01-2020 D

Is lam? Wie erlebt ihr den

Das haben wir vier unserer Mitarbeitenden ge- fragt, die in muslimischen Ländern arbeiten. Hier ihre Antworten:

Weshalb ist es euch ein Anliegen, euch in einemmuslimischen Land zu investieren?

Timo: Mir liegt vor allem die Volksgruppe der Peul amHerzen. Über 40 Millionen Peul leben in ganzWestafrika verteilt. Es gehört zu ihrer Identität, Muslime zu sein. Ich finde sehr bemerkenswert, dass sich der Glaube so tief in die Identität einer Volksgruppe einprägen kann. Für mich ist es daher nötig, den Islam zu kennen, um die Traditionen und Denkweisen der Peul zu verstehen. Tobias: Nun, wir wollten nicht explizit in ein muslimisches Land. Gott liebt alle Menschen und so sind wir einfach mit dem Wunsch ausgereist, seine Liebe den Menschen vorzuleben und weiterzuge- ben. Anne-Marie: Als das Thema Auslandeinsatz für mich aktuell wur- de, sagte ich zu Gott, dass ich bereit wäre, überall hinzugehen – aus- ser in ein muslimisches Land. Als sich der Tschad immer klarer als mögliches Einsatzland abzeichnete, hat mir Gott eine Liebe zu den Muslimen geschenkt und meine Angst weggenommen. Es beein- druckt mich immer wieder, wie enorm viel diejenigen Muslime, die den Glauben ernst nehmen, investieren, um vielleicht ins Paradies zu kommen – wenn sie denn genug gute Werke haben. Deshalb ist es mir ein Anliegen, ihnen die gute Nachricht weiterzugeben. Agathe: Als ich vor einigen Jahren ausreiste, war der grösste Teil aller interkulturellen Mitarbeitenden in Ländern tätig, in denen es bereits Kirchen gab, aber nur wenige unter Völkern, die noch nicht mit der frohen Botschaft von Jesus in Berührung gekommen waren. Das war einer der Beweggründe für mich, in den Tschad zu gehen.

Wie sehr spielt der Glaube im Alltag eine Rolle? Könnt ihr uns ein Beispiel erzählen? Tobias: Gott ist hier in Guinea viel konkreter in den Alltag integriert und am Erlebten beteiligt. Es gibt keine Zweifel, dass Gott das Geschehen beeinflusst. Man kommt im Gespräch auch schnell auf Gott zu sprechen. Timo: Vor allem die Gebetszeiten sind sehr prä- gend. Am Nachmittag gehen fast alle zum Gebet. Und wenn keine Moschee in der Nähe ist, dann wird halt auf der Strasse gebetet. Auf dem Rückweg vom Besuch bei einem anderen Team sind wir an einer Baustelle vorbeigefahren. Zwei der Arbeiter lagen gerade auf den Knien und beteten. Mitten auf der Baustelle – und mitten in der Regenzeit. Ansonsten prägen vor allem die Fastenzeit und die Feste den Alltag sowie bestimmte Aspekte der Le- bensweise wie die Polygamie oder die Geschlech- terrollen. Auch in Gesprächen geht es immer wieder um solche Themen. Ich habe aber generell das Ge- fühl, dass es weniger um persönliche Überzeugun- gen geht als vielmehr um die Traditionen der Peul beziehungsweise der Muslime. Anne-Marie: Bei vielen Leuten habe ich den Ein- druck, dass ihr Glaube vor allem mit Regeln verbun- den ist: die rituellen Gebete sprechen, den Ramadan einhalten, gute Werke tun und nach Mekka reisen, wenn es die finanzielle Lage erlaubt. Agathe: Für die Menschen, denen ich begegne, ist der Glaube Teil ihres Lebens und Alltags und kei- ne Privatangelegenheit. Für meine Nachbarn ist es normal, über Gott zu sprechen – schon im täglichen Gruss erinnert man an Gott. Eines Tages, bevor ich nach Europa zurückreiste, fragte mich eine Freundin: «Agathe, ist es wahr, dass es in Europa Menschen gibt, die nicht an Gott glauben und die sagen, dass Gott nicht existiert?» – «Ja», antwortete ich, «es gibt sogar viele, die so denken.» - «Aber», antwortete sie, «warum gibt es dort, wo jeder zur Schule geht und studiert hat, Menschen, die nicht an Gott glauben? In unserem Land wissen alle, auch die kleinen Kin- der, dass es Gott gibt!»

Agathe, ProRADJA', Tschad

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