01-2020 D

Als Peul- Christ

in Guinea Ich wurde in eine religiöse muslimische Familie in Guinea hineingebo- ren und gehöre zum Volk der Peul. Ich lernte den Gott des Korans und seine Propheten gut kennen und war schliesslich in der Lage, den Ko- ran inmeiner Muttersprache auszulegen. Ich bemühtemich, alle Prinzi- pien des Islams zu respektieren und anzuwenden, ummir das Paradies nach dem Tod zu verdienen. Aber ich musste erkennen, dass ich dazu aus eigener Kraft nicht in der Lage war. Zu jener Zeit hatte ich viele beunruhigende Träume über den Tod. Im Jahr 1998 erhielt ich eine Bilderbibel, und die chronologische Abfolge der Er- eignisse und Themen beeindruckte mich – das ist so ganz anders als beim Koran, der grösstenteils aus Zitaten besteht und Aufbau durch die Länge der Suren vorgegeben wird. Ich wandte mich an meinen Koranlehrer, um zu erfahren, was es mit Jesus auf sich hat. Er liess mich wissen, dass die Zeit von Jesus vorbei wäre. Jetzt sei die Zeit von Mohammed, und nur durch den Glauben an Allah, an Mohammed und durch gute Werke würde man viel- leicht gerettet werden. Ich dachte, dass Gott mich nicht lieben würde, sonst hätte er mich zur Zeit von Jesus leben lassen, damit ich sicher ins Paradies hätte kommen können. Im Gymnasium lernte ich dann einen Christen ken- nen. Ich verteidigte ihn oft bei verbalen Auseinandersetzungen mit unseren muslimischen Kollegen. Schliesslich wurden wir gute Freunde und er führ- te mich zu Personen, die mir Antworten auf meine Fragen geben konnten. Nach neun Monaten Auseinandersetzung mit der Bibel und dem Koran ent- schied ich mich im Jahr 2000 dazu, Jesus nachzufolgen. Ein Hochverrat an der Gemeinschaft In Guinea leben über vier Millionen Peul, also Menschen, die der muslimi- schen Volksgruppe der Peul angehören. Sie sind mit Abstand die grösste Volksgruppe im Land mit seinen insgesamt zwölf Millionen Bewohnerin- nen und Bewohnern. Weltweit gibt es etwa 50 Millionen Peul (auch Fulani oder Fulbe genannt). Die Peul haben den Islam in mehr als 30 afrikanische Länder gebracht. Das Volk ist stolz darauf, dass es – wie sie sagen – keinen nicht-muslimischen Peul gibt. Ein Peul, der Christ wird, fordert den Rest der Gemeinschaft heraus. Es ist ein Hochverrat, eine Provokation und eine Be- leidigung gegenüber der Familie, der ganzen Volksgruppe und allen Musli- men, einschliesslich des Propheten, des Islams und des Korans. Jeder Peul, der Jesus folgt, wird mit dem Ausschluss aus der Familie und damit aus dem sozialen System konfrontiert, dazu mit Aggressionen und sogar mit Mord- drohungen. Man wird also auf allen Ebenen der Gemeinschaft beraubt. In Guinea gibt es rund 300 bis 500 evangelisch gläubige Peul. Christen unterstützen Heute engagiere ich mich mit meinem Team unter Christen mit muslimi- schen Hintergrund: Wir begleiten und betreuen sie auf ihrem Weg und un- terstützen sie bei praktischen Problemen wie kulturellen Fragen, dem Ver- hältnis zur Familie, bei der Frage der Partnerwahl und so weiter. Wo nötig leisten wir auch materielle Hilfe. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Stär- kung und Unterstützung von Führungskräften. Wir wollen Projekte entwi- ckeln, die es Christen mit muslimischem Hintergrund ermöglichen, frei und in Würde ihren Glauben an Christus zu leben. Zudem wird der christliche Glaube kulturangepasst an den 25 Schulen unserer Partnerkirche themati- siert, die von rund 16'000 Schülerinnen und Schülern besucht werden.

Ousmane DIALLO, Mitarbeiter im ProTIM 2-2-2 Conakry, Guinea

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