Lok Magazin

OTTBERGEN – NORTHEIM

Östlich von Bad Karlshafen rollt am 15. Juli 1975 ein Nahverkehrszug mit Umbauwagen und der Zuglok 216 156 durch die beschauliche Landschaft des Wesertals in Richtung Ottbergen Rolf Wiesemeyer

Tage später wurde auch der zweite Tunnel zwi- schen Karlshafen und Bodenfelde in Angriff ge- nommen, nachdem überraschend der ursprüngli- che Plan, die Strecke entlang der Weser über Wahmbeck zu führen, zugunsten eines Tunnels durch den Wahmbecker Strang fallengelassen wor- den war. Im Herbst 1877 war die Bahnlinie so weit fertig, dass am 28. und 29. November die landes- polizeiliche Abnahme zwischen Mainbrexen und Northeim durchgeführt werden konnte. Am 7. Ja- nuar 1878 fuhr der erste planmäßige Zug, bevor gut eine Woche später, am 15. Januar 1878, die offi- zielle Eröffnungsfeier der 63,96 Kilometer langen Strecke stattfand. Magistrale für den Ferngüterverkehr Die Hauptsrecke war vor allem aus Kostengründen zunächst nur eingleisig gebaut worden. Voraus- schauend hatte man Unterbau, Brücken und Tun- nel jedoch von vornherein für zwei Gleise ausge-

Rhein und Ruhr und der Region um Leipzig über die Sollingbahn ab. Tatsächlich hatte sich ein Eil- zugpaar Soest – Nordhausen, das 1891 versuchs- weise eingelegt worden war, als unwirtschaftlich er- wiesen. Diese Tatsache kam den Staatsbahnen sehr gelegen, denn die Ost-West-Achse durch das We- serbergland gewann für den Güterverkehr mehr und mehr an Bedeutung, und da störten schnelle Reisezüge nur den Betriebsablauf. Auch die Reichsbahn nach 1920 war nicht gewillt, den im- mer wieder von den Industrie- und Handelskam- mern vorgetragenen Wünschen nach Fernreisezü- gen nachzukommen. Erst nach 1930 erhielt die Sollingbahn mit den Eilzügen E 195 (Paderborn – Nordhausen) und E 196 (Nordhausen – Ottbergen) zwei überregiona- le Verbindungen, die sich längere Zeit in den Fahr- plänen halten konnten. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg wurden weitere Fernzüge eingerichtet, unter anderem der D 289/290 Düsseldorf – Dres- den, die jedoch mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wieder aus den Fahrplänen verschwanden. Zweigleisiger Ausbau Bedeutend war von Anbeginn der Verkehr mit Steinkohle aus dem Ruhrgebiet, der zeitweise mehr als 30 Prozent des Transportvolumens aus- machte. Aus diesem Grund wurde bereits 1885, nur sieben Jahre nach der Streckeneröffnung, das zweite Gleis zwischen Bodenfelde und Hardegsen in Betrieb genommen. Damit ließen sich bei Zü- gen, die in Richtung Northeim fuhren, Kreuzungs- halte in Uslar vermeiden, so dass mit Schwung in die Steigung hinauf zum Bollert-Tunnel eingefah- ren werden konnte. Noch im selben Jahr begann der Streckenausbau auch auf der östlichen Seite

Für den Fernreiseverkehr war die bogen- und steigungsreiche Sollingbahn nicht geeignet

legt, um die Sollingbahn binnen kurzer Zeit ausbauen zu können. Bahnstationen gab es zu- nächst nur in Lauenförde, Karlshafen, Bodenfelde, Uslar, Hardegsen, Moringen und Berwartshausen, alle anderen gingen erst später in Betrieb. Für den Fernreiseverkehr war die bogen- und steigungsreiche Verbindung samt ihren Zufüh- rungsstrecken nicht geeignet. So zumindest sahen es die Preußischen Staatsbahnen und lehnten For- derungen nach schnellen Reisezügen zwischen

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LOK Magazin 07 | 2022

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