Bahn Extra

BahnEpoche | STATIONEN

Bahnhof Vienenburg Nah und fern der Grenze Wer heute nachVienenburg kommt, entdeckt die Information gleich unter dem Stationsschild: ältester noch erhaltener Bahnhof Deutschlands. Die lange Geschichte der Station unweit der einstigen Zonengrenze verlief mit einigen Höhen und Tiefen Von Josef Högemann/GM Am 29. September 1983 legt 220 018 mit E 3217 Kiel – Braunschweig – Kassel in Vienenburg einen Halt ein. Unter anderem solche „Heckeneilzüge“ sorgen damals für die überregionale Anbindung des Ortes, der seit 1945 an der innerdeutschen Grenze liegt Prof. Dietmar Bönke/Eisenbahnstiftung

E twas Majestätisches geht von dem Bahnhof noch immer aus. Ein groß- zügiges Empfangsgebäude, schnör- kellos, aber doch erhaben, regulärer Betrieb auf der Nordseite, auf der die Bahnsteigglei- se in einem Bogen durch die Station führen, während auf der Südseite ein kleines Frei- lichtmuseum die Eisenbahn-Vergangenheit lebendig macht. So zeigt sichVienenburg in Niedersachsen, wo, wie ein Schild am Emp- fangsgebäude mitteilt, der älteste noch er- haltene Bahnhof Deutschlands (sprich, das älteste erhaltene Empfangsgebäude) steht. Das Eisenbahnzeitalter beginnt Maßgeblicher Befürworter und Förderer des schienengebundenen Verkehrsmittels im Herzogtum Braunschweig war August Philipp von Amsberg (1788–1871), der als ge- heimer Legationsrat und Finanzdirektor für Staatsfinanzen 1834 das Projekt einer Eisen- bahn von Braunschweig bis an den Harz-

kanntmachung: „Am Sonnabend, dem 22. d. Mts. wird die Braunschweig - Harzburger Eisenbahn dem Publikum eröffnet und zwar derart, dass zwischen Braunschweig und Schladen mit dem Dampfwagen, zwischen Schladen und Vienenburg auf den Landwe- gen mit Pferden und zwischen Vienenburg und Harzburg aufwärts mit Pferden gefah- ren wird, wogegen abwärts von Harzburg bis Vienenburg die Wagen durch die eigene Schwere fortbewegt werden.“ Durchgehend eröffnet wurde die Strecke Braunschweig – Bad Harzburg schließlich am 31. Oktober 1841, nachdem König Ernst August seinen Widerstand gegen die Eisen- bahn aufgegeben hatte. Knapp sechs Jahre nach der Erstlingsfahrt des „Adler“ zwi- schen Nürnberg und Fürth war dies immer noch eine der sehr frühen Bahnstrecken in Deutschland, wobei sich die bemerkens- werte Betriebsform mit Pferden zwischen Vienenburg und Harzburg fürs Erste hielt.

rand nach Harzburg vorlegte. Die erste deut- sche Eisenbahn, die Ludwigseisenbahn von Nürnberg nach Fürth, war zu der Zeit gerade im Entstehen. Nach dem Abschluss eines Staatsvertrages mit dem ungeliebten Nach- barn, dem Königreich Hannover, liefen die Arbeiten im August 1837 an und schon 1838 konnte der Zugverkehr bis Wolfenbüttel auf- Anfangs zogen Pferde die Züge von Vienenburg nach Harzburg. Die Lok „Baltimore“ löste sie ab genommen werden. Im Jahr 1840 hatte der Schienenstrang endlich den Harz erreicht und auchVienenburg erschlossen. Doch als die feierliche Eröffnung bevor- stand, untersagte König Ernst August über- raschend die Durchfahrt. Die Braunschwei- gische Eisenbahn-Commission veröffent- lichte im August 1840 dazu folgende Be-

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BAHN EXTRA 5/2025

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