01-2016 D

VIELES ist anders –

aber längst nicht ALLES

Seite die Verantwortung für unsere Fa- milie, die wir damit wieder in eine un- sichere Situation brachten, unter der die Kinder vielleicht leiden würden. Diese Gefühle begleiteten uns auch noch in den ersten Wochen nach un- serer Ankunft. Es war eine anstrengen- de Zeit und wir sind froh, haben wir sie überstanden. „Denn der Herr beschützt dich …“ Auch wenn es seither ruhig geblie- ben ist – die Konsequenzen der Er- eignisse sind unübersehbar: Häufige Kontrollen in der Stadt, die Vorsicht der Leute, ein reduziertes Team, dementsprechend viel Arbeit und ein grösseres Bewusstsein dafür, wie wichtig der göttliche Schutz und Ge- bete sind. Nach wie vor besteht die Möglichkeit, dass wir in nächster Zeit plötzlich überstürzt abreisen müssen. Aus diesem Grund fragt sich Andreas unablässig, ob seine Arbeit nicht von einemTschader übernommen werden kann. Zudem liegen unsere Pässe und die wichtigsten Dokumente immer und sofort greifbar bereit. Ein unge- wöhnlicher Krach oder eine unerklärte Verspätung lassen uns nun gleich von Problemen ausgehen. Wenn wir aber am Abend, umgeben von gewöhnlichen Geräuschen, im Bett liegen, ist die Realität der Unsi- cherheit weit weg. Und dann merken wir immer wieder: Wir lieben dieses Land und seine Menschen und wir wünschen uns, noch länger hier zu bleiben. Wenn die Angst uns lähmen möchte, stützen wir uns auf die Ver- se 23-26 in Sprüche 3: „Dann kannst du sicher deinen Weg gehen, nichts bringt dich zu Fall. Dein Schlaf ist ruhig und tief; vor nichts brauchst du dich zu fürchten – auch nicht vor dem Un- glück, das gottlose Menschen plötz- lich trifft. Denn der Herr beschützt dich; er lässt dich nicht in eine Falle laufen.“

Paradoxerweise war es während un- serem Aufenthalt in der Schweiz im letzten Sommer, als die Gefahr des Terrorismus für uns so wirklich spürbar wurde. Die Kinder konnten auf einmal nicht mehr einschlafen und hatten Angst vor der Rückkehr in den Tschad. Von den Anschlägen am 15. Juni 2015 hatten wir uns vorerst nicht übermäs- sig beunruhigen lassen, auch wenn sie in N’Djamena, unserer Heimatstadt im Tschad, verübt worden waren. Die Attentate waren weder gegen Chris- ten noch gegen Ausländer gerichtet gewesen. Entscheidungen treffen Der Anschlag am 11. Juli, fünf Tage vor unserer geplanten Ausreise, drängte uns hingegen dazu, den Flug um zwei Wochen zu verschieben. Innerlich atmeten wir beruhigt auf. Die ange- spannte Lage und die Gefahr vor Ter- roranschlägen hatten uns mehr ver- unsichert, als wir gemerkt hatten, und so waren wir froh darüber, noch zwei Wochen länger in der Schweiz bleiben zu „müssen“. In dieser Zeit wollten wir sehen, wie sich die Dinge im Tschad entwickelten. Schnell wurde es für uns jedoch mühsam, einfach hier zu sein ohne zu wissen, wie es weiter- ging, und in eine ungewisse Zukunft zu schauen. Wir holten verschiedene Meinungen ein, unter anderem vom Schweizer Konsulat, der SAM und un- seren Freunden vor Ort. Ihre Reaktio- nen ermutigten uns, und weil die Situ- ation nach dem Anschlag im Juli ruhig geblieben war, entschieden wir uns, zurückzukehren. Überzeugung – und Unsicherheit Mit dieser Entscheidung fiel uns die Last der Ungewissheit von den Schul- tern. Wir konnten uns von neuem ge- danklich und auch emotional auf un- sere Arbeit im Tschad einlassen und uns auf das Projekt freuen. Trotzdem verspürten wir am Tag der Ausreise gemischte Gefühle: Auf der einen Sei- te die Überzeugung und Freude darü- ber, dass wir immer noch unsere Hilfe anbieten können, auf der anderen

Patricia und Andreas MOSER, Mitarbeitende imTschad

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