Kleine Zeichen und Bestätigungen von Gott
Eine wachsende Arbeit im «verheissenen Land»
Die fünfplätzige Cessna dreht eine letzte Linkskurve über der breiten Bucht von Por- tel und schwebt dann ruhig auf die schma- le Flugpiste zu, die eingeklemmt zwischen der «Altstadt» und dem Ortsteil «Neustadt» in der heissen Mittagssonne verlassen da- liegt. Nach kurzem Ausrollen, eine beacht- liche Staubwolke hinter sich herziehend, steht die Maschine. Wir steigen zusammen mit zwei anderen Passagieren aus, recken die steifen Glieder und schauen uns um. Ein kleiner Mann mit vergnügtem Lächeln kommt auf uns zu – Pastor Aristeu aus Ajará. «Herzlich willkommen in Portel und Gottes Segen für die neue Arbeit an den Flüssen!», begrüsst er uns. Das war Ende Januar 1993. Ein paar Monate zuvor hatte die Leitung von SAM global uns die Frage gestellt, ob wir die Verantwortung für den Start des ProRIBEIRINHO-Projekts in Brasilien übernehmen würden. Die Ent- scheidung war nicht einfach. Für die letz- ten Jahre vor der Pensionierung hatten wir eigentlich andere Pläne gehabt. Einerseits zog es uns zurück in den Nordosten Brasi- liens, aber auch andere Aufgaben waren im Gespräch. Wir beteten über Monate ernst- haft. Besonders Elsbeth konnte sich mit dem Gedanken nicht so recht anfreunden. Ich hatte etwas weniger Mühe – ich kann- te dieses Gebiet bereits aus meinem ersten Sprachpraktikum. Beide kamen wir schliess- lich zu der Überzeugung, dass wir uns im Flussprojekt investieren sollten. Wie in all den Jahren vorher gab Gott uns kleine Zeichen, dass wir die richtige Ent- scheidung getroffen hatten. Da die Orga- nisation in Portel kein Haus besass, würden wir vorerst in Ajará, einem kleinen Dorf am gleichnamigen Fluss, wohnen. Bevor wir die dreistündige Fahrt unter den Bootskiel nah- men, erklärte ich: «Pastor Aristeu, mir wurde gesagt, dass ich hier unbedingt noch Abí- lio treffen muss. Ich kenne ihn zwar nicht, weiss nicht wo er wohnt, aber ich muss mit ihm sprechen.» «Kein Problem», entgegne- te Aristeu, «er steht dort drüben vor dem kleinen Postgebäude.» Schon kurz darauf war Abílio bei all unseren Aktivitäten dabei und ist seither treuer Mitarbeiter im ProRI- BEIRINHO-Team. Das war die erste Bestäti- gung Gottes. Klar war, dass Ajará nur eine vorüberge- hende Lösung sein konnte. Wir mussten eine geeignete Wohngelegenheit in Portel finden. Die Suche begann. Wir fanden ein
Dezember 1998 : Ich habe gerade drei Monate Fackelträger-Bibel- schule hinter mir und bin überzeugt, dass Gott mich in der interkultu- rellen Arbeit haben möchte. Also gehe ich zum «Mission 99»-Kongress in Holland, um herauszufinden, wo es hingehen soll. Doch Gott sendet mich zurück in die Schweiz mit dem Auftrag, bis auf Weiteres dort zu arbeiten. 1999 : Ich werde Teil der Godi-Gründungsbewegung in Frauenfeld, mit der wir ein Stück Geschichte in der Schweiz schreiben dürfen. 2006 : Als Leiter der Factory Frauenfeld begleite ich zehn Jugendliche für einen Kurzeinsatz nach Kambodscha. Und ich weiss sofort: Das ist nicht mein letzter Besuch in diesem Land. Als ich nach diesem Einsatz wieder in der Schweiz lande, werde ich an den Dezember 1998 und meine Überzeugung, dass Gott mich ins Ausland schicken möchte, erinnert. Kambodscha lässt mich über die nächsten Wochen und Mo- nate nicht mehr los. Wie stellst du dir das vor, Gott, was soll ich dort machen, wie lange, wozu? In dieser Zeit werde ich eingeladen, eine Predigt über Abraham zu halten. Beim Vorbereiten wird mir klar: Gott ruft mich, wie er damals Abraham gerufen hat. September 2007 : Im Glauben und ohne zu wissen, was mich erwar- ten wird, mache ich mich auf in mein «verheissenes» Land Kambod- scha. 2008 : Ein Mädchen vom Land braucht einen Platz zumWohnen in der Stadt, um die Highschool besuchen zu können. Ich frage herum, kann aber keine Unterkunft ür sie finden. Sie ist nicht die Einzige mit diesem Problem. Kurzerhand öffne ich meine Wohnung für vier Highschool- Schüler: Lighthouse Battambang ist entstanden. 2017 : Inzwischen habe ich meine Frau Somaly geheiratet und wir leiten gemeinsam mit unserem kambodschanischen Team das wach- sende Projekt. Seit dem Start haben über 100 Jugendliche im Light- house Living gewohnt. Jedes Jahr wählen wir aus über 40 Bewerbun- gen 20 neue Schülerinnen und Schüler aus ländlichen Gebieten aus. Die meisten von ihnen haben vorher noch nie von Jesus gehört. Zum Projekt gehören heute neben dem Studentenwohnheim noch weitere Bereiche: Das Jugendzentrum Lighthouse Learning bietet verschiede- ne Kurse an und wird jeden Tag von über 60 Jugendlichen besucht. Mit dem Landwirtschaftsprojekt Lighthouse Serving bringen wir Bau- ern auf dem Land praktische Hilfe. Lighthouse Training ist eine praxis- orientierte Leiterschaftsausbildung mit internem Praktikum. Ende 2018 : Soeben haben wir in der Nachbarprovinz Lighthouse Li- ving Pursat gestartet. Die zwei Leiterinnen sind ehemalige Lighthouse Living- und Lighthouse Training-Schülerinnen. Ähnlich wie bei Abraham war mein Weg teilweise steinig – manchmal ging es durch die Wüste, dann erlebten wir wieder fruchtbare Zeiten, in denen langsam etwas heranwuchs. Es gab «Hungersnöte», ich floh nach «Ägypten» und brachte mich dadurch in Schwierigkeiten. Aber Gott ist treu und so bin ich wieder auf dem richtigen Weg gelandet. Gott hält nicht Ausschau nach Menschen ohne Fehler, sondern nach Menschen, die ihm nachfolgen, vermeintliche Sicherheiten aufgeben und aufbrechen, ohne zu wissen, wohin es geht. Er sucht Menschen, die umfallen, danach aber wieder aufstehen undmit ihmweitergehen. Gott schreibt Geschichte, wann immer wir es zulassen und ihm folgen. Lukas Bernhardt (Lighthouse Battambang, Kambodscha)
Haus, solide gebaut, nicht allzu gross, äusserst günstig gelegen und unbe- wohnt. Als Elsbeth das Häuschen sah, meinte sie: «Da möchte ich wohnen.» Es gab nur zwei Schwierigkeiten: Die Frau des Besitzers wollte nicht verkau- fen und wir wollten nicht mieten, denn der geforderte Mietzins war völlig überrissen. Die Verhandlungen wur- den abgebrochen. Und nun kam Got- tes zweiter Händedruck. Kurze Zeit da- nach rief der Besitzer an: «Meine Frau ist zu 96 Prozent bereit, das Haus zu verkaufen. Ich setze den Vertrag auf.» Einige Tage später zogen wir in unser neues Zuhause. Das Projekt konnte starten. Das Kon- zept war einfach – die Ausführung etwas weniger. Es sollte eine Arbeit sein, die den ganzen Menschen mit seinen Bedürfnissen erreicht. Besse- re Lebensbedingungen durch kleine Landwirtschaftsprojekte, medizinische Versorgung und Prävention, Schulun- gen und dieWeitergabe der guten und einzigartigen Botschaft von Gottes Lie- be und Vergebung. In den knapp zehn Jahren, in denen wir an den drei gros- sen Flüssen Portels arbeiteten, entwi- ckelte sich das Projekt langsam, aber stetig. Einiges hat sich im Lauf dieser Zeit verändert. Zum Beispiel entstan- den viele kleine Gemeinden und so hat sich das Bild an den Flüssen verändert – bei den Fahrten tauchen heute im- mer wieder Häuser mit dem Schriftzug «Igreja Cristã Evangelica» («Evangeli- sche Gemeinde») auf. Heute liegt die Verantwortung für das ganze Projekt in den Händen von Bra- silianern. Gleich geblieben sind die gute, fröhliche Zusammenarbeit im Team, die Besuchsreisen an den Flüs- sen und die oft lustigen «Ribeirinho- Geschichten». Wir haben Gottes Führung immer wie- der erlebt. Auch die Mitarbeitenden aus dem Team können bezeugen, dass sie Gottes Händedrucke immer wie- der spüren, wie es in einem alten Kir- chenlied heisst: «Der ist gut, in dessen Dienst wir stehn.» Ari Aeberhard (Brasilien)
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