (vgl.MEXT) Bei unserem Besuch der Junior High School, welche an die Naruto University of Education angegliedert ist, erhielten wir einen kurzen Einblick in drei Unterrichtseinheiten. Neben dem klassischen Englischunterricht durften wir eine Schulklasse besuchen, die in dem Fach des traditionellen Kalligraphierens unterrichtet wurde. Die letzte Unterrichts- einheit beschäftigte sich mit Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Dabei saßen die Schüler*innen in Gruppen zusammen und sollten in einem vorgegebenen Zeitrahmen eine vom Lehrer vorgegebene Aufgabenstellung bearbeiten. Die unterschiedlichen Lösungsansätze und Vorgehensweisen sollten dann nach Ablauf der Zeit zusam- mengetragen werden. Die Schüler*innen hatten für die Aufgabe Notebooks und einen Internetzugang zur Verfügung.
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Der Schuldirektor Hr. Kei Oizumi erzählte, dass auch Lego Mindstorms und andere programmierbare Technik für den IKT-Unterricht genutzt würde. Bildung wird in Japan als Schlüssel zu sozialem und wirtschaftlichem Erfolg angesehen, und die Konkurrenz um Plätze an renommierten Schulen und Universitäten ist extrem hoch. Um einen der begehrten Plätze zu bekommen, müssen Aufnahmeprüfungen absolviert werden. Diese finden einmal jährlich über zwei Tage statt und sind in Japan einheitlich gehalten. Um möglichst erfolgreich abzuschneiden, nutzen viele Japaner*innen außerschulische Weiterbildungsangebote. Neben klassischen Nachhilfeschulen (jap. Juku) gibt es auch sogenannte Vorbereitungsschulen (jap. Yobiko), die vor allem darauf abzielen Schüler*innen auf Aufnahmeprüfungen vorzubereiten. Es ist nicht unüblich in Japan in die au- ßerschulische Bildung der Kinder zu investieren. Vor allem in der Hoffnung, ihnen dadurch bessere Chancen auf einen Platz an einer prestigeträchtigen Universität und damit auf eine erfolgreiche berufliche Zukunft zu sichern. Einer der privaten Anbieter von außerschulischen Angeboten ist die Cyber Agent – Tech Kids School in Tokio. Hier soll Kindern im Grundschulalter die Grundlagen des Programmierens beigebracht werden. Bei unserem Einrichtungsbe- such in Tokio erklärte Hr. Ueno Tomohiro, Präsident der Cyber Agent – Tech Kids School, dass Programmierfähigkeiten auch in Japan sehr gefragt sind. Ein fünfstufiges Lernsystem soll Kindern beim Eintritt in die weiterführende Schule mit den notwendigen Kenntnissen in der Programmiersprache ausstatten. (vgl. TechKidsSchool) Das Lernangebot erstreckt sich von den Grundlagen mit Scratch bis hin zur Programmierung mit der Game Engine Unity. Auch ein Kurs für Apples Entwicklungstool XCODE ist verfügbar. Herr Tomohiro erläuterte, dass die Nachfrage nach Programmierkursen gestiegen ist, nachdem in den Grundschulen 2020 Programmieren ein Pflichtfach geworden ist. Leider fehle es vielen Lehrer*innen noch an Erfahrung und fundierten Kenntnissen, um Programmieren den Schü- ler*innen richtig zu vermitteln. Die Kurse haben zwar auch einen spielerischen Ansatz, Herr Tomohiro betonte jedoch, dass die teilnehmenden Kinder angelernt werden vorhandene Technologien als Werkzeuge zu nutzen um Probleme, auch gesellschaftliche, zu lösen und Werte zu entwickeln. Beispielhaft stellte er uns drei von Tech Kids – Kindern entwickelte Anwendungen vor: Ein Mädchen entwickelte eine App für den Katastrophenschutz. Die Anwendung unterstützt dabei sich im Katastro- phenfall richtig zu verhalten und informiert spielerisch. Hintergrund ist u.a., dass ein Mädchen bei Erdbeben gestorben war. Die App hat das Ziel auf gefährliche Stellen im direkten Umfeld aufmerksam zu machen. Ein anderes Mädchen entwickelte eine App, welche hilft, wenn eine Person einen Herzinfarkt hat. Dann kann man mit der APP den nahgelegenen Defibrillator finden. Gleichzeitig leitet die App bei der Lebensrettung an. Ein Junge, der selbst auf Grund von psychischen Problemen nicht mit anderen jungen Menschen sprechen konnte, entwickelte eine App, mit der es für Menschen mit gleichen Problemen möglich ist, miteinander zu kommunizieren. Die App hat vorgegebene Fragen und Antwortsätze und dient als Übersetzung für Menschen, die selbst nicht sprechen oder hören können. Dabei kann man auch den Ort und die jeweilige Situation anpassen (z.B. Restaurant, Schule). Diese Beispiele verdeutlichen noch einmal, dass der Wunsch, einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, tief in der Kultur und den sozialen Normen verwurzelt ist. Schon ab der Grundschule vermittelt, spielt er auch bei außer- schulischen Bildungsangeboten eine zentrale Rolle. Medienbildung in Japan Wenn es um die Aufklärung zu möglichen Risiken und Gefahren in Sozialen Netzwerken, Messangern oder digitalen Spielen geht, so sind es in Japan vor allem Firmen, die diesem Bildungsauftrag nachkommen. Unternehmen wie die Line Corporation (gehört zur koreanischen Naver Corporation), Firma hinter dem erfolgreichste Messanger „LINE“ in Japan (vergleichbar mit WhatsApp) haben, wie wir bei unserem Einrichtungsbesuch erfahren durf- ten, aufgrund ihrer wirtschaftlichen Größe eine gesellschaftliche Verantwortung. So wurde 2012 die Line Mirai Foundation gegründet. Zusammen mit der Regierung werden Maßnahmen entwickelt, welche übergeordnet das Ziel
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haben, die Kommunikation zwischen Menschen zu erleichtern, erklärte Referent Yoshihiko Kubota. Dies beinhaltet auch Aufklärung zu Themen wie Urheberrecht, Bildrechten, Privatsphäre und Datenschutz. Nach eigenen Angaben kommen dabei einmalig für einen Vormittag Referent*innen der Mirai Foundation zu einer Schule um über „Gefahren im Internet“ aufklären. Die Entwicklung von Lehrmaterialien erfolgt in Zusammenarbeit mit der Universität Shizouka. Beteiligt sind auch Schüler*innen und Student*innen. Kubota erläuterte, dass in Japan in der Vergangenheit Probleme im Zusammenhang mit dem Internet als familiäre Probleme betrachtet wurden. Erst seit kurzer Zeit wird Schule als zuständige Institution für die Lösung von Problemen mitgedacht. Ein Problem, das uns bei Einrichtungsbesuchen immer wieder begegnete, war Cybermobbing. Es gibt eine Vielzahl von Gründen, warum es zu Cybermobbing kommen kann. In Japan gilt es teilweise schon als unhöflich nicht sofort auf eine Nachricht (Line/WhatsApp) zu antworten. Herr Kubota erklärte uns sinngemäß, dass die Erwartung einer schnellen Antwort in der japanischen digitalen Kom- munikation stark ausgeprägt ist. Eine verspätete Antwort kann als unhöflich oder desinteressiert wahrgenommen werden. Dies spiegelt das allgemeine japanische Verständnis von Respekt und Effizienz wider. Ohne die Behauptung aufstellen zu wollen, dass dies immer und sofort zu Formen oder Vorstufen von Cybermobbing führen kann, zeigt es doch wieder die Bedeutung von traditionellen Kommunikationsmustern in der digitalen Welt. Fazit Im Vergleich zu Ländern, die eine eher regulierende Sichtweise auf Innovation und Tradition haben, hat Japan einen integrativen Ansatz und versucht diese beiden Aspekte miteinander in Einklang zu bringen. Wir hatten den Eindruck, dass sowohl Akteur*innen der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit, als auch die politischen Entscheidungsträger*innen versuchen, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass digitale Technologien auf eine Weise genutzt werden, die traditionelle Werte respektiert und gleichzeitig die positiven Mög- lichkeiten, die sie bieten, maximiert. Das funktioniert in Japan zu einem gewissen Maße, da sich überwiegend an den traditionellen Werten und Normen orientiert wird und diese somit im „Bildungsalltag“ präsent sind. Allerdings bieten Smartphone, Internet & Co. die Möglichkeit sich auch außerhalb der Werte und Normvorstellungen zu bewegen. An diesem Punkt steht Japan vor ähnlichen Herausforderungen wie Deutschland. In beiden Kulturen ist es wichtig, Her- anwachsende, bei dem was sie in der digitalen Welt sehen und erleben zu begleiten und ihnen Orientierung, Hilfestellungen und Unterstützungsangebote anzubieten.
Autor Martin Oberwetter Medienpädagoge Kreisjugendring Stormarn e. V
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Quellen
(MEXT) Ministry of Education, Culture ,Sports, Science and Technology – Japan, 2020 “The image of the transfor- mation of learning brought by 1 device for 1 student with a high-speed network” https://www.mext.go.jp/en/content/20200716-mxt_kokusai-000005414_04.pdf
Tech Kids School Japan: https://techkidsschool.jp/school/
Abbildungen Meji-Schrein in Tokio (Foto: Martin Oberwetter)
IKT-Unterricht an der Junior High School (Foto: Martin Oberwetter)
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Analog vs. Digital in der Kinder- und Jugendarbeit Eik Schmiljun
Einführung Wie und wie oft sollten Kinder und Jugendliche Medien nutzen? Dieses Thema wird derzeit intensiv in diskutiert. Wäh- rend in Schweden empfohlen wird, dass Kinder unter 2 Jahren weder Fernsehen noch ein Smartphone nutzen sollten (vgl.eltern.de) wird in Australien darüber nachgedacht, wie man ein Mindestalter von 14 oder 16 Jahren für die Nut- zung sozialer Medien realistischerweise umsetzen kann. Weltweit wird über die Chancen und Risiken digitaler Medien debattiert. Eines wird dabei deutlich: Die digitale Welt gehört zum Alltag junger Menschen. Kinder und Jugendliche nutzen bereits in jungen Jahren Geräte wie Smartphones oder Fernseher (vgl. KIM- und JIM-Studie). Medien werden für immer jüngere Zielgruppen interessant. Daher verwundert es nicht, dass heutzutage bereits Babys in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf der Straße ein buntes Spielzeughandy oder gar das echte Handy ihrer Eltern in der Hand halten, um sich zu beruhigen oder zu unterhalten. Durch die pandemiebedingten Einschränkungen wurde die Nutzung digitaler Endgeräte notwendiger Alltag. Junge Menschen waren zunehmend auf technische Geräte angewiesen, um in der Schule und mit Freunden zu kommuni- zieren. In kürzester Zeit mussten viele Haushalte mit einer geeigneten technischen Ausstattung versorgt werden. In Deutschland standen viele Familien vor die Herausforderung, über ein ausreichend starkes WLAN-Netzwerk zu verfü- gen, um mehrere Geräte gleichzeitig nutzen zu können – insbesondere, weil auch die Eltern oft im Homeoffice arbeiten mussten. Ähnlich erging es Japan, wie Professor Yoshihiko Kubota bei einer Fachkräftebegegnung berichtete. Im Rah- men des Programms „Giga School“ erhielt dort jede*r Schüler*in einen Laptop, das Internet an Schulen wurde ausgebaut und zusätzliches Personal eingestellt. Insgesamt investierte Japan 461 Milliarden Yen, umgerechnet ca. 2,8 Milliarden Euro (vgl. The Japan Times). Im Vergleich dazu wurden im Rahmen des deutschen DigitalPakts insgesamt 6,5 Milliarden Euro für digitale Bildungsinitiativen ausgegeben. (vgl. Bundesministerium Bildung und Forschung) Spätestens seit der Corona-Pandemie lässt sich nicht mehr leugnen, dass die Lebenswelt junger Menschen zuneh- mend auch im digitalen Raum stattfindet. Laut der JIM-Studie 2022 besitzen in Deutschland 99 % der 12- bis 19- jährigen ein Smartphone (vgl. JIM-Studie 2022, S. 5). Eine Umfrage der Stadtverwaltung Tokio aus dem Jahr 2023 zeigte, dass 85 % der Schüler*innen weiterführender Schulen (12- bis 15-Jährige) ein Smartphone besitzen – bei Oberschü- ler*innen (16- bis 18-Jährige) sind es sogar 92 %. Diese Zahlen verdeutlichen, dass mobile Endgeräte im Alltag junger Menschen nicht mehr wegzudenken sind. Auch in der Kinder- und Jugendarbeit gewinnen digitale Medien immer mehr an Bedeutung. Bereits vor der Corona- Pandemie war digitale Jugendarbeit ein wichtiges Thema, das in den letzten Jahren weiter an Bedeutung gewonnen hat. „Dort, wo Medien thematisiert werden, wo sich junge Menschen inhaltlich mit Medien beschäftigen, kreativ werden und kritisch mit ihnen umgehen, spricht man von handlungsorientierter Medienarbeit. Digitale Medien dienen der Jugendarbeit als Werkzeug, um gemeinsam mit Jugendlichen Medienkompetenz zu entwickeln.“ (vgl. Stainer, Kathari- nal, S.306.)
Dieser Beitrag möchte sich der Frage widmen, welche Auswirkungen diese Tendenz auf die Entwicklung junger Men- schen hat und dabei sowohl Chancen als auch Risiken digitaler Jugendarbeit beleuchten.
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Chancen der digitalen Jugendarbeit
In Kommunikation bleiben Mit dem Aufkommen digitaler Medien haben sich auch neue Kommunikationsmöglichkeiten aufgetan. Die Kommuni- kation ist heute schneller und weltweit möglich. In Sekunden können Informationen ausgetauscht werden, und dieser Fortschritt ermöglicht uns einen schnelleren Zugang zu Wissen. Mit der Entwicklung sozialer Medien hat sich der Alltag weiter verändert: Technik dient zunehmend als Instrument zum Aufbau und zur Pflege zwischenmenschlicher Bezie- hungen. Diese Hilfsmittel ermöglichen es den Menschen, auch über große Entfernungen hinweg in Kontakt zu bleiben. Ein Großteil der Kommunikation findet heute über soziale Medien statt – sei es, um Freunden aus dem Urlaub zu schreiben, kurzfristige Absprachen mit der Familie zu treffen, ein Treffen mit ehemaligen Klassenkamerad*innen zu vereinbaren oder Geschäftspartner*innen im Ausland zu kontaktieren. Anbieter wie Meta und Line spielen dabei eine zentrale Rolle. Allein in Japan nutzen 70 % der Bevölkerung (ca. 95 Millionen Menschen) die Messaging-App Line, wie wir von Yûki Nishio beim Fachkräfteprogramm in Japan erfuhren. Brücken zwischen den Seiten bauen In der Kinder- und Jugendarbeit verfolgt man zunehmend einen inklusiven Ansatz. Dies bedeutet, dass alle Angebote der Kinder- und Jugendarbeit für alle jungen Menschen zugänglich sein sollen. Digitale Tools können als Brücke zwi- schen verschiedenen Gruppen fungieren und erreichen ein größeres Publikum als klassische Werbemaßnahmen wie Plakate. Barrieren in der Kommunikation entstehen durch unterschiedliche Voraussetzungen, doch digitale Werk- zeuge können als Übersetzer fungieren. So können Texte vor- oder nachgesprochen, in andere Sprachen übersetzt oder Bilder mit ergänzenden Texten versehen werden. Diese digitalen Tools erleichtern die Kommunikation und er- möglichen es, dass mehr Menschen in Beziehung miteinander treten können. Gleiche Voraussetzungen schaffen Das Internet ist u.a. eine riesige, jederzeit zugängliche Bibliothek. Zahlreiche Informationen werden dort gespeichert und können von jedem, der über ein Smartphone oder Internetzugang verfügt, abgerufen werden. In Großstädten sind zudem kostenfreie Hotspots weit verbreitet, die den Zugang zu Informationen für viele Menschen ermöglichen. Junge Menschen recherchieren zunehmend im Internet, sie nutzen Videotutorials, um neue Fähigkeiten zu erlernen, oder sie lernen mit Apps, eine neue Sprache zu sprechen. Das Internet wird so zu einem Ort des Lernens, der kosten- frei Wissen bereitstellt. Es ermöglicht einen niederschwelligen Zugang zu Informationen und schafft gleiche Voraussetzungen für die Aneignung von Wissen (z.B. durch Google).
Gefahren
Einschränkungen in der Entwicklung Bereits vor der Geburt verfügt ein Embryo über einen Überschuss an Nervenzellen. Nur die Nervenzellen, die in funk- tionale Netzwerke eingebunden sind, bleiben erhalten – der Rest wird abgebaut (vgl. Möller, Christoph, S.27.). Dieses Prinzip gilt für alle neuronalen Verknüpfungen, die für das Überleben und das Erlernen der Umwelt von Bedeutung sind. Insbesondere in den ersten Lebensjahren werden wichtige Verknüpfungen im Gehirn gebildet. Glücksgefühle und Begeisterung fördern dabei das Wachstum bestimmter Verbindungen. In der Kindheit sind vielfältige und inten- sive Erlebnisse in der realen Welt entscheidend, um ein gesundes Körpergefühl und eine gute Fein- und Grobmotorik zu entwickeln. Wenn digitale Medien den persönlichen Kontakt zur Welt übermäßig ersetzen, können wichtige Ent- wicklungsprozesse gestört werden. Studien haben gezeigt, dass bei Kindern, die mehr als 30 Minuten täglich ein Smartphone nutzen, Sprachentwicklungsstörungen häufiger auftreten. (Dr. Büsching, Uwe, S.48.)
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Suchtgefahr und ihre Folgen Moderne Medien werden häufig zur Affektregulation bei Frust, Langeweile, Ärger oder Unzufriedenheit genutzt. Ins- besondere bei Kindern und Jugendlichen ist es wichtig, dass sie lernen, ihre eigenen Emotionen zu regulieren. Andernfalls besteht die Gefahr einer Medienabhängigkeit. Zudem kann eine exzessive Nutzung dazu führen, dass junge Menschen ihren Körper weniger wahrnehmen. Werden körpereigene Signale wie Durst oder Müdigkeit immer seltener registriert, können sie schließlich völlig ausgeblendet werden. Eine mangelnde Empfindungsfähigkeit kann auch das Einfühlungsvermögen in andere Menschen beeinträchtigen. Weitere Folgen sind eine reduzierte Fantasie und ein eingeschränktes Vorstellungsvermögen, da Computerspiele und andere digitale Inhalte den Spielraum für eigene Gestaltungsmöglichkeiten begrenzen. (vgl. Möller, Christoph) Cybermobbing Cybermobbing bezeichnet das wiederholte absichtliche und häufig öffentliche Beleidigen, Bedrohen oder Bloßstellen einer Person - über das Internet oder soziale Medien. (vlg. Weißer Ring) Im Unterschied zum traditionellen Mobbing finden diese Taten oft anonym statt, was die Angst und die psychische Belastung für die Opfer verstärken kann. Da die Informationen gespeichert werden, können sie jederzeit wieder abgerufen und verbreitet werden. (vgl. Möller, Christoph, S. 111) Cybermobbing kann schwerwiegende Folgen haben, wie das Gefühl der Isolation, emotionalen Stress (z. B. Scham, Angst, Traurigkeit), ein niedriges Selbstwertgefühl, Depressionen und Angststörungen. In extre- men Fällen kann es zu selbstverletzendem Verhalten oder suizidalen Gedanken kommen. Fazit Diese kurzen Ausführungen machen deutlich, welche Chancen und Gefahren diese technische Revolution mit sich bringt. Junge Menschen wachsen heutzutage in einer digitalen Welt auf, welche die Erwachsenen selbst nicht immer gut überblicken können. Der Raum entwickelt sich dabei rasend schnell voran, sodass er schwer zu überblicken oder zu regulieren ist. Andererseits macht die Technik heutzutage vieles möglich. Die Gefahren sind weltweit bekannt, aber wir setzen uns auf unterschiedliche Weise damit auseinander. In Japan konnten wir den Anbieter Line kennenlernen, welcher uns von aktuellen Problemen an Schulen berichtete. Neben der langen Nutzungsdauer von Medien sind dies auch Mobbing, Konsum von nicht geeigneten Medien oder Datenschutz- probleme. Line berichtete, dass solche Probleme oft als familiäre Probleme gesehen werden. Jedoch ändert sich aktuell diese Perspektive. Line geht gezielt in Schulen und klärt mit ähnlichen Methoden wie Medienpädagog*innen in Deutschland über die Gefahren auf, die von der Nutzung von Medien ausgehen. Anders als in Deutschland werden in Japan Unternehmen wie Line stärker Verantwortung gezogen und verpflichtet jungen Menschen zu helfen. Für Pä- dagog*innen ist ein Austausch zwischen beiden Ländern über Methoden und Herangehensweisen sehr hilfreich. Gleichzeitig kann die Anregung nach Deutschland mitgenommen werden, auch Firmen stärker in die Pflicht zu neh- men, wenn es um Medienschutz geht. Digitale Medien sind und bleiben wichtiger Teil der Lebenswelt. . Daher gilt es, junge Menschen zu befähigen, einen guten Umgang mit den Medien zu entwickeln. Kinder sollten Raum und Zeit für die eigene Entwicklung erhalten, wes- wegen digitale Medien nicht unkontrolliert konsumiert werden sollten. In der Kinder- und Jugendarbeit sollte es neben der Medienarbeit auch stets Einladungen zu anderen Aktivitäten geben, um einen Ausgleich zur Mediennutzung an- zubieten. Diese Einladungen sollten selbstverständlich animierend sein und ihnen die Chance geben, sich zu bewegen und vor Ort in Kontakt mit anderen jungen Menschen zu kommen. „Wir brauchen in der Kindheit, gerade bei zuneh- mendem Medienangebot, physische und zeitliche Räume kultivierter Langeweile.“ (vlg. Möller, Christoph, S. 312) Dies ist wichtig, damit Kinder die Chance erhalten, mit der eigenen Langeweile umzugehen und ihre eigene Kreativität an- zukurbeln.
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Kinder sind von Natur aus neugierig. Durch die zunehmende Informationsflut scheinen Eigeninteresse und Neugier abzuflachen bzw. abzunehmen. Aus diesem Grund gilt es die Interessen junger Menschen zu fördern und durch ge- naues Beobachten sowie Dranbleiben an einem Thema oder einer Frage zu bestärken. Die Kinder- und Jugendarbeit bietet hierfür vielseitige Möglichkeiten für unterschiedliche Interessenslagen. Die digitalen Medien begeistern junge Menschen. Daher ist es sinnvoll, die Medien gezielt in der Pädagogik einzuset- zen, um Angebote an die Zielgruppe zu richten und sie gleichzeitig einzuladen, diese mitzugestalten. Die meisten Medien erzeugen ein Konsumverhalten bei den Nutzenden. Gerade hier gilt es Möglichkeiten für junge Menschen zu schaffen, damit sie aus dem Konsumverhalten in das aktive Gestalten kommen. Medien können hilfreiche Werkzeuge im Alltag sein und hierfür gilt es junge Menschen zu befähigen.
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Autor Eik Schmiljun B.A. soziale Arbeit, Jugendamt Tempelhof-Schöneberg, Berlin
Quellen Bundesminesterium für Bildung und Forschung: Der DigitalPakt Schule als Fundament für die digitale Bildungsinfra- struktur, Online verfügbar unter: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/digitalisierung-und-mint- bildung/digitalpakt-schule/digitalpakt-schule_node.html. Dr. Büsching, Uwe: BLIKK-Medien: Kinder und Jugendliche im Umgang mit elektronischen Medien, online verfügbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Praevention/Be- richte/Abschlussbericht_BLIKK_Medien.pdf.
eltern.de: Kein Fernsehen oder Smartphone für Kinder unter 2? Online verfügbar unter: https://www.eltern.de/klein- kind/schwedische-erziehung--kein-fernsehen-oder-smartphone-fuer-kinder-unter-2-13871708.html.
Möller, Christoph: Internet- und Computersucht – ein Praxishandbuch für Therapeuten, Pädagogen und Eltern, Ver- lag W. Kohlhammer.
Rathgeb, Thomas und Schmid, Thomas: „JIM-Studie 2022“, Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest.
Stainer, Katharina: Möglichkeiten und Grenzen digitaler Jugendarbeit, soziales_kapital wissenschaftliches journal ös- terreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit Nr. 24(2020)/Rubrik „Junge Wissenschaft“/Standort Salzburg, eonline verfügbar unter: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/ar- ticle/view/690/1270.pdf. The Japan Times: Japan’s GIGA School Program equips students for digital society, Online verfügbar unter: https://www.japantimes.co.jp/2021/03/22/special-supplements/japans-giga-school-program-equips-students-digital- society/. Weißer Ring: Cybermobbing. Einen Schutzschild aufbauen und sich gegen Lästerattacken wehren, online verfügbar unter: https://weisser- ring.de/mobbing#:~:text=Als%20Cybermobbing%20bezeichnet%20man%20das,sich%20%C3%BCberwiegend%20un- ter%20Gleichaltrigen%20ab
Abbildung Maskottchen des Messenger Dienstes Line (Foto: Eik Schmiljun)
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Von GanztagsSCHULE zu kindgerechter und ganz- heitlicher GanztagsBILDUNG 1 Jenifer Vaupel Ein kritischer Essay über Ganztagsförderung im Kontext außerschulischer Bildungsarbeit und Ehrenamt junger Menschen Der folgende Artikel fasst ausgehend von Beobachtungen und Gesprächen mit japanischen Student*innen, Fach- und Lehrkräften über das Schulsystem in Japan, den immerwährenden Diskurs der Jugendverbände in Deutschland rund um die Ganztagsförderung zusammen. Darunter fällt auch der wachsende Fokus auf die Aufblähung schulischer Bil- dung sowie des Ortes Schule und der schrumpfenden Freizeit(-gestaltung) junger Menschen. Ebenso betrifft dies aus Sicht außerschulischer Akteure den Wert non-formaler Bildungsprozesse und die Engagementausübung junger Men- schen. Es zeigen nämlich u. a. in einer jüngst erhobenen Studie Jugendliche aus Sachsen an, „dass Schule zu viel Zeit in ihrem Alltag einnehme und wenig Raum bliebe, innerhalb und außerhalb der Schule eigenen Interessen nachzuge- hen“ (Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt 2024, S. 22). Beobachtungen aus japanischen Schulen Auf den ersten Blick als Hospitierende unterscheidet sich das japanische Schulsystem von dem in Deutschland nicht wesentlich. Es gibt ein dreigliedriges Schulsystem mit Grundschule, Junior High School (Mittel-/ Realschule) und High School (Oberschule/ Gymnasium). In den meisten Fällen stehen Lehrer*innen frontal vor großen Klassen; der Unter- richt wird manchmal mit Gruppenarbeiten und digitalen Endgeräten „aufgepeppt“ und der Stundenplan weist an fünf
Tagen die Woche verschiedene Fächer auf. Der Schultag geht sowohl in Japan als auch in Deutschland v. a. für ältere Schüler*innen je nach Stundenplan von acht bis 15 Uhr. Ein entscheidender Unterschied liegt hierbei in der Freizeitgestaltung von Schüler*innen. Denn nach dem eigentlichen Schultag in Japan finden oft schulinterne AGs oder Nachhilfeun- terricht statt. Letzteren nehmen die meisten jungen Japaner*innen in Anspruch, um sich auf die anspruchsvollen Aufnahmeprüfungen der (privaten) High-Schools oder Universitä- ten vorzubereiten. So nimmt Schule einen großen Raum im Alltag japanischer Schü- ler*innen ein. Aus Gesprächen mit japanischen Student*innen konnte entnom- men werden, dass daher ehrenamtliches Engagement als auch einfache Freizeit für junge Japaner*innen im Schulalter kaum Platz finden könne. Erst im Studium, welches einige Freiräume bietet, würden sich viele engagie- ren.
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Diese Tatsache erinnert an die diffuse Ganztagsschuldebatte in Deutschland. 1 Die Einführung der Ganztagsschule in Deutschland ist seit Jahren ein zentrales Bildungsthema. Ziel der Ganztagsschule ist es, Bildungsungleichheiten zu verringern und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern. Allerdings stellt sich die Frage, ob dieser Ansatz wirklich im besten Interesse der Kinder und Jugendlichen ist oder eher familien- und arbeitsmarktpolitische Ziele ver- folgt. Auch aus Sicht der außerschulischen Bildungsarbeit und des Ehrenamts ergeben sich daher zahlreiche kritische Punkte, die im folgenden Essay beleuchtet werden sollen. Hierbei wird primär der Diskurs der Jugend- und Jugendver- bandsarbeit zusammengefasst. Einleitung Die Ausweitung des Ganztagsschulsystems in Deutschland hat seit der ersten PISA-Studie 2001 eine dynamische Ent- wicklung erfahren. Besonders im Zusammenhang mit dem 2021 beschlossenen Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung, Betreuung und Erziehung ab 2026 wird der Ausbau von Ganztagsschulen massiv vorangetrieben (vgl. DBJR 2023). Das geschieht mit der Einführung des Ganztagsförderungsgesetzes (GaFöG). 2 Der Ausbau von Ganztagsschulen hat weitreichende Auswirkungen auf das Aufwachsen junger Menschen, insbeson- dere im Spannungsfeld zwischen der Förderung von Chancengerechtigkeit und der zunehmenden Institutionalisierung des Aufwachsens (vgl. DBJR 2023). Diese Entwicklung birgt Chancen, aber auch Herausforderun- gen, besonders im Spannungsfeld zur non-formalen Bildung sowie der Jugend- und Jugendverbandsarbeit. Denn, es sollen nämlich nicht nur schulische, sondern auch außerschulische Bildungsangebote und bestenfalls Ehrenämter in die Ganztagsgestaltung integriert werden. Das Konzept der Ganztagsschule in Deutschland zeigt sich aufgrund der regionalen Unterschiede in den Bundeslän- dern als äußerst heterogen, weshalb es schwierig ist, eine einheitliche Definition von „der“ Ganztagsschule zu geben (vgl. BMFSFJ 2017, S. 329). Gerade diese Unterschiedlichkeit lässt viele Fragen insbesondere in der (konzeptionellen) Umsetzung sowie möglichen Kooperationen offen, schafft Unsicherheit in der (Fach-)Praxis und verfehlt klare Antwor- ten. Ebenso stellt sich Ausblicks halber die Frage - wie sie schon im 15. Kinder- und Jugendbericht (2017) angerissen ist - nach einer jugendgerechten Ganztagsförderung, wenn zunächst Grundschulkinder von dem Konzept profitieren sollen. Hier fehlen konzeptionelle Ansätze und Auseinandersetzungen komplett; ebenso das Verständnis der Ganz- tagschule als Ort der politischen Bildung (vgl. BMFSFJ 2020, S. 479). Dennoch soll vor diesen Hintergründen versucht werden, den Diskurs zu skizzieren. Die vorliegende kritische Analyse untersucht daher die Auswirkungen der Ganztagsschulen auf außerschulische Bil- dungsarbeit und das Ehrenamt junger Menschen, basierend auf aktuellen Stellungnahmen vorwiegend aus der Jugendverbandslandschaft und Fachbeiträgen.
Die Rolle der Ganztagsschule im deutschen Bildungs- und Betreuungssystem (in Ostdeutschland)
Ganztagsschulen verfolgen das Ziel, Bildung, Betreuung und Erziehung zu vereinen und damit Chancengerechtigkeit zu fördern. Das sogenannte Kombi-Modell, bei dem Grundschule und Hort als Ganztagsschule fungieren, ist beispiels- weise in Sachsen, Thüringen und Brandenburg verbreitet und von hoher Zufriedenheit der Eltern geprägt. Jedoch zeigen Berichte, dass die Vielzahl der Angebote für Verwirrung sorgt, insbesondere da die Rolle des Horts zwischen ————————————— 1 Der Autorin ist bewusst, dass die Umsetzung der Ganztagsschulangebote nicht mit dem japanischen Schulsystem gleichzusetzen ist. Die Ganztagsschulangebote in Deutschland sollen weniger der Prüfungsvorbereitung dienen als auch nicht unbedingt in der ganzen Schulwoche verpflichtend stattfinden. Dennoch erhöht und verdichtet sich die Zeit der jungen Menschen immer mehr an Orten der Schule (oder für Schule), sodass sich einige Parallelen ziehen lassen. 2 Ab August 2026 erhalten alle Grundschulkinder in Deutschland schrittweise einen Anspruch auf ganztägige Betreuung. Bis 2029 wird dieser Anspruch auf alle Klassenstufen der Grundschule ausgeweitet, was eine Betreuung von acht Stunden täglich an fünf Werktagen vorsieht, inklusive einer Betreuung in den Ferien (vgl. Landesjugendring Baden-Württemberg 2022).
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schulergänzender Einrichtung und einer eigenständigen Institution mit Bildungsauftrag schwankt (vgl. Sächsischer Ganztagsschulverband 2019, S. 1 f.). Trotz dessen gibt beispielsweise das Sächsische Kultusministerium (vgl. 2024) in regelmäßigen Abständen Auskunft über den zügigen Ausbau mit millionenfachen Investitionen bzw. Förderungen hin- sichtlich der Ganztagsbetreuung (bei einer Betreuungsquote von fast 90 % der Kinder im Grundschulalter; der Bundesdurchschnitt liegt bei 47,5%). Aufgrund des bedeutenden Einflusses auf die außerschulische Bildungsarbeit, insbesondere auf die Jugendarbeit und das Ehrenamt junger Menschen, haben sich die relevanten Fach- und Bundesverbände der Jugend- und Jugendver- bandsarbeit, der Deutsche Bundesjugendring (vgl. DBJR 2024) sowie die Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendhilfe (vgl. AGJ 2019, S. 2) vielfach positioniert. Sie betonen, dass der Ausbau der Ganztagsbetreuung nicht allein quantitativ, sondern qualitativ erfolgen muss. Dabei wird kritisiert, dass sich Ganztagsschulen oft auf Betreuung(- squoten) und weniger auf pädagogische Bildung fokussieren. Es braucht daher einen verbindlichen Qualitätsrahmen, der die Zusammenarbeit von Schule, Jugendhilfe und außerschulischen Akteuren wie Jugendverbänden unterstützt (vgl. DBJR 2023, S. 2). Auch die AGJ (vgl. 2020, S. 2) fordert eine umfassende Qualitätsdebatte, die die Perspektiven von Kindern und Jugendlichen einbezieht. Diese geforderte Verknüpfung von schulischen und außerschulischen Angeboten birgt verschiedene Herausforderun- gen, die im Folgenden selektiert und kurz angeschnitten werden. 1. Die Subsumierung non-formaler Bildungsprozesse in schulischen Angeboten und Settings Ein zentrales Anliegen ist es, formale und non-formale Bildung als sich ergänzende Bestandteile eines ganzheitlichen Bildungssystems zu verstehen. Der DBJR (vgl. 2023, S. 3) betont, dass die Prinzipien der non-formalen Bildung, wie Freiwilligkeit, Partizipation und nicht-hierarchische Strukturen, auch in der Ganztagsförderung beachtet werden müs- sen. Besonders problematisch ist, dass die enge Bindung an das Schulsystem dazu führen könnte, dass wichtige Elemente der non-formalen Bildung verloren gehen. Diese Gefahr besteht vor allem dann, wenn Ganztagsangebote nur als verlängerte Schulzeit oder Prüfungsvorbereitung bzw. Nachhilfe betrachtet werden. Dies berichtete auch To- mohiro Ueno, Leiter der Tech Kids School in Tokio – einem außerschulischen Angebot zum Erlernen von
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Programmieren schon im Kindesalter. Seitdem das Programmieren als prüfungsrelevant im japanischen Schulplan gilt, werden seine Kurse vermehrt als Nachhilfe genutzt, nicht mehr als freiwilliges Freizeitangebot. Dies zerstöre die Kreativität, so Tomohiro Ueno. Freiwilligkeit und Partizipation spielen durchaus bei Ganztagsangeboten eine Rolle. Der 15. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung stellt fest, dass junge Menschen, die solche Angebote nutzen, tendenziell zufriedener sind, weil sie aktiv mitgestalten können. Für diejenigen, die aber aufgrund ihrer familiären Situation oder schulischer Vorgaben gezwungen sind, die Ganztagsschule zu besuchen, kann der Schultag jedoch schnell zur Belastung werden. Die Ver- dichtung des Schulalltags führt dann zu einer stärkeren Fremdbestimmung und nimmt den Schüler*innen die Möglichkeit, ihre Freizeit und Bildung selbst zu gestalten (vgl. BMFSFJ 2017, S. 353). Dabei sollte dieser Demokratisie- rungsprozess der Schule 3 nicht an außerschulische Träger ausgelagert werden. Das greift als eine Systemkritik zu kurz und bildet eine kaum umsetzbare Aufgabe mit wenig Selbstverantwortung seitens des Schulsystems selbst. Außerdem zeigt die empirische Untersuchung, dass sich fast 30 Prozent der Ganztagsschulen inhaltlich kaum von traditionellen Halbtagsschulen unterscheiden. Diese Schulen haben nicht notwendigerweise substanzielle Verände- rungen in ihrer Organisation oder Konzeption vorgenommen. Daher bleibt offen, inwieweit diese Ganztagsschulen tatsächlich neue oder zusätzliche Bildungsangebote im Vergleich zu herkömmlichen Schulen bieten können (vgl. ebd., S. 343). 2. Die Einschränkung von Freiräumen und außerschulischen Aktivitäten sowie Gefährdung des Ehren- amts Kinder und Jugendliche benötigen Zeit außerhalb des institutionalisierten Rahmens, um ihren eigenen Interessen nachzugehen und sich ohne den Druck von Leistungsanforderungen zu entfalten (vgl. Landesjugendring NRW 2019, S. 1). Diese Freiräume sind notwendig für Selbstbildungsprozesse, in denen Kinder und Jugendliche eigenständig ler- nen und sich individuell entwickeln können. Der Hessische Jugendring (2022) hebt hervor, dass viele Kinder aufgrund der Ganztagsbetreuung weniger Zeit für außerschulische Aktivitäten haben, die für ihre persönliche Entwicklung von großer Bedeutung sind. Besonders das Ehrenamt und Angebote der Jugend(verbands)arbeit, die traditionell außer- halb der Schule stattfinden, sind hiervon betroffen. Soziale Kontakte und Aktivitäten, die in Jugendverbänden gepflegt werden, kommen zu kurz. Das Ehrenamt spielt eine wesentliche Rolle in der Jugendverbandsarbeit. Viele Jugendliche engagieren sich freiwillig, um Verantwortung zu übernehmen und gesellschaftliche Teilhabe zu erfahren. Ehrenamt trägt zur Persönlichkeits- entwicklung bei und fördert demokratisches Handeln. Die Einführung der Ganztagsschule gefährdet jedoch das ehrenamtliche Engagement junger Menschen. Jugendliche, die nach einem langen Schultag kaum noch Zeit haben, können das Interesse an zusätzlichen ehrenamtlichen Aufgaben oder der Teilnahme an Gruppenstunden verlieren (vgl. Landesjugendring Schleswig-Holstein 2019, S. 3; Kinder- und Jugendring Sachsen 2023, S. 13), was langfristig ne- gative Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft haben könnte. Das heißt, dass schulfreie Zeiten erhalten bleiben müssen. Dies betrifft auch die Ferien. Jugendarbeit bietet dabei in dieser Zeit wertvolle Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten, die für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unerlässlich sind. Daher muss sichergestellt werden, dass Feri- enangebote von Jugendverbänden weiterhin unabhängig und ausreichend finanziert zur Verfügung stehen (vgl. u. a. DBJR 2024) und damit die Ferien ein zentraler Zeitraum für die Jugendarbeit bleiben. Die tatsächlichen Auswirkungen auf außerschulische Aktivitäten und Peerkontakte sind bisher wenig eindeutig. Stu- dien zeigen gemischte Ergebnisse: Einerseits gibt es Hinweise auf eine geringere Einbindung in außerschulische Aktivitäten, andererseits zeigen einige Untersuchungen, dass Ganztagsschulen neue Freundschaften fördern und eine größere Unterstützung unter den Schüler*innen ermöglichen können (vgl. BMFSFJ 2017, S. 348).
————————————— 3 Wie ein Fachaustausch des DBJR 2023 lautete: „Demokratisierung von Schule. Aufgabe von Jugendverbandsarbeit?“.
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