04-2017 D

Was ist über UNSER AUF

Ich erwache früh am Morgen in meinem kleinen Hotelzimmer. Das bescheidene Hotel liegt direkt am Amazonas und gleichzeitig am Rand eines der gefährlichsten Quartiere von Belém. Ich ste- he auf und verlasse das Zimmer, um joggen zu gehen. Es wimmelt von Abfall, Pfützen, Geiern und Men- schen. Während ich mich schwitzend durch die nicht gerade wohlriechende Umgebung und die feuchte Hitze kämpfe, staune ich nicht schlecht: In diesem Quartier, das bekannt ist für Drogen, Pros- titution, Kriminalität und Mord, begegnet mir fast alle 200 Meter eine kleine Kirche! Kampf gegen Armut, Krankheit und Unterdrückung Ist der Auftrag von Jesus damit erfüllt? Nein! Gott beeindruckt es nicht, wenn an jeder Ecke eine Kir- che steht, die am Sonntag während ein paar Stun- den gefüllt ist, aber sich das Leben ansonsten nicht verändert. Er will, dass Menschen sich mit ihm und untereinander versöhnen und in Frieden und ohne Angst leben können. Er möchte, dass Kinder in ei- nem sicheren Umfeld aufwachsen und die Chance auf eine gute Ausbildung haben, anstatt ausge- nutzt und missbraucht zu werden, und dass Fami- lien in Würde statt in Armut leben. Der Auftrag, den Gott uns gegeben hat, ist ganz- heitlich. Jesus hat quasi bei seinem Dienstantritt ei- nen Text aus Jesaja zitiert, der auf den Punkt bringt, worum es geht (Lukas 4,18–19): «Der Geist des Herrn ruht auf mir, denn er hat mich gesalbt, um den Armen die gute Botschaft zu verkünden. Er hat mich gesandt, Gefangenen zu verkünden, dass sie freigelassen werden, Blinden, dass sie sehen wer- den, Unterdrückten, dass sie befreit werden und dass die Zeit der Gnade des Herrn gekommen ist.» Die Gute Botschaft umfasst also neben der Ver- söhnung mit Gott auch den Kampf gegen Armut,

Krankheit und Unterdrückung! Das ist unser Auf- trag. Und deshalb engagieren wir uns in unseren zehn Einsatzländern. Die Prinzipien von Jesus auf das Leben übertragen 1898 gründete Héli Chatelain in Angola die Missi- on Philafricaine, eine der Vorgängerorganisationen von SAM global. Er hatte das Anliegen, ehemaligen Sklaven Würde und Selbstvertrauen zurückzuge- ben. In seiner 1918 erschienenen Biografie steht ein Satz, der für jene Zeit aussergewöhnlich war: «Die christlichen Missionen widmen sich im Speziellen der Lösung moralischer oder religiöser Fragen, de- renWichtigkeit viel zu wenig geschätzt wird. Jedoch sind die materiellen, intellektuellen und sozialen Herausforderungen zu stark vernachlässigt und der politischen und wirtschaftlichen Welt überlassen worden. Von der Kirche wurde keine systematische Arbeit geleistet, um die Prinzipien Jesu Christi auf das ganze Leben zu übertragen. […] Das ist, was die Mission Philafricaine erreichen möchte.» Aus der winzigen christlichen Gemeinschaft von fünf ehemaligen Sklaven, die Héli Chatelain damals initiierte, entstand in Angola die IESA, eine Kirche, zu der heute weit über 100‘000 Mitglieder sowie mehrere Gesundheitsposten, eine Krankenpflege- schule mit angegliedertem Spital und ein nationa- les Programm für den Kampf gegen Lepra gehören. Die Einstellung und das Engagement von Héli Cha- telain haben die Geschichte von SAM global stark geprägt – und noch heute ist es unser Anliegen, die Prinzipien von Jesus auf das ganze Leben und auf alle Aspekte unserer Arbeit zu übertragen.

Jürg PFISTER, Leiter von SAM global

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