BahnEpoche | ZEITMASCHINE SPEZIAL
„Eisenbahnen in Pommern beiderseits der Oder“. Diese von der PKP-Direktion März 1946 her- ausgegebene Karte führt zu der Frage, ob Szczecin/ Stettin im hier bereits eine weitere Landnahme in Vorpommern angedeutet werden sollte, zumal die Grenzlinie an der Oder kaum zu erkennen ist Slg. Peter Bley
Stettin 1946–1989 Wiederaufbau und Ausbau Nach dem Zweiten Weltkrieg stand der Bahnbetrieb in Stettin – ungeachtet der Schäden an den Anlagen – vor einem Neubeginn. Die Polnischen Staatsbahnen (PKP) richteten den Zugverkehr zunächst vor allem auf Polen aus, auch bedingt durch die neue politische Situation Von Peter Bley
G egen Kriegsende hatte die Wehr- macht alle Oderübergänge zerstört. Die große Anzahl erhalten geblie- bener und vielfach bis heute in Betrieb be- findlicher Anlagen aus der Reichsbahnzeit – wie Brücken, Stellwerke, Lokschuppen, Empfangsgebäude usw. – lässt allerdings den Schluss zu, dass die Schäden in Stettin vergleichsweise geringer waren als in ande- ren Städten und Eisenbahnknoten – wahr- scheinlich auch eine Folge des kampflosen Abzuges der Wehrmacht. Die Beseitigung der Kriegsschäden war schon Anfang Juni 1945 von deutschen Eisenbahnern eingelei- tet worden, doch kam es bis zum 20. Juli 1945, als die Reichsbahndirektion Stettin nach Pasewalk verlegt werden musste, nicht mehr zur Aufnahme eines zivilen Reisezug- verkehrs durch die Reichsbahn. Ein unter der Schirmherrschaft maßge- bender PKP-Mitarbeiter herausgegebenes Buch in polnischer Sprache berichtet über den Wiederaufbau der Bahnanlagen in Stet- tin und dem heutigen Westpommern seit
den Brücken über die Westoder und über die Parnitz zerstört waren. Eine direkte Gleisverbindung zwischen dem Haupt- bahnhof – nun Szczecin Główny – und der Güterverbindungsbahn gab es noch nicht, deswegen mussten alle im Hauptbahnhof abgefertigten und über die Oder hinweg verkehrenden Reisezüge im Bahnhof Scheune (nun Gumien´ce) kopfmachen. Zwischen Szczecin Główny/Stettin Hbf und Gumien´ce/Scheune bestand wegen einer gesprengten Brücke eingleisiger Betrieb. Im Juli 1946 gaben die PKP erstmals ein Kursbuch für ihr Gesamtnetz heraus. Da- nach begannen und endeten in Szczecin Główny/Stettin Hbf täglich in jeder Richtung neun vor allem für den Fernverkehr be- stimmte Reisezugpaare, davon verkehrten ein Schnellzugpaar und vier Personenzug- paare über Stargard von und nach der vor- maligen Hinterpommerschen Bahn. Je ein Schnellzugpaar fuhr über Stargard, Kreuz und Posen nach und von Warschau bzw. nach und von Krakau, zudem gab es auf dem
1945 ebenso wie über die weitere Entwick- lung bis etwa 2007. Mangels anderer Quel- len stützt sich die folgende Darstellung weitgehend auf dieses Buch; dabei wird nur auf die bedeutenderen Entwicklungen eingegangen. Schrittweise Betriebsaufnahme Im August 1945 wurden die Bahnhöfe Stettin Hbf, Scheune und Altdamm mit polnischen Eisenbahnern besetzt. Am 15. September 1945 erschien für den Direk- tionsbereich ein erstes kleines Fahrplanheft mit wenigen Zugverbindungen. Stettin wur- de lediglich aus Richtung Stargard erreicht, dabei verkehrten die Züge zwischen Alt- damm und Scheune auf der vormaligen Gü- terverbindungsbahn, die auf Jahre hinaus die einzige Eisenbahnstrecke blieb, die von Osten nach Stettin hineinführte. Vielleicht schon im September 1945, vielleicht erst ei- nige Zeit später, begannen und endeten die Personenzüge im Hauptbahnhof; der jetzt ein Kopfbahnhof war, weil die anschließen-
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BAHN EXTRA 5/2025
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