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Elloks der DR-Baureihe 250

Exemplaren zwischen 1977 und 1984 beschafft. Hinzuzuzählen sind die drei Prototypen von 1974. Nicht zu vergessen die Anforderungen an die Er- gonomie: Helle, geräumige und vor allem auch bequeme Führerstände waren gefragt, inklusive Schränke für Kittel und Jacken. Damit Verschmut- zungen während der Wartung reduziert werden, erfolgte der Zugang in den Führerstand nicht mehr direkt, sondern über den Maschinenraum.

Die 250 war seinerzeit das Stärkste, was die Reichsbahn in der DDR auf die Räder stellte

Technisches Detail der DR-Bau- reihe 250: der Führerstand

Der komplette Lokkasten ist als selbsttragende Konstruktion ausgeführt, die gesickten Seiten- wände tragen wesentlich zur Stabilisierung bei. Für einen hohen Luftdurchsatz sorgen die fast über die komplette Seitenwand reichenden Lüf- terbänder. Drei abnehmbare Dachhauben sorgen für den nötigen leichten Zugang sowohl bei der schweren Instandhaltung als auch beim Umfor- mer- oder Fahrmotorlüfter-Tausch im Heimat-Bw. Die Drehgestelle mit asymmetrischem Radstand besitzen eine Tiefenanlenkung und sind unterei- nander zwecks Verschleißminderung an den Spur- kränzen und am Oberbau mit einer Querkupplung verbunden. Die Radsätze sind einzeln ohne Aus- gleichshebel gefedert und werden von Lemniska- tenlenkern geführt. Der Lokkasten stützt sich eben- falls über Schraubenfedern auf seitlichen Konsolen der Drehgestellrahmen ab. Der mittlere Radsatz besitzt um 60 Millimeter verschiebbare Radsatzla- ger. Für den Achsantrieb sorgt der bewährte LEW- Kegelringfederantrieb. Hierbei sind die Fahrmoto- ren nicht mehr wie beim Tatzlagerantrieb etwa der Baureihen 211 und 242 ungefedert direkt auf der Radsatzwelle gelagert, sondern auf einer die Rad- satzwelle umschließenden Hohlwelle, welche sie über beidseitige, schrägverzahnte Achsgetriebe auch antreiben. Sowohl die Übertragung des An- triebs-Drehmomentes als auch eines Teiles der Fahrmotormasse von der Hohlwelle zum eigentli- chen Radsatz erfolgt hier elastisch durch die eben- falls auf beiden Seiten zwischen Großrad und Rad- körper einvulkanisierten Gummi-Kegelringfedern. Der rund dreieinhalb Tonnen schwere Fahrmotor selbst ist ein fremdbelüfteter, zwölfpoliger Reihen- schlussmotor mit Wendefeld und Kompensations- wicklung. Die Stundenbelastbarkeit beträgt 1.940 Ampere, zum Anfahren sind 3.500 Ampere zuläs- sig. Das maximale Drehmoment liegt bei 1.800 Newtonmeter bei Drehzahlen von 1.500 min-1. Neuerungen bei dieser DR-Ellok Erstmalig bei der DR war die Ausrüstung der Lok mit einer Hochspannungssteuerung mit Leistungs- thyristoren und direkt mit der Fahrleitungsfrequenz von 16,7 Hertz gespeisten Fahrmotoren. Dabei er- möglicht ein Stufenwähler mit 30 kreisbogenförmig angeordneten Kontakten leistungsfrei die Vorwahl der nötigen Trafoanzapfungen. Die leistungsbehaf- tete kontinuierliche Spannungsstellung zwischen den Trafoanzapfungen übernimmt ein Thyristor-

steller. Bei Vollansteuerung der Fahrstufe 27 wird bei einer Fahrdrahtspannung von 15 Kilovolt eine Motorspannung von 520 Volt erreicht. Die Fahrstu- fen 28 bis 30 dienen hingegen dem Ausgleich von Unterspannungen – einem bei der DR regelmäßig im Netz auftauchenden Problem. Technik-Detail LEW-Kegelringfederantrieb U m zur Schonung des Gleises wie auch der Lokrahmen die ungefederten Mas- sen im Fahrwerksbereich und auch die schädlichen Nebenwirkungen zu lange ste- hender Rotoren beim Anfahren zu reduzie- ren, entwickelten die Siemens-Schuckert- Werke (SSW) nach dem Zweiten Weltkrieg den Gummiringfederantrieb. Die Gummi- ringfeder wird von mehreren zylindrisch gebogenen Gummiplatten gebildet, die beidseitig mit zylindrischen Segmenten aus Metall zu einer Einheit vulkanisiert wurden. Außen sind diese Gummifedern an über den Umfang verteilten Armen an der Hohlwelle und innen an der Seite eines Treibrades angeschraubt. Dieses Prinzip

Die Baureihe 250 besitzt eine elektronische Nach- laufsteuerung. Die unterlagerte Zugkraftregelung ermöglicht das Fahren der Lok an der Reibungs- grenze. Auch die Bremssteuerung arbeitet mit ste- tem Soll/Ist-Vergleich der Bremskraft. Eine mittels Führerbremsventil eingeleitete Bremsung wird

erlaubt einerseits eine Federung der Rad- scheibe sowie eine minimale Beweglich- keit der Achswelle gegenüber dem stehen- den Rad. Das LEW Hennigsdorf optimierte den SSW-Antrieb und testete ihn ausgie- big am Versuchsträger E 211. Serienmäßig eingebaut wurde der Antrieb später in den Baureihen 250/155, 243/143 sowie 252/156. Hierbei ist der Federring kein zylindri- scher, sondern ein kegelförmiger Gummi- ring, der zudem einteilig ausgeführt ist. Eine weitere Besonderheit des LEW-An- triebes ist, dass die Hohlwelle von je ei- nem schrägverzahnten Großrad je Rad- scheibe und damit symmetrisch angetrieben wird. MKL

LEW-Kegelring-Federantrieb am Radsatz einer Ellok der Baureihe 143 im AW Dessau. Die Verschraubungen für die Gummifedern an der Radscheibe sind gut erkennbar, ebenso die beiden Großzahnräder, die die Hohlwelle antreiben Michael U. Kratzsch-Leichsenring

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