dogs

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Erziehung

››Ein Spaziergang mit Stopps an interessanten Plätzen befriedigt den Hund weit mehr als monotones Rennen‹‹

ihn beim Schwimmen an oder joggen. Die Ball- oder Frisbeejagd stählt die Muskulatur und lässt Glückshor- mone durch den Körper fließen. Das Gehirn will immer mehr davon, der Körper macht mit: Wir schulen unseren vierbeinigen Begleiter zum Gewohnheitsspieler, zum ewig unruhigen, aufs nächste Spielchen hoffenden Jun- kie. Er mutiert zum Athleten, der den täglichen Kraftakt braucht, weil er ansonsten die antrainierte Kondition daheim rauslässt. Und auf einmal bestimmt die Pflicht, den Hund auszupowern, den menschlichen Alltag. Der Hund will mehr und mehr, wir kommen nicht mehr hinterher: Stress pur für beide Seiten, die doch eigent- lich harmonisch miteinander leben sollten. Diese Art von Bewegung ist nicht nur quantitativ zu viel – son- dern geht auch qualitativ gegen null. Heißt: Der Hund ist körperlich über-, geistig aber unterfordert. Ein Spa- ziergang in gemäßigtem Tempo, mit Stopps an aus Hun- desicht besonders interessanten Plätzen, oder eine Feld- Wald-Wiesen-Schnuppertour befriedigen den Hund weit mehr als das monotone Rennen, das nur den Körper, aber nicht die Sinne stimuliert. Beim Hundesport sieht die Sache ein bisschen anders aus: Da können Sie aus verschiedenen Diszipli- nen die geeignete heraussuchen. Der Hund kann die ihm angezüchteten Anlagen ausleben und neben dem Körper auch das Gehirn beanspruchen: Das Schoßhünd- chen lernt beim Trick-Training, sich zu konzentrieren. Jagdhunde müssen bei der Dummy-Arbeit Reize aushal- ten und die Nase einsetzen. Agility fordert und fördert die volle Aufmerksamkeit auf die menschlichen Signale und das Widerstehen gegenüber Ablenkungen. Beim Treibball sind große Bälle die Stellvertreter einer Herde. Sie müssen umrundet, bewacht und einzeln in eine an- gezeigte Richtung geschubst werden. Welche Sportart einen Hund individuell am ehesten erfüllt, muss man ausprobieren: Nicht jeder Hütehund mag Treibball, man- cher fliegt lieber durch den Slalom. Sportliche Spaniels erschnüffeln und verfolgen oft lieber menschliche Duft- spuren beim Mantrailing, als den Dummy über ein Hin- dernis zum Halter zu bringen. Wer die bedürfnisgerech- te Auslastung für seinen Hund gefunden hat, beschert ihm damit echte Erfüllung. Und eine Erschöpfung, die nicht nur den Körper betrifft. Das große Aber: Genau wie die echten Arbeitshunde heizen sich ihre Pendants in Familien beim Sport, der exakt ihre Kompetenzen ab- fragt, ordentlich auf. Sie warten ungeduldig auf ihren Einsatz, fiepen schon beim Anblick der Geräte oder auf der Fahrt zum Hundeplatz. Die Übererregung macht sich in irrem Bellen oder Zerren Luft. Die Hunde wollen

Mensch hat sie nach seinen Wünschen jahrhundertelang geformt, viele Gene in den Hintergrund gedrängt und verändert. Schon rein äußerlich zeigen Hunde heute die unterschiedlichsten Ausprägungen. Viel deutlicher noch haben sich die Eigenschaften verankert. Der schlanke, langbeinige Windhund sollte Wild hetzen, Gas geben, sobald er eine Bewegung ausmachte. Der große kräftige Herdenschützer bewachte eigenständig erst Haus, Hof und Habe, später die Herden. Der mittelgroße, blitz- schnell reagierende Hütehund hatte die Aufgabe, Herden zusammenzuhalten und in die gewünschte Richtung zu treiben. Wir Menschen haben Stöber-, Bau- und Wasser- hunde, Jagdbegleiter und Schoßhündchen gezüchtet. Wir haben ausdauernde, leistungsstarke Arbeitstiere ge- formt. Manche sollten mit, andere ohne den Menschen ihre Pflichten erledigen. In einem aus Evolutionssicht unfassbar schnellen Tempo haben die Hunde sich den menschlichen Zielvorgaben perfekt angepasst. Heute allerdings lebt die Mehrzahl von ihnen in dicht besiedelten Gebieten und viele der gewünscht er- worbenen Eigenschaften sind mit den Gesetzen nicht vereinbar oder machen schlicht Ärger. Deshalb heißt es für die Halter umdenken und umlenken. Den Hund so zu beschäftigen, dass er seine Anlagen auch in der heu- tigen Zeit optimal ausleben kann. Körperlich scheint das leicht zu erreichen: Wir werfen den Ball oder die Fris- bee-Scheibe, wir nehmen ihn mit zur Radtour, spornen

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