IJAB journal 1|2022: Nachhaltig unterwegs

IM FOKUS – Nachhaltig unterwegs

Das Klimakompetenz- programm von YUVA

Erdem Vardar

Ein Mensch in der Türkei braucht heute durchschnittlich mehr als zwei Erden, um seinen Konsum zu befriedigen. Das ist weniger als in anderen Ländern. Erdem Vardar, Gründungsdirektor von YUVA, beruhigt das nicht. Seine Organisation macht junge Menschen dafür fit, sich gegen den Klimawandel einzusetzen – und die geben ihr Wissen an ihre Peers weiter.

Klimakompetenz für den Wandel YUVA versucht, jungen Menschen Möglichkeiten zu eröff - nen, sich über das Problem und die Lösungen zu infor - mieren und Wege zu finden, selber Teil des Wandels zu sein. Wir bieten dafür seit 2013 Klimakompetenztrainings an. Es handelt sich dabei um vier 45-minütige Schulun - gen, die jeweils unterschiedliche Lernziele verfolgen. Das übergeordnete Ziel ist nicht, Klimawissenschaftler*innen zu schaffen, sondern das Bewusstsein zu schärfen und Grundwissen zu vermitteln. In der ersten Sitzung, der „Klima-Lotterie“, sprechen wir über grundlegende Kon - zepte des Klimawandels, in der zweiten Sitzung, dem „Klimamuseum“, gehen wir kurz auf die Klimawissen - schaft ein, in der dritten Sitzung geht es um unsere Rolle als Menschen in der Klimakrise und um Klimagerechtig - keit und schließlich darum, was wir dagegen tun können. Wir verwenden nicht-formale Peer-Education-Methoden. Unser Ansatz ist es, junge Menschen als Trainer*innen auszubilden, die wiederum Gleichaltrige ausbilden. Hierdurch erreichen wir einen größeren Multiplikations - effekt. Mittlerweile haben Tausende von jungen Men - schen teilgenommen. Unsere Zielgruppe sind eigent- lich alle Altersgruppen ab 13 Jahren, wobei wir uns in letzter Zeit besonders auf die Altersgruppe der 13- bis 17-Jährigen konzentrieren. Ursprünglich haben wir mit Universitätsstudent*innen begonnen. Aber auch jünge - re Altersgruppen haben ein riesiges Handlungspotenzial, wie wir in den letzten Jahren überall auf der Welt sehen.

Wir stehen am Rande einer Klimakatastrophe. Wenn ich „wir“ sage, dann sind wir alle gemeint, unabhängig davon, wo wir leben. Wir haben bereits die Grenzen der Menge an Treibhausgasen überschritten, die wir in unsere Atmosphäre einbringen können – im Mai 2022 waren es 421 ppm CO 2 –, weit mehr als die 350 ppm, die als sicher gelten. Das bedeutet, dass wir eine harte Wende vollziehen müssen, indem wir unseren Lebensstil, unsere Wirt - schaft und unsere Energiesysteme radikal ändern, um die Menge der von uns verbrannten fossilen Brennstof - fe drastisch zu verringern. In vielen Teilen der Welt hat die Jugend bereits begonnen zu reagieren, und bei den Entscheidungsträger*innen ist ein gewisser Sinneswan - del festzustellen. Dennoch müssen wir die Menschen mobilisieren, um zu zeigen, dass der Status quo nicht fortbestehen kann. Selbst ein Land wie die Türkei, wo YUVA seinen Sitz hat, hat seine Treibhausgasemissionen seit 1990 fast verdrei - facht. In der Türkei verbraucht ein Mensch heute durch - schnittlich mehr als zwei Erden, um seinen Konsum zu befriedigen. In den Vereinigten Staaten von Amerika werden durchschnittliche fünf Erden benötigt und in Deutschland drei. Das bedeutet, dass wir überall han - deln müssen, wir müssen uns informieren, organisieren und mobilisieren und Teil eines dringenden globalen Wandels sein.

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