IHK-Global Business Ausgabe 06/2022

CORONA-POLITIK

KOMPAKT

WORLD BUSINESS OUTLOOK Auslandsgeschäfte deutscher Unternehmen auf Schlingerkurs Erst Corona-Krise, dann Lieferkettenprobleme und in

chenbaren Covid-Maßnahmen China als Investitionsziel weniger attraktiv. Methoden der lückenlosen Kontrolle, die implementiert wurden, werden sicherlich auch künftig im Einsatz bleiben. Grundsätzlich hat Chinas Image als zuverlässiger Handels- partner und Zulieferer nachhaltigen Schaden genommen. Erschwerend kommt eine hohe angebotsgetriebene Inflation hinzu. Auch geopolitische Risiken und die Haltung im Ukraine- Krieg belasten die Attraktivität des Landes. Exodus der Expats Seit den Reisebeschränkungen im März 2020 haben über 50 Prozent der Expats China verlassen. Ausländische Unternehmen reagieren mit einer weiteren Lokalisierung, Schlüsselper- sonal wird von Chinesen nachbesetzt. Bis zum Sommer 2022 werden wei- tere 10 bis 25 Prozent der Ausländer China vorvertraglich verlassen, dar- unter viele Lehrer, Ärzte und weitere Ausländer, die nicht zu den Expats zählen. Das hat künftig Auswirkun- gen auf Entsendungen, wenn zum Beispiel Expats mit schulpflichtigen Kindern entsandt werden sollen. Wie geht es weiter? Während große Unternehmen die Situation unter Umständen aussitzen können, müssen Mittelständler stär- ker Alternativen in Betracht ziehen. Dennoch werden deutsche Unter- nehmen sich nicht ganz aus China zurückziehen. Der Markt und die Kaufkraft sind schlicht zu groß. Statt- dessen wird es eine Welle der wei-

teren Lokalisierung geben, denn die Bedienung des chinesischen Marktes erfordert eine starke Präsenz vor Ort. Nichtsdestotrotz gilt: Überdenken Sie Ihre globale China-Strategie, sichern Sie Ihre Lieferketten auf einer breiten Basis, diversifizieren Sie wo nötig weiter, planen Sie Szenarien ein. Drei mögliche Entwicklungen könnten sein: Szenario 1 Ein Abweichen von der Null-Covid- Politik vor oder nach dem Parteitag scheint abwegig. Optimisten hoffen dennoch auf Lockerungen im Vorfeld, etwa durch Teillockdowns, Heimiso- lation für asymptomatisch Infizier- te, Entlastungen für Unternehmen und Quarantäneerleichterungen für Reisende. Szenario 2 Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Null-Covid-Maßnahmen mindestens bis zum Parteitag unverändert streng fortgeführt werden. Das bedeutet: Regelmäßig werden ganze Städte oder Viertel unter Lockdown gestellt, Versor- gungsengpässe bleiben bestehen, Lie- ferketten gestört, Vorprodukte fehlen oder lassen lange auf sich warten. Die gesamte Produktion ist verlangsamt. 2023 sind gegebenenfalls Lockerungen in Aussicht. Zahlreiche Großveranstal- tungen für das kommende Jahr wurden jedoch bereits abgesagt. Szenario 3 Düsterer aber ebenso realistisch ist: Eine Co-Existenz mit dem Virus wird

es nicht geben. Über den Parteitag hinaus wird eine strikte Null-Co- vid-Politik verfolgt. Optimisten, die Hoffnungen auf ein Einlenken an Er- eignisse wie die Olympischen Spiele und den Nationalen Volkskongress oder an die massiven wirtschaftlichen Folgen geknüpft hatten, wurden stets enttäuscht. Ein Weiterführen der Null-Co- vid-Politik wird langfristige Aus- wirkungen auf Unternehmen haben, ein Umdenken in der firmeneigenen China-Strategie erzwingen und zu einer Diversifizierung oder gar Ab- wanderung aus China führen. Sollte Homeoffice oder Closed-Loop-Pro- duktion Modus Operandi bleiben, müssen auch Due Diligence und Compliance-Anforderungen sowie Datenschutzgesetze noch intensiver betrachtet werden. Die Tendenz zur Selbstisolierung Chinas verstärkt sich. Das Damoklesschwert der Unsicher- heit und Unplanbarkeit erwirkt eine Zäsur im China-Geschäft. Und so wird es zur Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit China?

UKRAINE-KRIEG UND SANKTIONEN

Finanzhilfe für deutsche Unternehmen Ist Ihr Unternehmen vom Angriff Russlands auf die Ukraine be- troffen? Oder von den Sanktionen gegen Russland und Belarus? Dann steht Ihnen ab sofort das KfW-Sonderprogramm UBR (Uk- raine, Belarus, Russland) 2022 zur Verfügung. Mit den Förderkrediten können Sie einen Großteil Ihrer Aufwände finanzieren und so kurzfristig ihre Liquidität sichern. Anträge kön - nen ab sofort eingereicht werden. Das Programm ist bis zum 31. Dez- ember 2022 befristet. Details zu den Konditionen und zur Antragstellung finden Sie direkt auf der Website der KfW:  kfw.de/inlandsfoerderung/ Unternehmen/KfW- Sonderprogramm-UBR

diesem Jahr russischer Angriffskrieg sowie neuerlicher Lockdown in China – die global engagierten deutschen Unternehmen sehen in diesem Frühjahr keine Verschnaufpause. Im Gegenteil: In den meisten Teilen der Welt stellen sie sich dem jüngsten AHK World Business Outlook zufolge auf anhaltend schlechtere Geschäfte ein. Für die Untersuchung des DIHK haben die deutschen AHKs rund 4.200 Mitgliedsunternehmen im Zeitraum März und April an ihren jeweiligen Standorten in allen Weltregionen befragt. Über ein Drittel davon (37 Prozent) gehen von einer Verschlechterung der Wirtschaftsleis- tung vor Ort aus – mehr als doppelt so viele wie noch im Herbst vergange- nen Jahres. DIHK

Alle Ergebnisse im Überblick auf der Website des DIHK:

dihk.de/de/aktuelles-und-presse/ umfragen-und-zahlen > AHK World Business Outlook Frühjahr 2022

THE GREAT RE-OPENING Neuseeland öffnet wieder die Grenzen

DATEN UND STATISTIKEN

Neues Dashboard der WTO Die WTO hat ein neues Datenvisualisierungs- tool eingeführt, das den Nutzern schnelle und übersichtliche Informa- tionen über Handels- und Zolldaten bietet. Das WTO Stats Dashboard ergänzt das WTO Stats Portal mit grafischen Darstellungen von Daten zum Waren- handel, zum Handel mit kommerziellen Dienstleis- tungen und zum Marktzu- gang. DIHK

IHRE ANSPRECHPARTNERIN:

Stella Metzger Asien-Expertin

Zudem sollen vom 31. Juli 2022 an alle Einreisebeschränkungen aufgehoben werden – zwei Monate früher als geplant. Die komplette Grenzöffnung im Sommer ist eine willkommene Nachricht für den Tourismussektor und das Gastgewerbe, die sich auf eine ertragsreiche Sommer- Saison freuen dürfen. AHK/IHK

Nach über zwei Jahren ist es endlich soweit: Neuseeland öffnet weitest- gehend seine Grenzen für Urlauber. Geimpfte Deutsche wie auch Touristen aus 50 weiteren Ländern inklusive der USA, Kanada und Japan dürfen das Land der langen weißen Wolke seit Anfang Mai wieder „quarantäne-frei“ besuchen.

 0621 1709-134  stella.metzger@rhein-neckar.ihk24.de

Handlungsempfehlungen: China-Strategie überdenken und Ab- hängigkeiten von China hinterfragen

Compliance-Anforderungen wie das Lieferkettengesetz bei der Wahl alternativer Beschaffungsquellen und Produktionsstandorten unbedingt im Blick behalten. Welche länderspezifischen Risiken lauern? Guanxi: Aufbau von Government Affairs Managern und Netzwerk- pflege: Langjährige, gute Kontakte zu den Behörden sind elementar.

Anbindung der chinesischen Niederlassung ans deutsche

Mutterhaus und Loyalität aufrechterhal- ten, Know-how vermitteln ohne eigene Technikereinsätze aus Deutschland Starke Partner suchen: Die AHK Greater China unterstützt deutsche Unternehmen vor Ort mit individuellen Dienstleistungen und setzt sich für deren Belange gegenüber der Regie- rung ein.

Gutes Risikomanagement und Risikoverteilung: (Zusätzliche) Distributionszentren in China und Asien aufbauen oder verlagern; einen Pool von Logistikprovidern einrichten. Diversifizierung in China und weltweit zur Erhöhung der Wider- standsfähigkeit.

WTO Stats Dashboard:

stats.wto.org/dashboard/ merchandise_en.html

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ihk.de/rhein-neckar

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