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Hundemenschen

››Geldstrafen bringen nur Wut und Ärger,

Ute Heberer, 62, brachte Tierquäler vor Gericht

Das Gesicht eine schwarz-blau verkrustete Masse, die Pfoten von einem eitrigen Sekret bedeckt, der ganze Körper von Milben zerfressen, völlig entkräftet: So schlimm stand es um Mirle vor ihrer Rettung. Die nicht einmal ein Jahr alte Kangal-Hündin vegetierte auf dem Balkon ihrer damaligen Halter in Hessen vor sich hin und war dem Tod nahe. Ein klarer Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, stellte die Staatsanwaltschaft später fest. Dass Mirle wieder gesund wurde und ihr Fall vor Gericht kam, ist Ute Heberer zu verdanken. Die Leiterin des Tierheims „Tiere in Not Odenwald“ (TINO) rettete der Kangal-Hündin vor drei Jahren das Leben, indem sie sie in die Obhut ihrer Organisation nahm. „Wir haben eine angestellte Tierärztin, wir haben eine eigene Kran- kenstation, nur so war das möglich. Unsere Mitarbeiten- den haben nächtelang bei Mirle geschlafen und ihre Wunden im Stundenrhythmus gepflegt.“ Mirle erholte sich. „Wir dachten nicht, dass wir sie durchbringen. Mirle hatte keine Lebensfreude, das hat sie erst bei uns entwickelt. Jetzt ist sie mein Traumhund.“ Mittlerweile hat die Hündin bei Ute Heberer ein neues Zuhause ge- funden. Andere würden an dieser Stelle einen Haken unter die Sache setzen. Doch die TINO-Chefin wollte mehr. Sie brachte Mirles Fall vor Gericht – in dem Wis- sen, dass solche Prozesse oft nur Zeit und Geld kosten, aber kaum Erfolg haben. Tiere haben in der Gesetzge- bung wenig Rechte. So schien es auch hier zu sein: Erst in zweiter Instanz wurden die ehemalige Halterin und ihr Nachbar verurteilt, zu Geldstrafen in Höhe von 1800 beziehungsweise 2400 Euro. „Sie haben alles getan, damit der Hund stirbt“, sagte der Staatsanwalt in Richtung der Angeklagten. Mirle ist einer der wenigen Fälle, in denen sich Hundehalter vor Gericht wegen Tierquälerei verantworten müssen – und auch verurteilt werden. Allzu froh ist Ute Heberer jedoch nicht über den Entscheid. „Über eine Geldstrafe entsteht nur Wut oder Ärger, aber kein Lernprozess.“ Gemeinnützige Ar- beit, etwa im Tierheim, sei der bessere Weg, damit Men- schen aus ihren Fehlern lernen könnten. Und wo könnte man das besser als bei TINO? Seit mehr als 30 Jahren engagiert sich der renommierte Verein für in Not gerate- ne Hunde, Katzen und Kleintiere, derzeit auch für Tiere aus der Ukraine. Mirle hat bei TINO den Jackpot gewon- nen, Ute Heberer ist „schwer verliebt“. Doch vergessen wird sie nicht: „Ich sehe schließlich jeden Tag die Ver-

aber keinen Lerneffekt‹‹ Ute Heberer

narbungen in ihrem Gesicht.“ www.tiere-in-not-odenwald.de

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