dogs

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Unterwegs

4. 2022

burg könnte ich das nicht. Aber hier sind alle so tief ent- spannt, dass das geht. Inklusive mir.“ Ich verstehe, was sie meint. Während wir reden, höre ich den Wind in den Bäumen und das Gezwitscher der Vögel. Hier ticken die Uhren langsamer – und nur das Schlagen der Kirchen- glocken erinnert daran, dass sie nicht ganz stillstehen. Jana und ich reden weiter über die Philosophie ihrer Trainingsmethode und ihr neues Buch. Als Hun- detrainerin ist es ihr sehr wichtig, dass die Menschen ihren Hund verstehen, seine Körpersprache zu lesen lernen und erkennen, dass es an ihnen selbst liegt, wenn der Hund ein „Fehlverhalten“ an den Tag legt. „Ich sehe mich als Anwältin der Hunde“, erklärt sie. Ihre Bücher hat sie geschrieben, weil sie bei ihren Kun- den immer wieder ähnliche Schwierigkeiten und Prob- leme erkennt. Sie möchte Lösungen bieten oder zumin- dest klarmachen, dass es normal ist, wenn ein Hund nicht immer sofort funktioniert. Was die Klassenreise von dem Training zu Hause in der Hundeschule unter- scheidet? „Dass man in sehr kurzer Zeit die Erfolge sieht“, sagt Jana. „Dadurch, dass ich die Mensch-Hund- Teams nicht nur im Trainingsmodus in der einen Stun- de pro Woche erlebe, sondern den ganzen Tag begleite, kann ich viel besser Muster erkennen, die das uner- wünschte Verhalten erklären.“ Zum Abschluss unseres Gespräch möchte auch ich Janas Expertise in Anspruch nehmen: Ich erzähle ihr, dass meine Hündin Hannah sich oft sehr territorial und „chefmäßig“ verhält und meint, mich beschützen zu müssen. Jana rät mir, in ty- pischen Situationen mehr Verantwortung zu überneh- men und Hannah zu zeigen, dass nicht sie der Boss ist, sondern ich – indem ich mich zum Beispiel vor sie stel- le, wenn sie wieder einmal zu kläffen beginnt. Als sich Jana verabschiedet hat und ich mit den anderen Kursteilnehmern ins Gespräch komme, bestä- tigt sich der Eindruck, den ich bereits beim Frühtrai- ning hatte: Alle sind begeistert von der Umgebung, der Gruppe und Janas Training. Einige der Gäste sind Wie- derholungstäter, andere zum ersten Mal dabei. Manche wollen gezielt an kleinen Problemen arbeiten, die sie mit ihrem Hund im Alltag haben, andere sich einfach nur eine Auszeit gönnen, gemeinsam mit dem Vierbeiner. „Ich habe zwei Kinder und mein Alltag ist ziemlich stressig“, erklärt mir Melli, die mit Hündin Polly hier ist. „Diese Reise bedeutet für mich Entspannung pur, und nebenbei kann ich noch die Beziehung zu meinem Hund stärken.“ Auch wenn das Programm recht straff ist – alle sind voller Elan dabei. Nicht nur bei den täglich wech-

In ihrem neuen Buch „Warum macht der das? Der Welpen- Dolmetscher“ zeigt Jana Rätke typische Missverständnisse zwischen kleinen Hunden und großen Menschen und verrät, wie Sie die Signale des Welpen richtig deuten. Kynos, 19,95 €

selnden Ausflügen, die Jana organisiert, sondern auch beim vielseitigen Training, das von Agility über Appor- tieren bis zur Nasenarbeit reicht. Und Kerstin, Frauchen von Hunde-Seniorin Kosy, bestätigt, dass Jana Rätkes Konzept aufgeht: „Das Schöne ist, dass hier jeder alles in seinem Tempo machen kann. Und weil wir den ganzen Tag miteinander verbringen, erkennt Jana genau, wo man kleine Stellschrauben ansetzen kann.“ Nach dem Frühstück brechen alle auf Richtung „Klein Kanada“, wie das Dreiseengebiet aus Weitsee, Mittersee und Lödensee, das sich zwischen Reit im Winkl und Ruhpolding erstreckt, auch genannt wird. Das Naturschutzgebiet liegt malerisch zwischen den Bergen und das Wasser glitzert zwischen den hohen Schilfhalmen. Am Mittersee angekommen, baut Jana bunte Hütchen auf, die mit Zetteln beklebt sind. Jedes Hütchen steht für eine spielerische Aufgabe, die die Teil- nehmer nacheinander mit ihren Hunden bewältigen. Auch hier gilt: Jeder in seinem eigenen Tempo und so gut wie er oder sie es eben schaffen kann. „Es geht nicht darum, perfekt funktionierende Marionetten-Hunde zu erschaffen“, erklärt Jana. „Sondern darum, spielerisch die Bindung und das Vertrauen zwischen Mensch und Hund zu stärken. Dabei achte ich stets auf die Bedürf- nisse und Grenzen von allen.“ Zur Belohnung dürfen sich einige Hunde im glasklaren See abkühlen. Hannah, die die ganze Zeit sehr brav und geduldig an meiner Seite war, tobt lieber nach Herzenslust mit ihrer neuen Freundin Polly über die Wiese, während ich die traum- hafte Kulisse für ein paar Fotos nutze. Zwei Stunden

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