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Einführung ins Thema
sprüchlichkeit. Sie erkennt an, dass Verän derungen dieser gelebten Praxis Kraft und Ausdauer benötigen und sie lenkt den Fokus auf Machbares. Sie nimmt den blo ckierenden Anspruch auf Vollständigkeit und politische Korrektheit und sucht die Auseinandersetzung mit den Widersprü chen des Wollens und des Könnens. Sie weiß um die Erfahrungen jeder/-s Einzel nen mit Diskriminierung und Ausschluss in irgendwelchen Zusammenhängen, und weiß den darin zu findenden Schmerz in positive Aktion umzuwandeln: In Moti vation, die selbst erlebte Ohnmacht in Ermächtigung derer zu wenden, die ihrer gerade bedürfen.
Akteur(inn)e(n) schnell von reflexartigen Reaktionen eingefangen werden. Mög licherweise entstehen diese Abwehrhal tungen nicht zuletzt aus Scham darüber, formal bestehende und gesellschaftlich gewünschte Zustände nicht zu erreichen. Gerade wer mit Menschen arbeitet, kann sich hier selten Schwächen erlauben, ohne die eigene professionelle Integrität zu gefährden. Eine Arbeit an der individuellen Haltung soll diesen Umständen Rechnung tra gen. Sie berücksichtigt die Diskrepanz zwischen dem Stand der Forschung, der gesellschaftlich gewünschten Situation und der gelebten Praxis in aller Wider
Diese Haltungsarbeit hinterfragt die eige nen Möglichkeiten und Motivationen und sie zielt darauf, das eigene Umfeld unmit telbar zu beeinflussen – auf eine Art, von der man selbst unmittelbar profitiert. In diesem Sinne kann Haltung Praxis nach haltig verändern. Dazu braucht es keine neuen Methoden und revolutionäre Akti onen. Als Experte/-in des eigenen Alltags ist es leicht möglich, die bekannten Rou tinen zu ändern und sie den Anforderun gen einer egalitären Praxis anzupassen. Es braucht dazu nicht notwendig neuer Me thoden, es genügt, sich die alten anzuse hen und zu bemerken, wo sie ausgrenzen. Hat man die Filter, die Diskriminierung im Alltag unsichtbar machen, erst einmal er kannt, kann man sie dekonstruieren und die eigenen Arbeitsabläufe, die selbst ge planten Veranstaltungen, die Ausschrei bungen, die Wortwahl bei Vorträgen und in Privatgesprächen unmittelbar beein flussen und zu einer inklusiveren Umge bung beitragen. Ein Umfeld in dem geübt werden kann, wie nachhaltigere soziale Praxis aussehen kann und wie sich Erfah rung und Selbstverständlichkeit beim Ein schreiten gegen Ausgrenzung und Gewalt entwickeln kann.
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