Rechtsextremismus und Rassismus als Themen in der IJA

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Einführung ins Thema

Unterscheidung von Menschen auch in ju­ ristischen Texten – etwa durch das Deut­ sche Institut für Menschenrechte. Wir müssen allerdings zur Kenntnis neh­ men, dass es im englischsprachigen Raum einen stärker verbreiteten und we­ niger hinterfragten Gebrauch des Wortes „race“ gibt. So wird der Begriff „race“ in den USA und Großbritannien auch für positive Zwecke der Anti-Diskriminie­ rungspolitik oder sozialwissenschaftliche Untersuchungen aus einer Antidiskrimi­ nierungsperspektive genutzt. Diese ver­ meintliche Unschuld hat er im Deutschen nicht. Wenn ich dennoch für die Verwendung des Begriffs Rassismus plädiere, mag dies auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen. Der Begriff behauptet aber nicht die Existenz von Rassen, sondern verweist darauf, dass die dem Rassismus zugrunde liegenden Denkstrukturen und Werturteile davon ausgehen, dass sich Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe und Herkunft von vornherein grundsätzlich unterscheiden, also die Existenz von Ras­ sen behauptet oder angenommen wird. Nachdem diese Auffassung in den letzten Jahrzehnten immer brüchiger geworden ist, hat das Konzept Rassismus gewisser­ maßen eine Modernisierung erfahren, und zwar in Form eines kulturellen Ras­ sismus, der zum Teil zusätzlich religiös aufgeladen wird. Rassismus zeigt sich also

in der Konstruktion und Annahme von unabänderlichen Eigenschaften, die quasi automatisch mit der Herkunft eines Men­ schen verknüpft sind. Wir erleben Ver­ gleichbares derzeit in der Diskussion über Einwanderinnen und Einwanderer aus Südosteuropa unter der Überschrift bzw. Zuschreibung „Roma“ oder „Armutszu­ wanderung“ bzw. „Sozialtourismus“. Warum aber verwenden wir (nicht nur) bei IDA den Begriff Rassismus – und wa­ rum nicht Ausländer- oder Fremdenfeind­ lichkeit? Der Begriff Ausländerfeindlich­ keit macht neu eingebürgerte Deutsche, hier geborene Menschen mit familiärem Migrationshintergrund und beispiels­ weise schwarze Deutsche (wieder) zu Ausländer(inne)n. Er hält also an Denk­ mustern fest, die bis zur Jahrtausendwen­ de das deutsche Staatsangehörigkeits­ recht prägten: dass man nämlich deutsch ist, wenn man von Deutschen abstammt; dass man nicht Deutsch ist, wenn man vielleicht in Deutschland geboren ist, aber keine deutschen Eltern hat; dass man eigentlich nicht Deutscher werden, sondern nur Deutscher sein kann – und das auch eigentlich nur mit weißer Haut­ farbe. Aus gutem Grund wurde der Begriff Ausländerfeindlichkeit also durch den Begriff Fremdenfeindlichkeit abgelöst, der bis heute Verwendung findet. Auch er macht aber Menschen, die hier geboren sind, mitten unter uns leben – und schon dieses „uns“ ist ausgesprochen problema­

lich gebräuchlicher als „Rassismus“ in Deutschland. Dies hängt mit der wohl­ begründeten Zurückhaltung zusammen, nach der Zeit des Nationalsozialismus mit seiner Rassenideologie und seinen Ras­ segesetzen das Wort „Rasse“ und daraus abgeleitete Begriffe überhaupt noch zu verwenden. Zunächst sollten wir uns zur Klarstellung die biologisch-anthropolo­ gischen Selbstverständlichkeiten verge­ genwärtigen: Es gibt nur eine menschli­ che Rasse, es gibt keine nach Hautfarben unterscheidbaren Rassen, schwarze Men­ schen haben untereinander oft größere Abweichungen „in den Genen“ als sie zwischen weißen und schwarzen Men­ schen bestehen. Und dass Hautfarbe oh­ nehin ein Kontinuum ist, zeigt schon die Alltagswahrnehmung. Der Begriff „Ras­ se“ ist also eigentlich im Deutschen kaum noch verwendbar, obwohl Juristen und offizielle Stellen nicht davon lassen kön­ nen und wollen, ihn auch immer wieder in Gesetzestexten zu verwenden. Dies liegt natürlich angesichts vieler internationaler Texte und Konventionen, die inzwischen auf unser Rechtssystem einwirken, auch an der noch häufigeren Verwendung des Begriffs „race“ in englischsprachigen Tex­ ten. Ich persönlich halte den Begriff in Deutschland für so belastet, dass ich ihn selbst in Anführungsstrichen grenzwertig finde. IDA unterstützt die Initiativen zur Abschaffung des Wortes im Kontext der

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